Dieser Fußballverein wirbt jetzt für Panzer. Seine Begründung ist Bullshit!
Der Bundesligist Borussia Dortmund bekommt Geld für Waffenwerbung und stellt dies als Tätigkeit im Dienste der Allgemeinheit dar. Brauchen wir wirklich noch mehr Diskussion um Aufrüstung?
Die Fußball-Bundesliga ist gerade vorbei. Vor wenigen Tagen verlor Borussia Dortmund das unerwartet erreichte Champions-League-Finale gegen Real Madrid. Und schon nächste Woche geht es mit der Europameisterschaft der Männer in Deutschland weiter. Ein waschechter Fußballsommer. Und auch diesmal lotet das kommerzialisierte Fußballgeschäft wieder die Grenzen dessen aus, was in der Branche und bei den Fans als ethisch vertretbar gilt.
Passend dazu veröffentlichte
Nun ist es nichts Neues, dass Profivereine im Fußball mit zwielichtigen Werbeträgern zusammenarbeiten. FC Schalke 04 trug bis 2022
Als Anhänger des SV Werder Bremen muss ich seit 20 Jahren mit ansehen, wie Embleme eher zweifelhafter Unternehmen die Trikots meines Vereins zieren. Vom Schlachtunternehmen Wiesenhof
Warum es dann jetzt eine große Sache ist, wenn Dortmund Geld von einem Waffenhersteller nimmt? Weil es hier um mehr geht als Geld.
Demokratie stärken Hand in Hand mit der Waffenindustrie?
In der Regel erklären die Verantwortlichen der Vereine die umstrittenen Werbepartnerschaften mit Wettbewerbsfähigkeit. Man brauche das Geld eben, um eine ordentliche Mannschaft zusammenstellen zu können. Mehr als Gazprom, Wiesenhof und Co. bietet eben niemand.
Ein noch junges Beispiel dafür ist auch der
Die Besonderheit im Falle Dortmund ist die Begründung, mit der der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der zugleich wichtige Posten im bundesdeutschen Fußball besetzt, die Entscheidung nach außen trug:
Sicherheit und Verteidigung sind elementare Eckpfeiler unserer Demokratie. Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen. Wir freuen uns auf die Partnerschaft mit Rheinmetall und öffnen uns als Borussia Dortmund ganz bewusst für einen Diskurs.
Dortmund geht argumentativ also einen anderen Weg: Sie beißen nicht in den sauren Apfel, um im Haifischbecken Profifußball Geld für den Verein an Land zu ziehen. Nein, laut Watzke stärke der Verein mit dieser Partnerschaft Demokratie und Sicherheit in Deutschland. Damit wird dieser Partner nicht trotz politischer Bedenken gewählt. Die Wahl von Rheinmetall als Partner ist das politische Statement.
Die neue Strategie scheint also zu sein, nicht mehr vorzugeben, der Sport habe nichts mit Politik am Hut. Vielmehr stellt er sich nun vermeintlich aktiv in den Dienst der Demokratie. Ein Paradebeispiel für Framing.
Watzke argumentiert, mit der Partnerschaft den Diskurs über Verteidigungspolitik voranzubringen und damit zur Zeitenwende beizutragen. Diese Hilfe ist aber gar nicht notwendig: Die Normalisierung von Militär und Rüstung ist nach 2 Jahren Ukrainekrieg längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen – ganz ohne das Zutun von Borussia Dortmund. 2022 wurde »Zeitenwende« sogar
Debatten über Sicherheit müssen nicht auch noch vom Sport vorangetrieben werden
In den vergangenen 2 Jahren ist nicht eine Woche ohne eine Talkshow über Krieg und Militär vergangen.
Der
Ein ähnliches Bild zeigt eine
Die fortschreitende Militarisierung der Gesellschaft ist auch außerhalb des Fernsehens in vollem Gange. Bei der bislang überwiegend zivilen internationalen Luftfahrt- und Raumfahrtausstellung ILA
Am Anfang sprachen Politker:innen noch von Wehrfähigkeit, inzwischen heißt es Kriegstüchtigkeit. Und konkrete Politikvorstöße sind ebenfalls keine Seltenheit mehr. Zuletzt stellte Verteidigungsminister Boris Pistorius klar, dass eine Rückkehr zur Wehrpflicht
Nun machen Einzelbeispiele noch keinen Trend und schon gar keine empirische Studie. Doch mit jedem Tabu, das bricht, öffnet sich ein neues Tor für radikalere Forderungen.
Ein Plädoyer für einen unpolitischeren Sport
Borussia Dortmund muss also nicht dazu beitragen, den Diskursraum zu erweitern. Das passiert ganz von allein. Mit solchen Aussagen wird die Kriegslust nur weiter normalisiert und somit salonfähiger.
Ich hätte einen Gegenvorschlag, falls dem Verein die Demokratie am Herzen liegt: Er könnte noch entschlossener gegen Rechtsextreme vorgehen, die ihre eigene Fanszene massiv unterwandern – dass die
Außerdem ist es auch möglich, einfach mal »Nein« zu sagen: Der Ligakonkurrent Borussia Mönchengladbach hatte kurz vor der Bekanntgabe des BVB-Deals
Häufig wird darüber diskutiert, ob Sport politisch sei. Natürlich ist er das. Nationalstaaten werden immer die gute Publicity von Großevents zu nutzen wissen. Und es ist definitiv begrüßenswert, wenn sich Vereine und Verbände für Menschenrechte und gegen Hass positionieren. Doch muss der Fußball wirklich bei Themen wie Verteidigung Partei ergreifen? Vielleicht wären Funktionäre gut beraten, wenn sie sich in ihrem Anliegen, die Demokratie zu stärken, auf Menschenrechte beschränken würden, statt eine Bühne für Panzer und Artilleriemunition zu bieten. Denn wenn das gesellschaftliche Verantwortung sein soll, wünsche ich mir wieder das Märchen vom unpolitischen Sport zurück.
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