Strom ist teuer wie nie. Das hat auch Vorteile
Die Energiekrise ist eine riesige Herausforderung für ganz Europa. Doch der Markt steuert unsere Stromversorgung besser, als du denkst – und könnte die Energiewende in ungeahntem Tempo vorantreiben.
Bis vor Kurzem kam der Strom für mich einfach nur aus der Steckdose. Stecker rein, und wie von Geisterhand erwachen Staubsauger, Fernseher und Schlagbohrer zum Leben.
Darüber nachdenken, welch immenser Aufwand dahintersteckt, die Energieträger zu beschaffen,
Doch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und der Angriffskrieg Russlands und dessen Folgen für die Energiepreise habe natürlich auch ich zu spüren bekommen – spätestens beim Öffnen der Stromrechnung.
Jetzt ist das Thema Energie überall: in den Nachrichten, beim Stammtisch in der Kneipe und bei uns in der Redaktion. Also schlug auch ich, motiviert ins neue Jahr gestartet, einen Artikel zum Thema in unserer Redaktionskonferenz vor.
Der Strom kommt nicht einfach aus der Steckdose
Ich wollte der Frage nachgehen: Wie kann es sein, dass der Strompreis im vergangenen Jahr zeitweise mehr als das 10-Fache des Vorjahreswertes betrug – obwohl doch in erster Linie Gas knapp wurde?
Also bin ich in die Recherche gestartet, habe Expert:innen kontaktiert und Interviews geführt. Das Ergebnis: Jede Menge Fachbegriffe, falsche Vorannahmen, allgemeine Verwirrung. Und einmal mehr die lehrreiche Erkenntnis: Ich muss erst einmal die Grundlagen durchblicken.
Und genau darum soll es heute gehen: Willkommen zum kleinen Einmaleins der Stromversorgung, nach dem wir alle besser verstehen, wie unser Strom aktuell erzeugt wird, wer daran verdient und was wir gegen künftige Preisexplosionen tun können.
1. Woher kommt unser Strom?
Bis der Strom aus der Steckdose kommt, ist es ein langer Weg. Zuerst muss er natürlich erzeugt werden. Dazu werden unterschiedliche Energieträger eingesetzt, etwa fossile Brennstoffe wie Kohle, Erdgas und zu einem sehr geringen Anteil auch Erdöl. Hinzu kommen Kernenergie und Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Solar, Biomasse und Wasserkraft.
Die so erzeugte Gesamtleistung ergibt einen Energiemix. Je nach Betrachtungszeitpunkt kann der unterschiedlich aussehen. Der Grund: Der Anteil der Erneuerbaren schwankt beständig. Je nachdem, ob viel oder wenig Wind weht oder Sonne scheint, unterscheidet sich der Anteil der Erneuerbaren an unserem Strommix.
Die gute Nachricht: Schon heute reichen die installierten Kapazitäten theoretisch aus, um einen Großteil der gesamten Stromversorgung der Republik sicherstellen zu können. Zuletzt, am 15.01.2023, wurde fast 96% des Bedarfs mit erneuerbaren Energien gedeckt –
Mit Illustrationen von Claudia Wieczorek für Perspective Daily