Wie wir das Verbrechen besiegen
Unser Autor hat viele Jahre als Gefängnisdirektor gearbeitet. Dadurch hat er die Schwächen des Strafvollzugs aus erster Hand erfahren. Hier stellt er Ideen dafür vor, wie es besser geht.
Verbrechen und Strafe, so scheint es, gehören untrennbar zusammen. Kriminelle zu bestrafen, erscheint uns gerecht. Und das probate Mittel dafür, Kriminalität zu bekämpfen.
Eine Straftat bricht mit der Norm und schädigt oft andere Menschen. In unserer gegenwärtigen Rechtsordnung wird dem Verursacher dafür ebenfalls ein Übel zugefügt. Er wird nun seinerseits in irgendeiner Form verletzt, geschwächt oder geschädigt. Seine Schuld wird durch Strafe vergolten.
Bei einem genauen Blick zeigt sich aber: Strafen sind heute in den meisten Fällen nicht sinnvoll. Sie tragen nicht viel dazu bei, dass die Zahl der Verbrechen sinkt. Dabei liegen viele Ideen dafür bereit, wie wir stattdessen eine gerechtere und sicherere Gesellschaft schaffen.
Bevor wir uns diesen Ideen widmen, werfen wir aber zuerst einen Blick darauf, woher unser Bedürfnis nach Vergeltung überhaupt kommt – denn es ist tief in der menschlichen Evolution verwurzelt.
Kooperation war für die ersten Menschen überlebenswichtig
Unsere Spezies, der Homo sapiens, die einzige noch verbliebene Menschenart, entstand vor etwa 300.000 Jahren. Biologisch unterscheiden wir uns kaum von den Menschen vor Zehntausenden von Jahren. Unsere Instinkte und Bedürfnisse sind noch weitgehend identisch mit denen der ersten »echten« Menschen (nach dem Fundort der Fossilien auch
Titelbild: Thomas Galli / Manuel Nieberle - copyright