»Wir wollen keine ungewollten Mädchen«
In Indien nennen Eltern ihre Töchter »Nakusa« – »ungewollt« –, um den Göttern zu zeigen, dass sie sich einen Sohn wünschen. Eine Organisation stemmt sich gegen die Diskriminierung.
Ein paar Frauen gehen barfuß durch das indische Dorf Narafdev und balancieren Körbe aus Bast auf ihren Köpfen. Die bunten
Das Dorf Narafdev hat 509 Bewohner. Es liegt hoch auf einem Berg, 250 Kilometer von Mumbai, der Hauptstadt des Bundesstaates Maharashtra, entfernt. Aishwarya ist 13 Jahre alt, nervös fummelt sie an ihrem Schülerausweis. Sie zieht an seinem Band, das ihr um den Hals liegt, mal nach links, mal nach rechts. Barfuß, schwarze Hose, schwarzer Pferdeschwanz, pinkfarbene Kurta – die knielange traditionelle, indische Oberbekleidung – ein Schal liegt ihr lose über den Schultern.
»30 Millionen mehr Männer als Frauen«
Auf ihrem Ausweis steht ihr neuer Name. Aishwarya bedeutet ihr alles. Er ist nicht nur Teil ihrer Identität, er ist ihre Legitimation. Den Namen, den ihre Mutter ihr gab, als sie auf die Welt kam, hat sie nicht gemocht. Er zeigte ihr wieder und wieder, dass ihre Eltern sie nicht wollten. Dass sie es besser hätten, wenn sie nie geboren worden wäre. Dass sie sich einen Jungen wünschten und kein Mädchen. Deshalb nannten sie ihre Tochter »Nakusa« – »ungewollt«.
Titelbild: Eva Lindner - copyright