Diese Frau wollte nie Therapeutin werden. Jetzt hilft sie, ein zerrissenes Land zu heilen
Der Genozid an der Tutsi-Minderheit in Ruanda ist 28 Jahre her. Heute entwickelt die Forscherin und Therapeutin Thérèse Uwitonze Methoden, um die seelischen Verletzungen im Land zu behandeln.
Man nannte sie immer nur Umusazi, »die Verrückte«. Damals, im Dorf. Jetzt ergreift Claudine das Mikrofon. Sie steht aufrecht. Sie spricht mit kräftiger Stimme. Ihr Gesicht wirkt offen, ihre Augen strahlen. Die Survivors, die Überlebenden, hören ihr gebannt zu, überrascht auch. Ist das noch dieselbe Claudine, die schrie und fluchte und um sich schlug, wenn sich ihr jemand näherte? Die einmal, als alle um ein rituelles Feuer standen, das an den Genozid erinnerte, eine Frau in die Flammen stieß? Die jahrelang nicht mehr atmen wollte, weil jeder Atemzug nach Blut schmeckte? Die
Ja, das ist die dieselbe Claudine. Und eine ganz andere.
In Reihen sitzen die Survivors auf Holzstühlen vor ihr. Die meisten sind Frauen, gekleidet in farbensatte Kleider und Kopftücher. Wie Claudine haben sie einen weiten Weg hinter sich.
Titelbild: Michael Gleich - copyright