Hier lernst du etwas für dein Intimleben: 5 Tipps der Redaktion
Mainstream-Pornos haben unsere Vorstellung von Sex und Selbstliebe negativ beeinflusst. Doch diese Alternativen haben uns dabei geholfen, einen gesünderen Zugang zu unseren Körpern zu bekommen.
Achtung, Stereotype!
Männer müssen sich dominant und bestimmend geben, beim Sex lange durchhalten. Frauen sollen willig sein, sich ihnen enthusiastisch unterwerfen und natürlich laut im Bett sein. Beide sollten sie glattrasiert, fett- und faltenfrei daherkommen.
Diese Bilder vermitteln heutige Mainstream-Pornos. Sie idealisieren dabei leider noch immer problematische Körperbilder und alte Geschlechterstereotype. Und obwohl wir noch nie so viel Wissen über Sex verfügbar hatten wie heute, sind Pornos zur »Standard-Sexualerziehung junger Menschen« geworden, wie es Maree Crabbe ausdrückt. Sie leitet die australische Initiative zur Gewaltprävention
Dabei prägen Pornos maßgeblich die sexuellen Vorstellungen und Erwartungen von Menschen, vor allem von jüngeren. Das zeigt unter anderem eine von der Landesanstalt für Medien NRW in Auftrag gegebene
Die meisten suchten selbst danach, doch einige bekommen sie auch ungewollt von anderen gezeigt oder zugeschickt. Besorgniserregend ist: 2/3 der Befragten, die Pornos gesehen haben, würden diese nicht als unrealistisch einschätzen. Vor allem Jungen gaben an, dass sie Pornos als Lernmaterial verwendeten. Manche hätten aus Pornos Gelerntes auch schon beim
Das Problem dabei ist gar nicht, dass es Pornos mit maskulinen sowie dominanten Männern und unterwürfigen Frauen gibt – diese Vorlieben existieren. Es ist ein Problem, dass es nicht nur eine Option ist, sondern ein noch allgegenwärtiger Standard. Wichtig ist hier das Wörtchen »noch«. Denn seit einigen Jahren verändert sich sowohl die Zusammensetzung des Pornopublikums wie auch die Vielfalt des Angebots. Immer mehr Frauen sind auf der Suche nach Anregungen und visuellem Vergnügen.
Wir haben aber feministische Alternativen zu Pornos gefunden, die besser aufklären, anregen und die uns geholfen haben.
Hier wollen wir dir 5 vorstellen:
In diesen Geschichten wird es explizit und empowernd: Girl on the Net
von Julia TappeinerBei Erotik bin ich eher der auditive Typ, weniger der visuelle. Also habe ich mich auf die Suche nach Alternativen zu klassischen Pornovideos gemacht. Vor allem nach solchen,
Hier schreibt und sammelt eine anonyme Autorin Geschichten von Frauen für
Das Beste daran: Viele der erotischen Kurzgeschichten gibt es auch zum Hören. Gelesen werden sie von der Autorin des Blogs oder der jeweiligen Gastautorin.
In den meisten Stories wird es sehr explizit – sie dienen vor allem der erwachsenen Unterhaltung. Doch dazwischen finden sich immer wieder Artikel, die neue Perspektiven vermitteln, aufklären und inspirieren. So etwa ein Gastbeitrag, in dem die Autorin davon erzählt, wie sie nach ihrer Vergewaltigung und Jahren von Panikattacken zum ersten Mal wieder lustvoll mit einem Mann schlafen kann. Oder ein weiterer Beitrag, der den
Ich merke meist richtig den Spaß, den die anonyme Bloggerin beim Vorlesen der Geschichten hat. Die Stimmung ist feministisch aufgeladen, selbstbewusst und freudig – komplett anders als die Atmosphäre, die ich auf klassischen Pornosites wahrnehme (zumindest aus der Perspektive der Frau). Und das schlechte Gewissen, das ich früher nach dem Konsum von erotischen Inhalten hatte, bleibt aus. Denn ich weiß: Hier werden keine Frauen herabgewürdigt, ausgenutzt oder einseitige und unrealistische Vorstellungen von Sexualität vermittelt.
Diese Regisseurin kommt ohne schlechtes Gewissen: Erika Lust
von Chris VielhausIch muss etwa 13 gewesen sein, als ich meinen ersten Porno gesehen habe (die
Trotzdem schaue ich seither regelmäßig Pornos. Obwohl ich nun einen sehr aufgeklärten Umgang mit dem Thema pflege, bin ich bei den heute üblichen Streamingdiensten immer wieder mit Filmen konfrontiert worden, die das Prädikat »Schmutz« tatsächlich verdienen. Bis ich von Erika Lust erfuhr, die inzwischen nicht nur Teile der Pornoindustrie, sondern auch meinen ganz persönlichen Umgang mit dem Thema grundlegend verändert hat – und den meiner Frau gleich mit.
Die schwedische Regisseurin, die eigentlich Erika Hallqvist heißt, setzt seit 2007 auf etwas »Revolutionäres«, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Nämlich Sex gleichberechtigt, konsensual und realitätsnah zu zeigen. Klischees und toxisch-männliches Machtgehabe? Fehlanzeige.
Heiß sind die Filme trotzdem – bzw. so erst wirklich. Deshalb tue ich mich schwer damit, diese Pornos als »feministisch« oder »female-friendly« zu bezeichnen, wie sie gemeinhin vermarket werden. Denn die Pornos unter der Regie von Erika Lust sind eine Ausnahme, obwohl sie der Standard sein sollten. Leider ist die Realität noch eine andere, was ein Grund mehr ist, für diese Kunst auch bare Münze zu zahlen, statt kostenfreien Schmutz auf Gratisplattformen zu konsumieren. Auf diese Weise muss ich mich auch nicht vor meiner Frau schämen – im Gegenteil. In unserer inzwischen 20 Jahre währenden Beziehung ist ein gemeinsamer Filmabend mit Erika Lust eine willkommene Bereicherung.
Zu kaufen gibt es die Werke von Erika Lust
Sexuelle Aufklärung auf Youtube: Der Kanal »Hannah Witton«
von Maria Stich
Auch ich gehöre zu der Gruppe, die mehr Zeit auf Youtube verbringt als mit linearem Fernsehen, Mediatheken und Co. Ein Kanal, der in den vergangenen Jahren zu einer wahren Schatztruhe für mich geworden ist, was das Wissen um Sexualität und Beziehungen angeht:
Sie bespricht in ihren Videos hilfreiche Bücher, entzaubert Mythen, teilt ihre eigenen Erfahrungen mit der Pille und dem Weg zur Schwangerschaft, klärt über Sex und Behinderung auf und vieles mehr. Witton selbst lebt nach einer Darmoperation mit einem künstlichen Darmausgang, einem sogenannten Stoma, und berichtet
Das Ganze macht sie nicht nur leicht verständlich, sondern auch humorvoll. Gleichzeitig ist sie feinfühlig und inklusiv, was verschiedene Lebensrealitäten, Identitäten und Sexualitäten betrifft. Als Zuschauerin hatte ich das Gefühl, mit ihr gemeinsam immer wieder Neues zu lernen. Und ihre Inhalte haben mir gezeigt: Es ist okay so, wie es bei mir ist.
2 Beispiele, die bei mir in den vergangenen Jahren zu Aha-Momenten geführt und weitergeholfen haben:
- Sexual currency (wörtlich übersetzt: sexuelle Währung) ist in Beziehungen mindestens genauso wichtig wie der Sex selbst: Der Begriff beschreibt alle romantischen oder sexuellen Momente außer den Sex selbst, also das Flirten, die Feststellung, dass der Hintern des Partners in der Jeans gut aussieht, kleine Berührungen.
- Sehr spannend fand ich auch die Unterscheidungen zwischen Anziehung, Lust auf Sex und Erregung. Sie sind nicht das gleiche und sie zu kennen, kann einem helfen, die eigenen Bedürfnisse besser zu verstehen. Hier, höre selbst, wie es Witton erklärt. Zwar sind ihre Inhalte auf Englisch, doch mit automatisch generierten Untertiteln lassen sie sich auch auf Deutsch verfolgen:
Diese Frauen legen für dich Hand an: Oh My God Yes
von Maryline BoudotSex bedeutet Penetration und er ist vorbei, wenn der Mann einen Orgasmus hat. Das war lange Zeit meine Vorstellung von Sex. Kein Wunder; bin doch auch ich in einer patriarchalen Gesellschaft aufgewachsen, in der die Lust des Mannes im Vordergrund steht
In meinen 20ern habe ich angefangen, feministische Lektüren zu lesen und mich neu mit dem Thema Sex zu befassen. Ich erkannte meine gesellschaftlich indoktrinierten Glaubenssätze und verstand: Sex ist vielschichtig, beginnt nicht erst mit der Penetration und es ist nicht meine Aufgabe, die Gelüste eines Mannes zu befriedigen, sondern es geht darum, dass wir zusammen Spaß haben und unsere Vorlieben gemeinsam erkunden.
Doch woher weiß ich, was mir gefällt? Und wie erkläre ich das meinem Partner oder meiner Partnerin am besten?
Um diese Fragen zu beantworten, kann dir die Website
Ich mach das gerne, dass ich mich auf den Schoß der anderen Person setze, ihre Hand auf meine Klit und meine Hand dann auf ihre lege, sodass sie meinen Bewegungen folgen kann.
Ich fand es sehr spannend, zu erfahren, welche unterschiedlichen Vorlieben Frauen haben. Viele Methoden, die sie zum Höhepunkt bringen, kannte ich vorher gar nicht: Zum Beispiel die Klopftechnik, bei der man nicht über die Klitoris streicht, sondern mit einem Finger auf sie tippt, während man Druck und Geschwindigkeit variiert.
Man kann die Videos allein schauen und selbst herausfinden, was einem gefällt. Oder man schaut sie gemeinsam an und probiert die unterschiedlichen Techniken zusammen aus. Egal wie du es machst, Hauptsache, du hast Spaß und machst nur Dinge, die dir selbst auch gefallen. Ganz nach dem Motto: alles kann, nichts muss!
Es gibt verschiedene Zugänge zu den Lerninhalten, das Einstiegsmodell kostet einmalig 45 Euro.
Eine Audioreise zu mehr Selbstliebe: Femtasy
von Désiree Schneider»Hey, hast du Lust, das Meer zu schmecken? … Du weißt, wie heiß du aussiehst, oder?«, säuselt mir eine Stimme in die Kopfhörer. Im Hintergrund höre ich den Wind, das Meeresrauschen und Möwen. Ein Schaudern durchzieht meinen Körper – aber keines der schönen Art. Irgendwie finde ich den Dirty Talk, der folgt, unangenehm, empfinde ihn als peinlich. Ich nehme die Kopfhörer ab und suche noch etwas weiter durch das Angebot der
Die Palette ist breit, es gibt kurze Audios, die in heißen Szenen und Begegnungen gleich zur Sache kommen, oder länger erzählte Geschichten, die einen wie Audiobücher in ganze Gefühls- und Geschichtswelten eintauchen lassen. Von dem spontanen Treffen mit dem Nachbarn, der Fremden nach der Party und heimlichen Liebhabern bis hin zu Festival-Szenarien, sinnlichen Liebschaften am Strand oder im Lavendelfeld ist alles dabei. Auch alle möglichen
Beim Durchhören bin ich erstaunt, wie schön die Audioinhalte gestaltet sind. Die Geschichten sind komplett körperneutral, die Beschreibungen der Menschen spielen keine Rolle. Vielmehr wird die Atmosphäre über Geräusche und die Wortwahl eingefangen. Doch selbst bei Audiogeschichten, in denen es gewollt ruppiger und rauer zur Sache geht, bleibt der Ton respektvoll. Erzählt werden die Geschichten von männlichen, weiblichen und nicht binären Stimmen – auf Deutsch, Englisch und Französisch.
Nach einiger Zeit finde ich auch Stimmen und Szenarien, die mich ansprechen und nicht mehr fremdschämen lassen. Schön finde ich auch, dass es nicht in jedem Audio um penetrativen Sex geht. Es gibt alle möglichen Geschlechtskonstellationen, manchmal erzählen Paare oder mehrere Menschen ein Szenario, in anderen bist du allein mit dir selbst. In weiteren Audios geht es auch gar nicht um Erotik, sondern um sanfte Affirmationen dir selbst gegenüber.
Am Ende gefällt mir das Angebot von Femtasy um einiges besser als erwartet. Hier sollte jede und jeder, die oder der etwas mit Audioinhalten anfangen und sich mit ihnen fallen lassen kann, etwas finden, um sich und die eigenen Leidenschaften auszuprobieren.
Die ersten 2 Wochen lässt sich Femtasy kostenlos testen, danach kostet es 7,92 Euro pro Monat.
Redaktionelle Bearbeitung: Désiree Schneider
Titelbild: Unsplash + | Roberta Sant'Anna - copyright