Wie Faschismus funktioniert – und wie du ihn überall erkennst
Zurück zu den alten Werten, unser Land zuerst? Was heute weltweit Erfolge feiert, war schon einmal da. Philosoph Jason Stanley hat darüber ein warnendes Buch geschrieben. Er sagt: »Nur wenn wir faschistische Politik erkennen, können wir ihren schädlichsten Auswirkungen widerstehen.«
Es liegt nahe, dort zu beginnen, wo faschistische Politik ausnahmslos ihren Ursprung verortet: in der Vergangenheit. Ihre Rhetorik beschwört eine reine, mythische Version derselben herauf, die auf tragische Weise zerstört wurde. Je nachdem, wie sich die Nation definiert, kann diese ethnisch rein, religiös rein, kulturell rein oder alles gleichermaßen gewesen sein.
Dabei weisen alle faschistischen Mythologisierungen eine gemeinsame Struktur auf: In jeder Variante dominiert uneingeschränkt eine extreme Auslegung der patriarchalen Familie – selbst noch vor wenigen Generationen. In der älteren Geschichte galt die mythische Vergangenheit als glorreiche Epoche der Nation, mit Eroberungskriegen, angeführt von patriotischen Feldherren, mit Heeren aus Landsmännern, starken und ergebenen Kriegern, deren Frauen zu Hause die nächste Generation aufzogen. In der Gegenwart werden diese Mythen im Rahmen faschistischer Politik zur Grundlage der nationalen Identität.
Gemäß der Rhetorik extremer Nationalisten ist die glorreiche Vergangenheit durch die Demütigungen verloren gegangen, die der Globalismus, der liberale Kosmopolitismus und die Achtung »universeller Werte« wie der Gleichheit mit sich brachten. Von Letzteren wird behauptet, sie hätten die Nation angesichts realer und bedrohlicher Herausforderungen für ihren Fortbestand geschwächt.
In der Regel beruhen derartige Mythen auf Phantasievorstellungen über eine nicht gegebene Homogenität in der Vergangenheit, die angeblich in den Traditionen der Kleinstädte und in ländlichen Regionen, unberührt von der liberalen Dekadenz der Städte, noch fortlebe. In einigen nationalistischen Bewegungen mag diese sprachliche, religiöse, geographische oder ethnische Einheitlichkeit durchaus etwas ganz Normales sein. Faschistische Mythen jedoch unterscheiden sich davon durch die Schaffung einer glorreichen nationalen Vergangenheit, in der die Mitglieder der auserwählten Nation noch über andere herrschten – was als Ergebnis von Eroberungen und entsprechenden zivilisatorischen Leistungen betrachtet wird. Damit einher gehen stets traditionelle, patriarchale Geschlechterrollen. Allgemein weist die so konstruierte mythische Vergangenheit eine spezifische Struktur auf, die ihre autoritär-hierarchische Ideologie unterstützt.
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