Die gute Nachricht an Trumps Zöllen
Mit seinen Zöllen stürzt der US-Präsident die Weltwirtschaft völlig grundlos ins Chaos. Genau das wird es ihm deutlich schwerer machen, die USA dauerhaft in ein autoritäres Regime umzubauen.
Obwohl die Geschichte eine andere Sprache spricht,
Im Windschatten einer florierenden Wirtschaft wäre es deutlich einfacher für Trump gewesen, seine Macht weiter auszubauen. Seine Vergehen am Rechtsstaat voranzutreiben, Gerichte zu schwächen, staatliche Institutionen mit seinen Gefolgsleuten zu unterwandern und die Persönlichkeitsrechte durch illegale Abschiebungen einzuschränken.
Solche politischen »Feinheiten« erreichen die entscheidende Gruppe der Wechselwähler:innen kaum – jene paar Prozentpunkte, die am Ende über den Wahlausgang in den USA entscheiden. Sie verfolgen das politische Geschehen meist nur am Rande.
Wo diese Wählerschicht, die mal blau und mal rot wählt, genauer hinsieht, sind die Preisschilder in Onlineshops und Supermärkten.
Du willst dein Grundlagenwissen über die Zollpläne Trumps noch mal auffrischen? Dann hier entlang:
Eine stabile, starke USA ist nicht mehr genug
Warum hat Trump diesen Weg gewählt?
Wenn man sich den bisherigen Verlauf seiner zweiten Amtszeit ansieht und zuhört, was er sagt, wird klar: Trump will mehr sein als ein »normaler« Präsident. Er will die USA im geografischen Sinne wachsen sehen. Er will mit Grönland, Panama oder auch dem Gazastreifen ein größeres Territorium hinterlassen, als er vorgefunden hat. Das imperialistische Weltbild von Wladimir Putin lässt grüßen.
Was auch klar wird: Eine der wenigen Konstanten in Trumps Leben ist seine Überzeugung, dass Zölle ein mächtiges und sinnvolles Werkzeug sind und dass das US-amerikanische
Ein Land, das den USA mehr Güter verkauft, als es den USA abnimmt, muss in Trumps Lesart also bösartig sein.

Am Ende muss man auch davon ausgehen, dass sich Trump in der von ihm ausgelösten weltweiten Aufregung gerade suhlt. Er bekommt alle Aufmerksamkeit, sieht und spürt seine Macht – und geht nach seinem vollendenten Chaoswerk demonstrativ ein paar Tage golfen.
Trumps Zollpolitik: Ein politischer Schuss ins eigene Knie
Während Trump daran festhält, dass der Zoll-Blitzkrieg die Welt dazu zwingen werde, die USA gerechter zu behandeln, sind sich Ökonom:innen einig: Der Schuss wird für die USA nach hinten losgehen. Dass Trumps Zollpolitik ihr Ziel nicht erreichen kann, liegt auch daran, dass Trump und seine Vasallen gleich mehrere, sich widersprechende Ziele definiert haben, die sie mit den Zöllen erreichen wollen:
- Die Zölle sollen als Verhandlungsmasse dienen, um andere Länder zum Abbau ihrer eigenen Zölle und Handelsbarrieren gegenüber US-Importen zu bewegen. Also letztlich den weltweiten Freihandel weiter voranbringen.
Moment mal: Wie sollen die Zölle dann Billionen US-Dollar an Einnahmen generieren, wenn sie demnächst in Verhandlungen vielleicht schon wieder gestrichen werden? Hinzu kommt: In vielen Ländern, die Trump nun mit Zöllen belegt hat, gibt es überhaupt keine besonders großen Handelsbarrieren, die diese abbauen könnten. Die Schweiz etwa hat laut dem Magazin The Atlantic jüngst alle Handelsbarrieren gegenüber US-Gütern abgebaut – und ihre Güter wurden nun im Gegenzug mit einem 32%-Zoll überzogen. - Die Zölle sollen laut Trump industrielle Produktion und damit gute Mittelklassejobs zurück in die USA bringen. Um die hohen Zölle zu umgehen und freien Zugang zum amerikanischen Markt zu erhalten, würden Unternehmen künftig direkt in den USA produzieren, um die Importzölle zu umgehen, so Trumps Ratio.
Keine ernst zu nehmenden Ökonom:innen glauben, dass das funktionieren wird. Die Unsicherheit infolge der Zölle wird kaum Investor:innen dazu bringen, nun große Summen für ein derartiges Risiko in die Hand zu nehmen. Wer weiß schon, wie die Sache in 6 Monaten oder 2 Jahren aussieht? Fallen die Zölle dann wieder, wäre eine aus Mexiko nach Wisconsin verlegte Autofabrik ein riesiger Nachteil, weil die hier produzierten Autos deutlich teurer wären.
Außerdem stellt sich die Frage: Wer soll die ganzen Jobs eigentlich übernehmen, wenn Trump gleichzeitig Hunderttausende Immigrant:innen ohne offiziellen Status aus dem Land treibt?
Wer hat sich das nur ausgedacht?
Wie Ökonom Krugman hervorhebt, gibt es keine Lehrbuchformel, um Zölle »richtig« zu berechnen. Sie an den Handelsbarrieren der betroffenen Länder zu orientieren, wie es aus dem Weißen Haus zu hören war, hätte zumindest eine innere Logik.
By the numbers, the tariffs are less an expression of economic theory and more a Dadaist art piece about the meaninglessness of expertise. – Schaut man auf die Zahlen, sind die Zölle weniger ein Ausdruck ökonomischer Theorie und mehr ein dadaistisches Kunstwerk über die Bedeutungslosigkeit von Expertise.
Dass Trump auf diese Art und Weise seine Politik macht, hat auch mit einem Phänomen zu tun, unter dem auch andere autokratische Herrscher »leiden«: Er hat keine eigenständigen Persönlichkeiten mehr in seinem Umfeld, die ihm kritisches Feedback geben. Stattdessen umschwirren ihn Loyalisten und Jasager, die den Zorn des Bosses fürchten. So ergeht es Putin schon lange.
Ernsthafte Ökonom:innen, die Trump die Widersprüchlichkeit seiner Handels- und Wirtschaftstheorie entgegengehalten haben, gibt es in seinem engeren Kreis keine mehr. Wozu auch? Seit dem knapp gescheiterten Attentat auf Trump im vergangenen Jahr glauben nicht nur viele seiner Anhänger daran, er sei von Gott auserkoren, die USA zu retten.
Weshalb Trump die Zölle politisch auf die Füße fallen dürften
Seine Hardcore-MAGA-Fans würden Trump inzwischen wohl in den Abgrund folgen. Doch Trumps politisches Schicksal liegt in den Händen der Wechselwähler. Und für die gilt das alte Mantra: It’s the economy, stupid. Zu Deutsch: Es kommt auf die Wirtschaft an, Dummerchen.
Trump wurde gewählt, weil der entscheidende Teil der US-Wählerschaft, die Swing-Voters, ihm eher zugetraut hat, gute Impulse für die Wirtschaft zu setzen, als den Demokraten. Wenn die vergangenen Wochen bei diesen Wähler:innen in der Mitte des politischen Spektrums noch nicht die Alarmglocken geläutet haben, dann wird ein heutiger Blick auf die Börsenkurse genau das tun.
Dass die Stimmung in der Mitte gerade gegen Trump dreht, war bereits Anfang April zu sehen. Wenige Tage vor Verkündung seiner Zölle fand im Bundesstaat Wisconsin die Wahl eines neuen Mitglieds des Obersten Gerichtshofs des Staates statt.
So galt die Wahl als klarster Gradmesser für die politische Stimmung im Land in der ersten Hälfte des Jahres 2025. Bei den Wahlen im November hatte Trump den Bundesstaat noch knapp für sich entscheiden können.
Fragten viele Kommentatoren vor Wochen noch, wo der Widerstand gegen Trump, der Protest auf der Straße bleibe, scheint dieser sich nun langsam zu formen.
Und sogar FOX News, der Haus-und-Hof-Sender Trumps, sonst nie darum verlegen, auch seinen bizarrsten Ideen zu folgen, meldet leise Zweifel bei explodierenden Preisen an
Der Rest der freien Welt hat inzwischen verstanden, dass Donald Trump darauf abzielt, die US-Demokratie in eine Autokratie umzubauen.
Noch bedrohlicher und gefährlicher als ohnehin wäre Trump allerdings, wenn er dabei wirtschaftlich erfolgreich wäre. Wenn die Menschen seine Amtszeit mit Frieden, Wohlstand und Ruhe assoziierten. Wie in China, Saudi-Arabien und in der Vergangenheit auch in Russland beginnen die Menschen dann, an den Deal zu glauben: Ihr gebt mir eure Freiheiten, ich gebe euch ein bequemes Leben in relativem Wohlstand.
Im Falle Trumps sehen die Leute schon jetzt: Trump löst seine Seite dieses Deals nicht ein. Er ist kein Teufel, mit dem sich ein Pakt lohnen würde, sondern ein Scharlatan. So erwächst aus dem Chaos, das Trump jetzt gesät hat, auch ein Hoffnungsschimmer: Eine am Boden liegende US-Wirtschaft wird es auch ihm deutlich schwerer machen, die US-Demokratie endgültig zu zerstören.
Mit Illustrationen von Claudia Wieczorek für Perspective Daily