Endlich der deutsche Pass! Die bewegende Geschichte eines Gastarbeiters
Arslan Demirel baute Deutschland mit auf. Nun soll er endlich Deutscher werden dürfen. Sein Leben zeigt, wie unser Staat bei Migration langsam dazulernt.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich als Gastarbeiter aus der Türkei wirklich einen deutschen Pass bekommen kann«, sagt mein Vater Arslan Demirel und blickt dabei auf ein altes Bild. Darauf sieht man einen jungen Mann mit einem Reisekoffer auf einem Bahnsteig stehen, im Gesicht ein breites Grinsen. »An diesem Tag bin ich mit 24 Jahren nach Deutschland ausgewandert«, berichtet der heute 76-Jährige. Seine Freude sei groß gewesen, weil er anders als zahlreiche andere Türk:innen die Gesundheits- und Eignungsuntersuchung bestanden hatte.
Hoffnungsvoll begab er sich auf eine Reise, die bessere Lebensbedingungen für ihn und meine Mutter bringen sollte. Allerdings ahnte er damals noch nicht, mit welchen Schwierigkeiten er in Deutschland konfrontiert sein würde.
Als ältester Sohn einer 8-köpfigen Familie aus armen Verhältnissen musste er nach der Schule immer bei der Haselnussernte auf den Feldern der Familie helfen. Als Landwirt:innen hatten seine Eltern nicht viel Geld. Die Stadt Trabzon, wo er geboren wurde und aufgewachsen ist, liegt an der Schwarzmeerküste im Nordosten des Landes, sie wird auch »Haselnuss-Küste« genannt. Nach 2 aufeinanderfolgenden Hitzesommern und Ernteausfällen fasste er den Beschluss, nach Deutschland auszuwandern. Das war 1970. Zuerst ging er nach Istanbul, wo er ein Jahr lang arbeitete und etwas Geld sparte. Dann, im Jahr 1971, betrat er zum ersten Mal deutschen Boden. Er wollte, wie sein Onkel, in Berlin als Lkw-Fahrer arbeiten. Einen Teil des Geldes würde er an seine Familie schicken. Mal waren es 50–100 Deutsche Mark, mal etwas mehr.
Mit Illustrationen von Frauke Berger für Perspective Daily