So drehen wir Kriegsherren den Geldhahn ab
Kriege sind teuer, aber Geldquellen gibt es viele. Das können wir dagegen tun.
Um einen Krieg zu führen, braucht man ein paar Dinge. Kämpfer zum Beispiel, die bereit sind, für einen zu sterben und zu morden.
Wenn die USA im Irak einmarschieren oder Deutschland Soldaten nach Mali schickt, dann kommt das Geld dafür meist aus dem Steuersäckel oder die Regierung nimmt einen Kredit auf. Für Rebellengruppen und manch ein
Warum ist Geld so entscheidend? Weil alles an einem Krieg verdammt teuer ist. Ein
Es gibt 3 Finanzierungswege, die sich für Rebellen, Freiheitskämpfer und Schreckensherrscher
Die Herrschaft der Diebe
Gerade wenn man aus einer Rebellion auch finanziellen Profit schlagen möchte, stellt man sich vor ein Dilemma: Unterstützung und politische Legitimität ist nur schwer zu bekommen, wenn man sich ständig selbst bereichert. Für manch einen Rebellenführer oder General ohne Gewissen ist das aber kein Problem, denn sie kontrollieren Gebiete, auf denen natürliche Ressourcen vorkommen, die sich auf dem Weltmarkt leicht zu Geld machen lassen. Und manchmal ist auch die einheimische Bevölkerung eine lohnende »Ressource«, die man ausrauben oder als
Der Schlüssel ist die direkte Kontrolle über die Finanzquelle. Das ist möglich, wenn Bodenschätze wie Erdöl, Gold oder Diamanten sehr konzentriert vorkommen und sich ohne großes technisches Know-how und politische Hindernisse fördern und
In Sierra Leone konnte die Revolutionary United Front (RUF) ihren 11-jährigen Kampf zwischen 1991 und 2002 vor allem durch Diamanten finanzieren. Obwohl die Gruppe systematisch Zivilisten ermordete sowie verstümmelte und in keiner gesellschaftlichen Gruppe Sierra Leones Rückhalt genoss, blieb sie so kampffähig.
Die União Nacional para a Independência Total de Angola (UNITA) in Angola ging wiederum 1966 aus dem Unabhängigkeitskrieg gegen die portugiesische Kolonialherrschaft hervor. Ihren bewaffneten Kampf führte sie auch im seit 1975 unabhängigen Angola fort und stellte ihn erst 2002 ein. Besonders in den 90er-Jahren waren auch für UNITA die Einnahmen aus dem Diamantenschmuggel eine entscheidende Finanzierungsquelle.
Im Südsudan ist das herrschende Regime wiederum auf den Export des heimischen Erdöls angewiesen, um seine Herrschaftsansprüche gegen die bewaffnete Opposition durchzusetzen. Seit 2013 wird hier komplett ohne Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung gekämpft.
Was wir dagegen tun können: Gerade weil diese Finanzierungsstrategie nicht auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen ist, macht sie die bewaffneten Gruppen auch verwundbar. In Sierra Leone und Angola konnten die Regierungen durch den Einsatz südafrikanischer Söldner die RUF und UNITA kurzfristig aus den Diamantengebieten verdrängen. Die beiden Gruppen wurden dadurch
In anderen Fällen, etwa im Südsudan, können auch Sanktionen das gewünschte Ziel erreichen. Der Profit, den die Regierungspolitiker und die Armeeführung aus dem Erdöl beziehen, ist einer der Hauptgründe für
Sugar Daddy für Stellvertreterkriege
In manchen Fällen können sich die Kriegstreiber bei ihrer Finanzierung voll und ganz auf externe Geldgeber verlassen. Gerade Bürgerkriege bieten für benachbarte Staaten und Supermächte die Möglichkeit, die Innenpolitik eines Landes zu beeinflussen, ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen. Ausländische Hilfe kann von Bargeld über Waffenlieferungen bis zur Beherbergung von Trainingslagern und Rückzugsorten reichen.
Dass eine so unterstützte bewaffnete Gruppe
Die Blütezeit der Proxy-Kriege war der Kalte Krieg, in dem sowohl die USA als auch die Sowjetunion in Dutzenden Konflikten ihre favorisierte Seite mit Geld und Waffen unterstützten. Dass mit dem Fall des Eisernen Vorhangs auch viele Bürgerkriege
Was wir dagegen tun können: Ein gutes Beispiel, wie man in solchen Fällen durch Diplomatie weiterkommt, bietet die M23-Miliz im Ostkongo, die unter verschiedenen Namen seit 1998
Weil gerade Nachbarländer Proxy-Gruppen auch Rückzugsräume geben können, muss eine Konfliktlösung in solchen Fällen praktisch immer auf diplomatischem Wege erfolgen. Und weil kein Land aus Jux und Tollerei einfach Geld für eine bewaffnete Rebellion ausgibt, bietet sich auch meist Raum für eine solche Lösung. Im Falle Ruandas war neben der Drohung, Entwicklungs- und Militärhilfe einzustellen, auch das Versprechen entscheidend, dass eine besser ausgestattete UN-Friedenstruppe Übergriffe aus dem Kongo in Ruanda unterbinden würde. Für Ruanda war es also nicht mehr wichtig, dass Rebellen die Landesgrenzen schützten.
Mit effizienter Bürokratie zum Sieg
Manchmal sind die Rebellen auch die bessere Staatsmacht. Nicht weil sie weniger brutal wären als andere bewaffnete Gruppen, sondern weil sie es schaffen, eine effektive Bürokratie aufzubauen, die nicht nur ihren Kampf über Steuern finanziert, sondern den Bewohnern der kontrollierten Gebiete im Gegenzug auch Sicherheit und eine effektive Verwaltung bietet.
Die radikal-islamistische Organisation Al Shabab in Somalia wird zum Beispiel zu Recht als Terrorgruppe bezeichnet und ist für viele grausame Verbrechen sowohl in Somalia als auch in benachbarten Ländern verantwortlich. Gleichzeitig konnte sie der Bevölkerung über viele Jahre hinweg aber auch eine überzeugende Alternative zu den ebenso brutalen, dafür aber viel korrupteren und willkürlich handelnden Kriegsherren bieten, die Somalia seit Beginn der 90er-Jahre kontrollierten. Im Gegenzug zu einem mittelalterlichen, dafür aber verlässlichen Rechts- und Verwaltungssystem erhebt Al Shabab Steuern auf Einkommen und Handel. Diese Einnahmen decken einen Großteil der Kosten der Kriegsführung für die Organisation.
Wie sehr in solchen Situationen die Grenzen zwischen Rebellen und Regierungen verschwimmen, zeigen auch andere Gruppen, etwa die Hamas im Gazastreifen oder die kurdischen Milizen in Syrien und dem Irak.
Was wir dagegen tun können: Mit militärischen Mitteln wird man einer so tief verwurzelten bewaffneten Gruppe kaum Herr. Sowohl Al Shabab als auch Hamas werden seit Jahren von technisch stark überlegenen Armeen bekämpft, kontrollieren aber weiterhin bedeutende Gebiete in ihren jeweiligen Ländern.
Ein besserer Ansatzpunkt ist der manchmal explizite, manchmal unausgesprochene
Aktuell lässt sich das gut am Beispiel der Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (FARC) in Kolumbien beobachten, die im Juni nach 53 Jahren Kampf ihre Waffen aufgab. Die Demobilisierung kam nach 4 Jahren Verhandlung über eine Umwandlung der Gruppe in eine politische Partei, Reformen zur ländlichen Entwicklung und eine Liberalisierung der Drogenpolitik Kolumbiens.
Willkommen in der komplexen Realität
Natürlich entspricht keine Konfliktpartei in einem Bürgerkrieg, auch nicht die hier genannten Beispiele, einem der 3 Idealtypen. Der sogenannte Islamische Staat hat von allem etwas. Er bezieht direktes Einkommen aus Banküberfällen und dem Handel mit historischen Artefakten, finanziert sich aber gleichzeitig auch über Einkommens- und Umsatzsteuern sowie Abgaben auf den Handel mit Erdöl und Drogen und profitierte von direkter und indirekter Hilfe durch externe Geldgeber,
Trotzdem zeigen die aktuellen und historischen Beispiele, dass die Geldströme, die Bürgerkriege am Laufen halten, auch positiv genutzt werden können. Wo militärische Interventionen das menschliche Leid oft noch erhöhen, bietet der Angriff auf die Finanzen von Kriegsparteien die Möglichkeit, mit friedlichen Mitteln Einfluss zu nehmen und Alternativen zum bewaffneten Kampf anzubieten.
Das funktioniert aber nur, wenn man die Finanzstrukturen einer Kriegspartei im Detail versteht und weiß, wie Geld, Gewalt und Politik zusammenwirken. Die entsprechenden Recherchen sind aufwendig und, wie der gewaltsame Tod von 2 UN-Experten in der Demokratischen Republik Kongo im März 2017 zeigt, manchmal
Umso bedrohlicher sind darum Pläne der US-Regierung, das Budget der UN für Konfliktbewältigung
Langfristig wird das eine weniger gut informierte und weniger effektive Krisenpolitik zur Folge haben, die viele Menschenleben kosten wird. Für Deutschland wäre es eine Möglichkeit, einen konkreten Beitrag für eine friedlichere Welt zu leisten. Wissen ist Macht, auch wenn es um die Beendigung von Bürgerkriegen geht.
Titelbild: flickr / hdptcar - CC BY-SA 3.0