Warum Assanges Freilassung nicht nur ein Grund zum Jubeln ist
Freie Gesellschaften sind darauf angewiesen, dass Geheimnisse ans Licht kommen, die Missstände aufdecken. Deshalb müssten Menschen wie Julian Assange die Öffentlichkeit informieren können, ohne um Leben und Freiheit zu fürchten, kommentiert unser Autor.
Julian Assange ist frei und zurück in seinem Heimatland Australien. Sichtlich gealtert wirkt er auf den Fotos, die ihn rund um seine Ausreise aus Großbritannien zeigen. Kein Wunder, denn seit 2012 lebte er zuerst in einer Art Gefängnissituation in der Botschaft Ecuadors in London und ab 2019 dann im Hochsicherheitsgefängnis. Das alles ist für ihn nun vorbei. Eine gute Nachricht für ihn und seine Familie – aber insgesamt hat der Deal, der ihn befreite, einen schlechten Beigeschmack.
Assange musste zusichern, sich vor einem US-Gericht auf der Pazifikinsel Saipan, einem Außengebiet der USA, schuldig zu bekennen. Verschwörung zum Geheimnisverrat habe er begangen, also aktiv Menschen dazu aufgefordert, geheime Dokumente zu stehlen und sie ihm zu geben. Dafür bekam er 5 Jahre Gefängnis, die bereits durch seine Haft in London abgegolten sind. Viele wilde Verrenkungen, wahrscheinlich damit vor allem die USA ihr Gesicht wahren konnten.
Dass diese sich nun plötzlich mit 5 Jahren zufriedengeben, erscheint seltsam. Warum es ausgerechnet jetzt dazu kam, darüber kann man nur spekulieren. Verschiedene Punkte könnten die Stimmungslage Richtung Deal gedrückt haben: Ein britisches Gericht hatte im Mai entschieden, dass Assange erneut Berufung gegen seine Auslieferung einlegen könne.
Mit Illustrationen von Frauke Berger für Perspective Daily