Wie alte Gasbohrungen zur Energiewende beitragen
Während Strom immer öfter aus erneuerbaren Energiequellen kommt, hinkt die Wärmeerzeugung für Privathaushalte und Industrie deutlich hinterher. Ein neuer Ansatz könnte jetzt dabei helfen, das zu ändern.
Auch wenn es viele Kritiker:innen nicht anerkennen: Die Energiewende in Deutschland schreitet voran. Besonders in Sachen Stromerzeugung steigt der Anteil aus Erneuerbaren stetig: 2023 kam erstmals mehr als die Hälfte der Energie (51,8%) aus Wind, Sonne und Co.
Die Forscher:innen um Nora Koltzer untersuchten, ob stillgelegte Erdgasbohrungen zur Erdwärmegewinnung umfunktioniert werden könnten. »Es ist faszinierend, fossile Infrastrukturen zu grünen Energiequellen zu machen«, sagt Koltzer. Besonders viel Potenzial sieht sie in Norddeutschland, wo ungenutzte Erdgasbohrungen auf eine neue Verwendung warten.
Technisch betrachtet gibt es jedoch Unterschiede zwischen Gas- und Geothermiebohrungen. Während Gas eine hohe Energiedichte hat und weite Strecken transportiert werden kann, funktioniert Erdwärme anders: Die Wärme kann nur im nahen Umfeld genutzt werden, da beim Transport über größere Entfernungen Energie verloren geht.
Die Studie untersuchte 2 ehemalige Erdgasbohrungen in Niedersachsen. Diese liegen in Tiefen von 2,8 und 4,3 Kilometern, wo Temperaturen von bis zu 139 Grad Celsius herrschen. Die Forschenden simulierten die Nutzung der Bohrungen mithilfe spezieller Tiefensonden, die über eine Laufzeit von 30 Jahren Wärme entziehen könnten. Je nach Tiefe und Temperatur könnten die Bohrungen im Schnitt zwischen 200 und 400 Kilowatt (kW) Wärmeleistung erbringen – unter optimalen Bedingungen sogar bis zu 600 kW.
Laut der Forschenden sind die Kosten dafür mit denen anderer erneuerbarer Energiequellen wie Biomasse vergleichbar und – abhängig von der Entfernung zwischen Quelle und Verbraucher – auch mit den aktuellen Erdgaspreisen konkurrenzfähig. Besonders entscheidend dafür sei die Entfernung zwischen der Wärmequelle und den Verbraucher:innen. Lägen diese innerhalb eines Radius von 3–5 Kilometern, könnten die Transportkosten niedrig gehalten werden.
So könnten alte Gas- und Ölbohrungen eine wertvolle Wärmequelle für Fernwärmenetze oder große Abnehmer wie Krankenhäuser und Industriebetriebe werden. Koltzer rät Kommunen, diese Möglichkeit in ihre Wärmeplanung einzubeziehen – insbesondere im Norden Deutschlands.
Auf diese Weise könnte diese Form der fossilen Infrastruktur letztlich noch ein nachhaltiges Ende finden.
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