Diese gefährlichen Chemikalien reichern sich in uns an. Grund zur Sorge?
Sogenannte PFAS machen unsere Pfannen leicht waschbar und unsere Regenjacken dicht. Doch in der EU könnten sie bald verboten werden. Alles, was du darüber wissen musst.
Du riechst, schmeckst und siehst sie nicht, dennoch lebst du in einer engen Beziehung mit möglicherweise sehr gefährlichen Stoffen: per- und polyfluorierten Alkylverbindungen, kurz PFAS.
Sie kommen in der Natur nicht vor und stehen im Verdacht, das Immunsystem zu schwächen, das Entstehen von Nieren- und Hodenkrebs zu fördern und die Entwicklung von Embryonen zu verzögern. Außerdem haben fast alle Menschen die Chemikalien im Blut.
»Wir haben bisher keine einzige Person gefunden – kein Kind, keinen Jugendlichen, keinen Erwachsenen –, in dessen Körper wir diese Stoffe nicht haben nachweisen können«, Die Toxikologin leitet die Toxikologie-Abteilung des Umweltbundesamtes. Sie hat in verschiedenen Studienreihen zusammen mit anderen europäischen Forschenden
In den 30er-Jahren entdeckt, wurden PFAS in den kommenden Jahrzehnten in sehr, sehr vielem eingesetzt. Denn die Chemikalien sind echte Alleskönner. Sie machen Regenjacken wasserabweisend, lassen das Essen in der Teflon-Pfanne nicht anbrennen und den Pizzakarton nicht verfetten. Ja, sie ermöglichten sogar erst manche medizinischen und technologischen Innovationen wie Herzklappen, und Brennstoffzellen.
PFAS sind eine Gruppe aus mindestens 4.000 bis geschätzt 10.000 Chemikalien. Ihre machen sie extrem stabil, sowohl unter Hitze als auch bei Säure. Sie sind so robust, dass manche von ihnen erst nach Hunderten oder Tausenden Jahren in der Umwelt abgebaut werden, weshalb sie auch »Ewigkeitschemikalien« genannt werden. Weil sie so lange in der Welt verweilen und immer mehr der Chemikalien produziert werden, nimmt die PFAS-Belastung in der Umwelt weiter zu.
Je mehr Forschung zu PFAS betrieben wird, desto düsterer wird das Bild davon, was ihr uneingeschränkter Gebrauch auslösen kann – und bereits verursacht hat.
Auch Regierungen erkennen die Gefahr endlich und wollen versuchen, die Lawine an Ewigkeitschemikalien wieder zu ersticken. als eines der ersten Länder der Welt den Gebrauch von PFAS in Kosmetika zu untersagen. Deutschland will noch einen Schritt weiter gehen und die gesamte Substanzklasse verbieten. Zusammen mit den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Dänemark haben der derzeit diskutiert wird.
Was genau es mit den Ewigkeitschemikalien auf sich hat, wo du mit ihnen in Berührung kommst, ob du dich sorgen musst und welche Alternativen es gibt, erfährst du in diesem Text.

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Wo werden PFAS überall eingesetzt?
Die kurze Antwort: PFAS werden fast überall eingesetzt, doch mit den meisten Anwendungen kommen Menschen im Alltag nicht direkt in Berührung.
Eine genauere Antwort hat Stefan Löbbecke. Der Chemiker leitet stellvertretend das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie. Dort, in der Nähe von Karlsruhe, arbeiten Fraunhofer-Forschende unter anderem mit Unternehmen aus der Chemie, dem Energiesektor, der kunststoffverarbeitenden Industrie und Automobilherstellern zusammen, um PFAS in ihren jeweiligen Anwendungen durch andere Stoffe zu ersetzen.
»Es ist wichtig, zwischen Anwendungen in der Industrie und im Alltag zu unterscheiden. Letztere werden in den Medien gerne als populäre Beispiele beschrieben«, sagt Löbbecke. Bei Gebrauchsgegenständen wie Pfannen, Regenjacken oder Fast-Food-Kartons würden PFAS hauptsächlich für Beschichtungen verwendet, weil etwas hinter oder vor einer Schicht geschützt werden soll.
Auch in Raclette-Grills, Waffeleisen, Backpapier, Teppichen, Fotopapier, Shampoo, Zahnseide, Kabelummantelungen, Imprägniersprays für Textilien und Schuhe oder (Ski-)Wachs kommen die Ewigkeitschemikalien zum Einsatz.

Die mit Abstand größten Anwendungen finden PFAS allerdings in der Industrie im Hightechbereich: »Es gibt kaum eine Maschine oder einen technischen Prozess, wo keine PFAS verwendet werden. Es geht um Dichtungen, Antriebe oder Membrane. Vom Auto bis zur Pumpe, von der Batterie bis zur Brennstoffzelle«, sagt Löbbecke.
In diesem Bereich würde die Diskussion um eine Einschränkung besonders interessant werden: »Hier setzen wir die Materialien in Technologien ein, von denen wir uns einen »Green Impact« in der Mobilitäts- oder Energiewende erhoffen. Da treffen unterschiedliche Erwartungen aufeinander. Wir wollen weg von fossilen Rohstoffen und Fluor. Doch brauchen wir noch Spielraum zur Entwicklung und Umsetzung von grünen Technologien. Der wird enger.«
Wie gefährlich sind die Chemikalien für den Menschen?
Hohe Konzentrationen von Ewigkeitschemikalien im Blut können dem Menschen auf unterschiedlichste Weise schaden. Nachdem die Stoffe in unseren Körper gelangen, binden sie sich an Eiweiße im Blut – darum können sie gut anhand von Bluttests nachgewiesen werden. Sie werden über die Nieren ausgeschieden, das geschieht jedoch langsam.
Je nach Kettenlänge des Stoffes können PFAS wenige Tage oder auch mehrere Jahre in unserem Körper bleiben. So reichern sich die Chemikalien etwa im Blut und in der Leber an.
Ein US-amerikanisches Forscherinnenteam hat 2022 Die meisten der Studien wurden am Menschen durchgeführt, gefolgt von Tieren und einigen
Der Auswertung zufolge konnten Forschende hohe PFAS-Konzentrationen im Menschen mit folgenden Langzeitfolgen in Verbindung bringen:
- Ein höheres Risiko bei der Entstehung von Stoffwechselkrankheiten wie Fettleibigkeit, Diabetes und nichtalkoholischer Fettlebererkrankung.
- Verschiedene Arten von
- Störungen bei Reproduktionsorganen und verminderte Fruchtbarkeit.
- Ein erhöhtes Risiko für Schwangere, ein Kind mit geringerem Geburtsgewicht und -größe zur Welt zu bringen, da manche der Chemikalien hormonähnlich wirken.
- Sind Embryonen oder Kleinkinder erhöhten Konzentration von PFAS über die Muttermilch ausgesetzt, können sie leichter Infektionen, Allergien, Asthma und ADHS entwickeln. Über die genauen Zusammenhänge diskutieren Forschende noch.
- Eine schlechtere Immunantwort auf Impfstoffe bei Kleinkindern, sodass diese kein funktionierendes Immunsystem entwickeln können.
belasten PFAS die europäischen Gesundheitssysteme jedes Jahr mit 52–84 Milliarden Euro.
Das Problem bei fast allen Untersuchungen, vor allem am Menschen: Bei manchen gesundheitlichen Effekten ist die wirkliche Ursache noch nicht eindeutig geklärt. Denn die Mehrheit der Menschen hat nicht nur eine PFAS-Verbindung im Körper, sondern einen Mix verschiedener Ewigkeitschemikalien. Auch werden Menschen in den Studien oft nur auf eine Handvoll von PFAS-Verbindungen untersucht, meistens die bekanntesten und am häufigsten verwendeten.
In der Datenbank, welche die Forscherinnen zusammengestellt haben, finden sich Forschungsergebnisse zu 29 der Tausenden PFAS – dabei sind deutlich mehr der Stoffe verdächtig.
»Wir wissen, dass einige Stoffe aus dieser sehr großen Stoffgruppe für den Menschen und die Umwelt zum Teil sehr schädlich sind. Dieser explizite Nachweis ist aber bislang nur bei einigen der Zehntausenden Stoffe erbracht worden. Bei vielen liegt es aber nahe, dass sie eine ähnliche Wirkung haben könnten, da sie molekular sehr ähnlich aufgebaut sind«, sagt Stefan Löbbecke.

Wie schädlich sind PFAS für die Umwelt?
Wie auch im menschlichen Körper sammeln sich PFAS in unserer Umwelt an. Anders als unsere Nieren schaffen es Wind, Wetter, Licht und Bakterien jedoch nicht, die Chemikalien innerhalb von Tagen oder Jahren abzubauen. Dies kann Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Jahren dauern. Für andere Tiere können PFAS genauso schädlich sein wie für den Menschen, wenn nicht sogar schädlicher, da sich die Stoffe in kleinen Körpern schneller zu gefährlichen Konzentrationen anreichern können.

Wie belastet unsere Umwelt in Europa von den Ewigkeitschemikalien ist, hat erstmals gezeigt: Fast 23.000 Standorte in ganz Europa sind durch PFAS verschmutzt. Dazu gehören Flughäfen und Militärstandorte, auf denen in der Vergangenheit PFOA-haltiger Löschschaum eingesetzt wurde, der seit vergangenem Jahr verboten ist. Betroffen sind aber auch Kläranlagen und Deponien, in denen sich mit PFAS verunreinigte Abwässer und Gegenstände sammeln. NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung waren an der Recherche beteiligt.

Es gibt 20 PFAS-Produktionsanlagen in Europa und mehr als 2.100 Standorte, die als »PFAS-Hotspots« gelten. Also Orte, an denen die Verschmutzung dass sie für alle, die dort arbeiten, wohnen oder sich länger aufhalten.
Mittlerweile finden sich PFAS fast überall in der Umwelt. Dort hingekommen sind sie hauptsächlich durch den rücksichtslosen Umgang der Menschen mit ihnen. Die Stoffe gelangen ins Grundwasser und über den Wasserkreislauf bis in die entlegensten Winkel der Erde –
Einige Forschende diskutieren sogar, dass PFAS in der Umwelt eine planetare Grenze darstellen und ob diese bereits überschritten ist, gemessen daran,
Es gibt Wege, PFAS wieder aus der Umwelt zu holen, und sie sind bereits im Einsatz. Allerdings sind die Methoden aufwendig und teuer. Sie werden nur in besonders verschmutzten Regionen angewandt und getestet.
So kann Wasser durch Reinigungssysteme Die Filter nehmen die PFAS auf und können danach entsorgt werden. In anderen werden

Wie gelangen PFAS in deinen Körper?
Indem PFAS ins Grundwasser gelangen, sammeln sie sich in Böden, Pflanzen, Fischen und anderen Tieren an. Besonders belastet sind Fisch, Eier und Früchte, welche die Europäische Lebensmittelbehörde als Haupt-PFAS-Quelle bei Nahrungsmitteln sieht. Hohe Konzentrationen wurden ebenso in Wildschweinfleisch und -leber nachgewiesen.
Immerhin unternimmt die Europäische Union etwas gegen die Hauptquellen: Seit 2023 gibt es in der EU zumindest für die 4 bedenklichsten und am häufigsten nachgewiesenen Substanzen (PFHxS, PFOS, PFOA, PFNA) Grenzwerte für Fisch und Fischereierzeugnisse, Krebstiere und Muscheln, Fleisch (einschließlich Wild), Eier und daraus hergestellte Erzeugnisse. Ab 2026 kommen neue PFAS-Grenzwerte für das

Menschen können die Chemikalien auch über die Haut aufnehmen, indem sie ihnen für längere Zeit direkt ausgesetzt sind – wie über Hautcremes, Zahnseide, Wimperntusche oder Sprays. Bisher wurde der Aufnahme über die Haut in der Forschung noch nicht besonders viel Beachtung geschenkt. Ein ob einer Sonnenschutzcreme beigemischtes PFOA vom Körper aufgenommen wird. Siehe da: Ein kleiner Anteil konnte später im Blut nachgewiesen werden.
Bei Kosmetika, die PFAS enthalten, ist also Vorsicht geboten, obwohl die Eintragung über die Haut anscheinend wesentlich geringer ist als die über das Essen und Trinken. Mehr Forschung zum Thema ist noch nötig.
Von anderen Produkten wie mit PFAS beschichteten Teflon-Pfannen und Regenjacken geht für den Menschen keine Gefahr aus, weil sie nicht über lange Zeit mit der Haut in direkten Kontakt kommen. Um die schlimmsten Auswirkungen von PFAS zu spüren, muss ihnen ein Mensch über einen längeren Zeitraum hinweg in hohen Konzentrationen ausgesetzt sein.

Wie kann ich Ewigkeitschemikalien meiden?
Menschen können im Alltag kaum beeinflussen, wie stark sie PFAS ausgesetzt sind, da die Stoffe nicht angegeben werden müssen. Manche Shampoo- oder Cremeverpackung schmückt der Aufdruck »PFOA-frei« oder »PFOS-frei«. Diese Werbeversprechen nützen nur wenig. Denn der erste Stoff sei in der EU bereits verboten und oft würden in diesen Fällen einfach andere PFAS verwendet.
Wer auf Nummer sicher gehen möchte und die Inhaltsstoffe von Kosmetikartikeln oder Kinderprodukten checken will, Mithilfe der Apps kannst du den Barcode eines Produktes scannen. Die Apps zeigen dann eine Liste der vermutlich schädlichen Inhaltsstoffe an. Ist ein Produkt nicht hinterlegt, kann über die App eine Anfrage an den Hersteller gestellt werden – der wiederum ist verpflichtet, innerhalb einer bestimmten Frist zu antworten.
Die gute Nachricht: PFAS-freie Alternativen gibt es im Kosmetikbereich genügend. In zertifizierter Naturkosmetik sind künstlich hergestellte Substanzen wie PFAS nicht enthalten.
Trotzdem kann die Verantwortung, das eigene gesundheitliche Wohlsein vor einer so großen Stoffgruppe zu schützen, nicht auf das Individuum abgewälzt werden. Das haben einige Regierungen nun auch verstanden. Deswegen wird derzeit eine EU-weite Regulierung der gesamten PFAS-Stoffgruppe diskutiert.

Wie lange sind die Probleme schon bekannt?
Dass PFAS giftig sein könnten, wussten wichtige Hersteller dieser Chemikalien wie DuPont und M3 seit – spätestens – den 60er-Jahren. Bereits zu dieser Zeit entdeckte der Chemieriese DuPont, dass PFAS bei Ratten und Hasen die Leber vergrößerten. Einige Jahre später zeigten Tests, dass sich die Stoffe im Blut der Mitarbeitenden, von Schwangeren und deren Babys anreicherten und dass sie Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder hatten.
Im Anschluss an interne Erhebungen […] beschloss DuPont, weibliche Angestellte aus Bereichen zu entfernen, in denen sie der Chemikalie ausgesetzt sind. Wie bereits erwähnt, wurden die Ergebnisse der Untersuchungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen nicht veröffentlicht, und die Mitarbeiter wurden nicht über das Problem informiert. Stattdessen wurde der Eindruck erweckt, es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme und nicht um eine Reaktion auf unerwünschte Ereignisse.
Die Informationen wurden lange unter Verschluss gehalten – weit über 20 Jahre. Die geheimen Dokumente von DuPont wurden dank Gerichtsverfahren in den USA offengelegt. In einem Verfahren aus dem Jahr 1998 beschwerte sich ein Kläger etwa darüber, dass es seinen Rindern schlecht ging und diese starben. Er macht dafür DuPont verantwortlich, die mehr als 7.100 Tonnen mit PFOA versetztem Schlamm auf seinem Grundstück abgeladen hatten. Das löste aus. Seitdem wachsen die Sorgen rund um PFAS mit jeder neuen Studie.
Was hat es mit dem PFAS-Verbot auf sich?
Anstelle auf die Sorgen der Menschen einzugehen, halten einige Chemieriesen an ihrem bisherigen Pfad fest und leisten derzeit umfangreiche Lobbyarbeit, um das PFAS-Verbot zu verwässern, das derzeit in der EU diskutiert wird. Auch das hat die ergeben.
Dabei handelt es sich nicht um ein Pauschalverbot der Stoffklasse. Es soll Übergangsfristen geben, damit Industrien Alternativen finden und sich anpassen können.
Bisher ist nur die Herstellung oder Verwendung von einer Handvoll PFAS-Verbindungen in der EU beschränkt. Seit ihrer Beschränkung konnte auch ein Rückgang der Stoffe in menschlichen Blutproben verzeichnet werden. Allerdings hat die Industrie diese indem sie andere PFAS mit ähnlichen Eigenschaften verwendet hat, die jedoch mindestens genauso schädlich oder sogar schädlicher sind für Mensch und Umwelt.
»Wie genau die Regulierungen aussehen werden, muss nun noch diskutiert werden. Es wird sicher Übergangszeiträume und Ausnahmen für Anwendungen geben, für die PFAS kurz- und mittelfristig noch nicht ersetzt werden können«, Eine Ausnahme könnte es etwa auch geben, wenn sozio-ökonomische Vorteile die möglichen Nachteile wie Gesundheits- und Umweltschäden deutlich überwiegen – wie bei Schutzausrüstung oder Medizinprodukten.
Nachdem die 5 Länder, darunter Deutschland, vergangenes Jahr ihren Verbotsvorschlag bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA eingereicht haben, konnten nun Parteien und Unternehmen aus ganz Europa Stellung nehmen und Input dazu geben.
Nun müssen Expert:innen der ECHA Einschätzungen zu den Auswirkungen und der Realisierbarkeit des Vorschlags abgeben. und dann an die Europäische Kommission weitergeleitet, die gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten über mögliche Beschränkungen entscheidet.
Mit einer Entscheidung, ob und wie die PFAS-Einschränkungen kommen, ist also erst 2026 zu rechnen. Noch ist jeder Ausgang offen. Trotzdem haben allein die Diskussionen die Industrie in Europa aufgeweckt:
Wir haben die letzten Monate sehr viele Anfragen von Unternehmen aus dem Bereich des Maschinenbaus, der Energieversorgung bis hin zur Halbleiterindustrie und Medizintechnik bekommen. Sie wollen ihr Wissen abgleichen oder sind auf der Suche nach alternativen Werkstoffen. Manche Unternehmen reagieren mit blanker Panik, doch viele suchen schon proaktiv nach Alternativen für die eigenen Anwendungen.
Der Chemiker ist erstaunt, wie viel Bewegung die Diskussionen in die Industrie gebracht haben und wie viele Unternehmen nicht blockieren, sondern nach Lösungen suchen – vor allem kleine und mittelständische Unternehmen.

Lassen sich die Chemikalien ersetzen und welche Alternativen gibt es?
»Gerade bei den Alltagsprodukten zeichnen sich schon Lösungen ab, PFAS zu ersetzen, oder es gibt sie bereits«, sagt Stefan Löbbecke. Dabei verwiest er auf seine Kolleg:innen am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) und am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung. Dort nutzen Forschende damit Essen in der Pfanne nicht anbrennt, die Pizza nicht an der Verpackung klebt und der Schmutz nicht an Abwasserfiltern hängen bleibt. Alles Dinge, für die derzeit noch PFAS zum Einsatz kommen. Nur eine richtig gute Ölabweisung .
Einen gleichwertigen Ersatz zu finden, fällt auch der Outdoor-Bekleidungsmarke Vaude schwer. Sie verwendet seit 2020 keine PFAS mehr, um ihre Regenjacken, Wanderschuhe oder Schlafsäcke zu Stattdessen setzt sie auf sogenannte Durable Water Repellency (DWR). Dahinter sammeln sich viele Verfahren, mit denen Oberflächen wasserabweisend gemacht werden können. Eingesetzt wird dabei etwa Polyurethan, das für die Umwelt viel weniger problematisch ist. Vaude selbst setzt auf verschiedene Lösungen für unterschiedliche Oberflächen.

Am Fraunhofer IGB setzen die Forschenden für wasserfeste Outdoor-Bekleidung auf einen biobasierten Alternativstoff namens Chitosan. Er wird unter anderem aus Krustentieren gewonnen. Diese könnten laut Forschenden aus den Hunderttausenden Tonnen Schalenabfällen von Restaurants genutzt werden, die jährlich in der EU anfielen. Mit Hitze und Druck werde die Substanz auf den Kleidungsstoff aufgetragen. Maschinen und Produktionstechnologien seien in der Textilindustrie dafür schon vorhanden.
»In den meisten Fällen ist es jedoch nicht so einfach. Oft gibt es keine Lösung aus dem Schubfach, weil die industriellen Anwendungen so spezifisch sind«, sagt Löbbecke. In fast jedem Fall müsse einzeln geschaut werden, welche Substanzen ersetzt werden könnten, um das Eigenschaftsprofil zu erhalten. »Alternativen müssen gut erforscht werden, da sie nicht immer gleich besser sind als das, was sie ersetzen.«
Während sich bei den Beschichtungen bereits Lösungen abzeichnen, gibt es bei Dichtungsmaterialien und Membranen, wie sie in und Batterien unverzichtbar sind, Probleme. »Hier steht die Entwicklung von Alternativen noch in den Kinderschuhen. Etwas zu finden, das sowohl den Ladungstransport sicherstellt als auch für die notwendige chemische und thermische Beständigkeit sorgt, ist eine große Herausforderung.«
An diese wagen sich immer mehr Entwickler:innen. Europaweit arbeiten Forschende und Unternehmen zusammen, um nach Lösungen zu suchen, die eine technologisch nachhaltige Energiewende ermöglichen.
So ist es Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung gelungen, eine PFAS-freie Membran für Brennstoffzellen zu entwickeln, die schon ersten Tests standgehalten hat. Auch das junge Freiburger Unternehmen ionysis hat bereits die in Tests funktioniert.
Der Schatten eines drohenden PFAS-Verbots scheint den Erfindergeist der europäischen Industrie aus der Flasche gelockt zu haben.
Im Großen und Ganzen bin ich optimistisch, dass wir Lösungen finden, wenn es auch Zeit braucht. Bis dahin ist es wichtig, nicht nur nach dem Konsum von PFAS zu schauen, sondern auch nach ihrer Herstellung, denn dort und nach ihrer Entsorgung fallen die meisten Emissionen an. Dort gelangt das meiste in die Umwelt. Wir sollten den gesamten Prozess betrachten und schauen, wo und wie wir PFAS ersetzen können.
Titelbild: Fotos: Unsplash / Collage:Claudia Wieczorek - copyright