Bollwerk gegen das Vergessen: »Wenn wir den Ort nicht nutzen, wer dann?«
Früher Zwangsarbeitslager, später verlassene Ruine – heute steht hier eines der letzten Bollwerke gegen Rechtsradikalismus in der Region.
Der Linienbus hält direkt gegenüber der Straße Am Bahnhof Eisenspalterei. Obwohl es noch früh am Abend ist, liegt der Weg bereits in der nahezu vollständigen Dunkelheit des Dezembers. In der Straßeneinfahrt flackert auf einem Holz-Aufsteller ein schwacher LED-Pfeil – ein erster Hinweis auf das, was später stattfinden wird.
Der Wind trägt leise Musik durch die Nacht. Nach einigen Metern wird eine schwache Lichterkette sichtbar, die an einem schweren Metalltor weht. Daran ein sternförmiges Blechschild, die Lettern »Exil« ausgestanzt. Dahinter stehen zwei verklinkerte Baracken. Zwischen ihnen führt ein Weg in den großen Hinterhof. Menschen wärmen sich an einem Lagerfeuer, Flaschen stoßen leise aneinander, Gespräche füllen den Hof. Sie sagen:
Wenn wir den Ort nicht übernommen hätten, gäbe es ihn heute nicht mehr. Oder er wäre eine tote Gedenkstätte, die niemand besucht.
Jeder Gig beginnt mit Geschichte
Drei Ska-Punk-Bands stehen heute auf dem Line-up. Während der Soundcheck läuft, dreht Lars, Booker und Tontechniker des Exils, an einem Mischpult den Bass lauter. Die tiefen Frequenzen vibrieren in dem langen, schwarz gestrichenen Raum mit den niedrigen Decken. An den Wänden hängen Hunderte Poster von Veranstaltungen aus den letzten 25 Jahren – Punk, Metal, Rock, Reggae. Im hinteren Teil stehen große Sofas und ein Tischkicker. Besonders präsent sind die Flaggen mit »Punk is not dead«, »Nazis raus (endlich)« und eine geballte Faust, darüber »Kein Bock auf Nazis«.
Titelbild: Andrzej Wisniewski - copyright