Schritt für Schritt zum Permakultur-Paradies. 5 Ideen für deinen Garten
Permakultur gleicht am Anfang dem Erlernen eines neuen Instruments, wirkt kompliziert und überfordernd. Ein Hof im Bergischen Land hat mir gezeigt: Manchmal ist es das Beste, einfach anzufangen.
Immer wieder nieselt es, Wolken bedecken die Sonne, die da doch eigentlich irgendwo sein muss. Ab und zu durchbrechen Strahlen das Wolkengrau. Seit Wochen schon geht das so. Und doch strecken Krokusse allmählich ihre Knospen in die Luft. Meisen und Rotkehlchen sind an diesem Vorfrühlingssamstag im Februar unterwegs, ebenso die Menschen vom
Uwe Boeck schiebt eine dicke eiserne Herdplatte vom Ofen – mit Handschuhen natürlich. Bis zu 250 Grad entstehen in der Brennkammer, die aus einem alten Metallfass gebaut wurde. Hitze dringt nach oben durch die Öffnung. Um die Kohle ohne verbrannte Finger herauszuholen, gibt es neben den Handschuhen einen langen Schwenkarm mit Flaschenzug, der sich in den bedeckten Himmel reckt, eine Art Angel, womit der frühere Fernmeldemonteur und heutige Rentner die fertige Kohle oben aus dem Ofen fischt.
Mit Regenwasser aus einer Gießkanne löscht Boeck die fertige Kohle ab. Nach dem Abkühlen darf ich sie anfassen – federleicht ist sie, zerbricht mit leichtem Druck zwischen Daumen und Zeigefinger. Terra Preta hätten vor Jahrhunderten schon indigene Stämme im Amazonasgebiet genutzt, um den humusarmen
Jeden Samstag ist Hofarbeitstag, die Mitglieder kommen zusammen, werkeln und gärtnern. Ich bin an diesem Samstag zu ihnen gefahren, um mehr über Permakultur zu lernen und darüber, wie ich sie in meinen eigenen Garten bringen kann. Wann immer ich mich damit beschäftigt habe, kam mir das Konzept einfach zu groß und erschlagend vor. Das will ich ändern und ein paar konkrete Gestaltungstipps für mich – und dich als PD-Mitglied – mitnehmen.
»Wir wollen ein Modellhof für Permakultur sein«, sagt Michélle Pyka, die als Lektorin und Redakteurin arbeitet, wenn sie nicht gerade in den Beeten ackert. Zwar sei anfangs ein Designer an Bord gewesen, aber einen richtigen Plan, wie der Hof am Ende aussehen sollte, habe es nie gegeben. »Wir probieren viel aus, schauen, was funktioniert und was nicht. In der Permakultur geht es darum zu beobachten: Was macht die Hanglage mit den Pflanzen, wann steht die Sonne an welchem Platz im Garten? Welche Pflanzen wachsen wo am besten?« Das erfordere Geduld und Arbeitswillen. »Man sagt ja immer, Permakultur sei etwas für faule Gärtner. Das können wir hier nicht bestätigen«, sagt sie und lacht. Eigentlich haben sie also auch bei null angefangen und erarbeiten sich die Permakultur Stück für Stück – so wie ich es auch machen möchte.
Permakultur – was ist das eigentlich?
Als ich mich auf eigene Faust über Permakultur informiert habe, war Youtube mein erster Stopp. Wer sich hier umschaut, stößt auf eine Menge Videos. Und früher oder später auf
Aber was können wir für uns in Deutschland aus einer Vegetationszone ableiten, die eine ganz andere ist? Wo es so gut wie nie Frost gibt, wo Palmen und Papayas wachsen? Eine Antwort hat der Österreicher Sepp Holzer auf seinem Krameterhof erarbeitet. Holzer ist einer der bekanntesten Vorreiter der Permakultur in Europa. Er baut auf mehr als 1.000 Metern über dem Meeresspiegel sogar Weintrauben an. Doch auch bei ihm geht es viel um Teiche, Wasserspeicher, Wälle und gewaltige Gräben, die Wasser leiten und langsam versickern lassen. Bagger kommen zum Einsatz, um Terrassen anzulegen. Das ist sicher eine Nummer zu groß für den bescheidenen Schreber- oder Reihenhausgarten.
Holzer gibt in seinem
Wir lernen nicht wirklich, uns selbst und der Natur ins Gleichgewicht zu helfen, sondern formen beides nach unserem Willen und dem ausbeuterischen Selbstverständnis, das uns unsere Lebensweise eingebläut hat. In der Permakultur werden Systeme aber geschaffen, damit sie sich selbst erhalten. Es geht für uns darum, nicht zu gierig zu werden, damit alle Teile dieses Systems – Menschen, Tiere, Boden –
Den Hof erobert – gegen alle Widerstände
Aber weg aus Australien und Österreich und zurück ins Bergische Land: Bis 2014 habe auf dem Hof Vorm Eichholz ein alter Bauer gelebt, erzählt Michélle Pyka. Als er starb, stand der Hof samt Wohnhaus mit der für das Bergische Land typischen Schieferfassade, grünen Fensterläden und einer alten Scheune etwa 2 Jahre leer. Ende 2016 begann der Verein, den Hof wieder fit zu machen. »Die Gebäude waren richtig runtergerockt«, sagt Michélle Pyka.
Die Besonderheit: Das Land gehört der Stadt Wuppertal. Nach einigem Hin und Her konnte es der Verein pachten, zunächst für 15 Jahre, mit Option auf 10 weitere. Die Mitgliedsbeiträge der rund 40 Mitglieder reichen für etwa 5 Monate Pacht, den Rest holen sie mit Veranstaltungen, Führungen und Spenden rein. Michélle und die anderen Vereinsmitglieder hoffen, dass die Verwaltung irgendwann den Wert des Modellhofs für die Stadt erkennt – und die Initiative dort eines Tages unbefristet bleiben lässt. Argumente dafür gibt es reichlich. Abgesehen davon, dass der um 1880 erbaute Hof Stück für Stück neuen Glanz erhält, bietet er einem anderen Verein, der Bergischen Gartenarche, ein Dach über dem Kopf.
»Echte Kreislaufwirtschaft«
Michélle Pyka sagt: »Permakultur bedeutet letztlich, funktionierende Kreisläufe zu schaffen, eine echte Kreislaufwirtschaft eben.« Wasser sammeln die Permakulturisten zum Beispiel in großen Tanks, 30.000 Liter können diese speichern. Wichtig, weil es nun – anders als noch vor ein paar Jahrzehnten – im Sommer auch mal wochenlang keinen Regen gibt. Falls das Wasser aber mal im Überfluss fällt, gibt es kleine Rinnen im Boden, die es bergab zu den Beeten leitet. Man kann also auch kleiner denken: Spaten und Spitzhacke statt Bagger.
An mehreren Stellen stehen Mini-Teiche, große Bottiche, deren Wasser zu den Beeten fließt, wenn sie überlaufen. Permakultur bedeutet, dass Dinge auch mal anders laufen können als gedacht, zeigt Michélle Pyka an der Stelle, an der ein Feuchtbiotop entstehen sollte. Allerdings versickerte das Wasser und so ist das geplante Feuchtbiotop nun weitestgehend trockengelegt. Ein kleiner Rückschlag, der anspornt: »Wir werden das Biotop flacher gestalten und eine weitere Schicht Lehm und Kies aufbringen«, sagt Michelle Pyka. Noch in diesem Jahr soll es fertig werden.
5 Tipps für deinen Garten
Experimentieren kann jede:r auch zu Hause auf kleineren Flächen im eigenen (Schreber-)Garten. Sofort loslegen kann man zum Beispiel mit Gemüse-Mischkulturen. Verschiedene Pflanzen unterstützen sich gegenseitig und profitieren voneinander. Die bekannteste Kombination ist das Milpa-Beet, bestehend aus Mais, Kürbis und Stangenbohnen – auch »3 Schwestern« genannt. Die Bohnen binden Stickstoff für Kürbis und Mais, während der Mais eine Rankhilfe für die Bohnen darstellt. Die Möglichkeiten, Gemüse und andere Pflanzen nutzbringend zu verpartnern,
Vom Permakulturhof Vorm Eichholz habe ich 5 Gestaltungsanregungen mitgenommen, die für große und kleine Gärten funktionieren.
- Sonnenfalle für alle
Die Sonnenfalle ist nicht nur ein nützliches Gestaltungselement, sondern auch ein echter Hingucker. Letztlich ist die Falle eine Natursteinmauer. Auf dem Permakulturhof Vorm Eichholz thront sie oberhalb von Gemüsebeeten, ausgerichtet nach Süden – klar, denn so bekommt die Falle die meisten Sonnenstunden ab. Ist die Sonne dann weg, gibt die Mauer ihre gespeicherte Wärme ab. Das ist gut für Obst und Gemüse, das südliche Gefilde gewohnt ist und es muckelig mag: Tomaten, Paprika, Auberginen. Sepp Holzer nutzt bereits vorhandene Felsen in seiner Landschaft, um Weintrauben in der Höhenlage mehr Wärme zu spendieren. Sonnenfallen können aber genauso Hauswände oder ein Konstrukt aus gemischten alten Steinen oder Dachziegeln sein, die man vielleicht zufällig herumliegen hat. Lässt man genug Zwischenräume, bietet die Sonnenfalle außerdem Unterschlupf für Insekten und Eidechsen. - Es lebe die Totholzhecke
Den gleichen Job erledigt die Totholzhecke. Michélle Pyka zeigt mir die Hecken, die den Permakulturhof von den umliegenden Schrebergärten abgrenzt. »Anfangs waren unsere Nachbarn davon gar nicht begeistert«, sagt Michelle Pyka. Vielleicht weil Permakultur mit den vielen Komposthaufen und naturnaher »Unordnung« den Gegenentwurf des Freizeitgartens mit seinen akkuraten Rasenkanten darstellt, in dem man fast ausschließlich grillt, Bier trinkt und sich sonnt. Gemüseanbau haben viele Schrebergärtner:innen nicht im Sinn. Doch inzwischen gewöhnen sich die Nachbarn aneinander und arrangieren sich. Das Land, auf dem heute die Schrebergärten liegen, gehörte früher einmal zum heute stark eingedampften Hof.
Die Vereinsvorsitzende Monika Heinz besucht uns zwischendurch an der Hecke, um mir eine Nashornkäferlarve zu zeigen. Mir war nicht klar, dass es diese hier überhaupt gibt. Im Dschungelcamp könnte diese fette Larve eine veritable Mutprobe darstellen – hier bringt sie Monika Heinz zu einem Strohhaufen, der extra für Nashornkäferlarven geschaffen wurde. Doch zurück zur Hecke. Jeweils an den Seiten werden Pfähle oder gespaltene Baumstämme in einem guten Abstand in den Boden gerammt, der Raum dazwischen mit dickeren und dünneren Ästen aufgefüllt. Das schützt vor Blicken und hilft Kleintieren. Klar, größtmögliche Vielfalt für das ökologische Gleichgewicht. Sie locken zum Beispiel Vögel an und die sorgen mit dafür, dass sich nicht eine Art ungehindert vermehrt und zur Plage wird. Ich weiß nicht, ob ich gleich eine Hecke anlegen werde, aber auch ein Haufen aus Ästen und Reisig kann Lebensraum schaffen. - Echt unterirdisch: Bewässerung mit Ollas
Dafür gibt es Tongefäße namens Ollas (sprich: Ojas), die ein bisschen an antike Amphoren erinnern. Gärtner:innen graben sie in die Erde ein, sodass oben nur ein Loch zum Nachfüllen herausragt, Wasser sickert ganz langsam durch den Ton und hält so die Erde auch weiter unten feucht. Der Vorteil: Das Wasser verdunstet nicht und gelangt direkt an die Wurzeln der Pflanzen, die sich dann besser nach unten ausbilden, statt nur an der Oberfläche zu kratzen.
Michélle Pyka zeigt mir in den Beeten ihre selbst gebauten Ollas. Das ist gar nicht schwer. Dafür brauche ich 2 gleich große oder geringfügig unterschiedliche Terrakotta-Pflanztöpfe. Ein Loch kommt später nach unten, deshalb sollte ich es mit einer alten Tonscherbe verschließen, sonst läuft das Wasser einfach heraus, statt langsam durch die Tonwände zu sickern. Am haltbarsten sei Aquaristik-Silikon, sagt Michélle. Darin sind auch – anders als im Sanitärsilikon – keine Fungizide enthalten, die dann eben auch nicht im Boden landen können. Bienenwachs statt Silikon ist zwar am besten für den Garten, hält aber nicht lang.
Alle paar Tage kann ich im Sommer mit einem langen Holzstab prüfen, wie weit der Wasserspiegel abgesunken ist. Das Loch oben wird mit einem Stein abgedeckt, damit darin keine Insekten zu Tode kommen. Ollas plane ich fest ein. - Kannst du dir nicht ausmalen: Das Mandala-Beet
Dabei handelt es sich um ein rundes, leicht angehobenes Beet, das in der Mitte Aussparungen hat, durch die Gärtner:innen bequem an jede Stelle kommen. Der Permakulturhof hat das in Form eines Mandalas gemacht, es gibt aber auch die Variante des Schüssellochbeets, das es auf dem Hof ebenso gibt. Der einfache Zugang ist die zentrale Idee. Gebaut sind beide aus gestapelten alten Dachziegeln. Denn auch das ist ein Prinzip auf dem Permakulturhof: das nutzen, was ohnehin da ist. - Wilde Wurmfütterung: Kompostieren im Beet
Dass man selbst bei großer Gartenfläche keinen riesigen Komposthaufen braucht, zeigen halb eingelassene Eimer mitten in den Beeten des Hofs. Hier werden Zylinder aus Kaninchendraht in den Boden eingelassen, drumherum ist die Konstruktion mit Bambusrohren oder kleinen Ästen verkleidet. Auch von oben werden sie abgedeckt – dafür verwendet die Gemeinschaft Bretter oder alte Topfdeckel. »Wichtig ist, dass es im Inneren der Komposttürme dunkel und feucht bleibt, dafür sind die Deckel gedacht. Die Bodenorganismen mögen weder Sonnenlicht noch Trockenheit«, sagt Michélle.
Der Brite Charles Dowding arbeitet viel mit Kompost, hier findest du mein Interview mit ihm:
Es gibt aber auch extra angefertigte Beetkomposterröhren mit Löchern in den Wänden zu kaufen, zum Beispiel aus Ton. Das lockt Würmer an, die den Boden lockern. Außerdem ernährt der Kompost auch andere hilfreiche Organismen im Beet. Fertiger Kompost kann zusätzlich flächig auf dem Beet verteilt werden, wie man es vom Gärtnern ohnehin kennt.
Mittags essen die Permakultur-Gärtner:innen zusammen an einem großen Tisch im alten Bauernhaus. Es wird viel gesprochen: über Rezepte, das Gärtnern. Es wird gelacht. Heute, bei meinem Besuch, gibt es ein kleines Büfett aus selbst gemachtem Eintopf und Salaten mit saisonalem und regionalem Gemüse. Zwar reiche der Ertrag nicht, um sich damit über das Jahr zu versorgen, aber darum gehe es nicht hauptsächlich. Es sei toll, dass samstags immer viele Vereinsmitglieder da seien, meistens um die 20. Es ist eine willkommene Möglichkeit, sich zu treffen und Zeit miteinander zu verbringen. Ganz nach den Überzeugungen der Permakultur, die sich nicht nur, aber eben auch um den Menschen sorgt.
Titelbild: Permakulturhof Vorm Eichholz - copyright