Deine Kleidung ist nicht das Problem. Was du über Mikroplastik wissen musst
Medien dramatisieren das Thema Mikroplastik oft. Darum schätzen die meisten Menschen dessen Risiken höher ein, als sie es laut Forschung sind. Das wissen wir wirklich über die kleinen Plastikpartikel.
Auf dem Tisch vor mir liegt eine volle Windel. Sie stinkt nicht und ist auch nicht dreckig, denn sie ist nur mit Leitungswasser gefüllt. Dieses habe ich zuvor vorsichtig mit einem Messbecher auf die Einlage geschüttet. Fast einen Liter Wasser hat sie bisher aufgesaugt, wie ein Schwamm. Fasziniert hebe ich die Einwegwindel hoch, drehe sie um. Sie ist prall und schwer, aber nichts läuft aus. Auch nicht, als ich leicht draufdrücke. Da geht also noch etwas. 1.000, 1.200, 1.300 Milliliter – immer mehr Flüssigkeit verschwindet in der Einlage. Erst bei knapp 1,6 Litern perlen die ersten Tropfen ab.
Menschen mit Kindern kennen das Phänomen sicher. Einwegwindeln, auch Wegwerfwindeln genannt, können
Die bis zu 1 Millimeter großen Kunststoffkügelchen kommen in Einweg- sowie vermeintlichen
Zu Mikroplastik in Kosmetik und Hygieneartikeln habe ich schon viel gelesen, in Windeleinlagen hätte ich es jedoch nicht erwartet – bis ich das anfänglich beschriebene Experiment im Rahmen eines Kunststoffworkshops der Universität
Medien und Umweltverbände fokussieren sich meist auf einzelne Facetten eines Themas, um es Menschen näherzubringen. Im Falle von Mikroplastik sind es seine schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, sie stellen alle Plastikteilchen als »hochgiftig« dar. Häufig zu Recht, aber nicht immer. Da zu oft das Gesamtbild fehlt, schätzt die große Mehrheit der Menschen das Risiko der Folgen von Mikroplastik in der Umwelt und auf ihre Gesundheit höher ein, als es derzeit durch wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt werden kann. Das hat ein Forscherteam des Instituts für sozial-ökologische Forschung durch eine
Mikroplastik ist tatsächlich ein ernst zu nehmendes Umwelt- und ein Gesundheitsproblem, worüber wir noch viel zu wenig wissen. Seine Auswirkungen und Risiken werden erst seit wenigen Jahren erforscht. Doch bringt es nichts, in Panik zu verfallen, denn wir können den Plastikteilchen nicht entgehen. Umso wichtiger ist es, dass wir die verfügbaren Fakten richtig einordnen.
Was genau ist Mikroplastik und wo kommt es her?
Mikroplastik sind Kunststoffpartikel, die kleiner sind als 5 Millimeter – also ungefähr so groß wie grober Sand. Plastikpartikel, die sich in unserem Trinkwasser befinden oder zusammen mit Plankton von Fischen gefressen und in die Nahrungskette aufgenommen werden, sind jedoch so mikroskopisch klein, dass sie nur mit speziellen Hilfsmitteln wie UV-Lampen erkennbar sind.
Die Plastikteilchen werden entsprechend ihrer Herkunft in 2 Kategorien eingeteilt:
- Primäres Mikroplastik ist Kunststoff, der bewusst so klein produziert wird. Die Plastikkügelchen werden als Superabsorber in Windeln benutzt, als Peeling-Kügelchen in Kosmetika oder als Plastikpellets für die Kunststoffindustrie. Letzteres sind Rohplastikstücke, die dann zu Gegenständen verarbeitet werden.
Auch in diese Kategorie gehören die Plastikteilchen, die sich erst von größeren Kunststoffobjekten abreiben, wenn du sie benutzt. Der Abrieb von Reifen, Fahrbahnmarkierungen, von Verpackungen und Kleidung. Plastik kommt heutzutage fast überall zum Einsatz, alles davon sondert beim Gebrauch kleinste Stückchen in die Umwelt ab. Das gilt auch für die Plastikflasche, die mit Trinkwasser befüllt ist. - Sekundäres Mikroplastik bezeichnet die Teilchen, die dann entstehen, wenn Plastikmüll an Land oder im Meer den Elementen ausgesetzt ist und langsam zerfällt.
Der Großteil des Mikroplastiks wird nach wie vor aus Erdöl hergestellt und ist nicht biologisch abbaubar, so auch der Superabsorber.
Titelbild: sivstockmedia - copyright