4 Maßnahmen für sichere Straßen, die Deutschland von anderen Ländern übernehmen kann
Weil das Auto in Deutschland noch immer einen so hohen Stellenwert hat, sterben jährlich Tausende Menschen im Straßenverkehr. Dass es längst anders geht, zeigen unsere europäischen Nachbarländer.
Am 10. März 2024 steuert ein 83-jähriger Autofahrer auf der Leipziger Straße in Berlin auf eine Kreuzung zu. Als er die langsameren Autos vor ihm überholen will, lenkt er sein Fahrzeug auf den ungeschützten Fahrradweg am rechten Straßenrand und überfährt dabei eine 41-jährige Frau und ihren 4-jährigen Sohn, die gerade zu Fuß die Straße überqueren wollen. Mutter und Kind sterben kurz darauf im Krankenhaus. Laut Zeugenaussagen
Aufgrund der Schwere der Tat wird bundesweit berichtet. Die Republik zelebriert kollektiv ihr Betroffenheitsritual. Politiker:innen bekunden ihr Entsetzen über den »tragischen Unfall« und drücken den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. Alle sind betroffen, einige fordern Konsequenzen. Die Medien greifen das Thema Verkehrssicherheit für einige Tage auf. Dann wird es wieder still. Zurück bleiben Freund:innen und Familie in tiefer Trauer und Schmerz.
So läuft das häufig: Nach jedem schweren Unfall wird für einen kurzen Moment getrauert, gefordert und gestritten. Dann rollt der News Cycle weiter. In der Ökonomie der Aufmerksamkeit haben Verkehrstote einen schweren Stand. Eine Gesellschaft, die das Auto zur Norm erklärt hat, will von dessen Schattenseiten nichts wissen – steht das Auto doch für Freiheit und Wohlstand, nicht für Leid und Verlust. So werden die Opfer, die das Auto fordert, ignoriert, verharmlost oder als tragisches Unglück zum Einzelfall deklariert. Wer politische Konsequenzen fordert, setzt sich dem Vorwurf der Instrumentalisierung aus. Der Tenor: Die Toten lässt man ruhen, Unfälle für politische Zwecke zu missbrauchen gehört sich nicht.
Doch wir müssen darüber reden. Wer Unfallstatistiken analysiert, erkennt schnell, dass sich hinter vermeintlichen Einzelfällen wiederkehrende Muster verbergen. Wer Verkehrspolitik verfolgt, erkennt ebenfalls, dass in Deutschland eine autofreundliche Gesetzgebung einen Teil der Unfälle erst ermöglicht. Verkehrstote sind daher kein Naturgesetz, sondern die Folge einer politischen Entscheidung, die in der Abwägung zwischen motorisierter Freiheit und Sicherheit oft für Ersteres ausfällt.
Titelbild: Eddie Junior / Unsplash - copyright