FCKNZS! Wie du vor deiner Haustür Paroli bietest
Nach diesem Text siehst du Sticker an Laternenmasten, Verteilerkästen und öffentlichen WCs mit anderen Augen.
Es ist ein normaler Tag an der Uni, und
Darauf ist F. vorbereitet. Sie zückt ihren Geldbeutel, kramt ein quadratisches Stück Papier mit der Aufschrift »FCKNZS« hervor, pult die Rückseite ab – und klebt es über das andere Zettelchen.
Eine Vorlesung später kehrt sie zurück zum Ort des Geschehens. Und siehe: Da pappt schon ein neuer Sticker, wieder dieses »FCKGRN«. Diesmal ist ihr Aufklebervorrat erschöpft, sie begnügt sich damit, das Ding abzureißen.
Tags darauf – das Reinigungspersonal war wohl fleißig – sind alle Spuren des Geschehens beseitigt.
Eine belanglose Anekdote? Keineswegs. Sobald man die Bedeutung der geklebten Botschaften kennt, entpuppt sich das Geschehen als waschechte politische Auseinandersetzung – als
Hannah Awcock

Hannah Awcock hat an der Royal Holloway University of London über Protestkulturen promoviert. Diese Expertise verknüpfte sie später mit ihrem – wie sie es selbst bezeichnet – »etwas seltsamen Hobby«: Seit 2014 hat Hannah eine Datenbank mit über 6.000 Fotos von Stickern aufgebaut. Auf dieser Basis untersucht sie die Rolle von Aufklebern als Protestmedium. Neben mehreren veröffentlichten Fachaufsätzen bloggt sie auf Turbulent Isles über Protest und Widerstand im öffentlichen Raum.
Bildquelle: Hannah AwcockMal rund, mal rechteckig oder quadratisch, und meist nicht einmal 10 Zentimeter breit: Sticker sind im öffentlichen Raum, besonders in Szenevierteln, Unigegenden, Toiletten von Kneipen und rund um Bahnhöfe,
Trotzdem laufen wir meist an den bunten Sammelsurien vorbei,
»Aufkleber sind eine demokratische Methode, sich im öffentlichen Raum zu engagieren und der Stadt seinen Stempel aufzudrücken«, sagt die Geografin Hannah Awcock, die seit über einem Jahrzehnt zu Protestkultur forscht. »Es geht um den Zugang zum öffentlichen Raum und die sonst sehr begrenzten Möglichkeiten, diesen mitzugestalten.«
»Demokratische Methode«. »Zugang zum öffentlichen Raum«. Das sind große Worte zu kleinen Zetteln. Nicht überzeugt? Zählst auch du zu den zahlreichen Pendler:innen, Spaziergänger:innen und Shopper:innen, die Stickern wenig Beachtung oder Wohlwollen schenken?
Dann ist dieser Artikel genau der richtige für dich: Wer sind diese Menschen, die ihre Botschaften in Zettelform hinterlassen? Was sind ihre Ziele? Haben Sticker tatsächlich Potenzial zum demokratischen Medium? Und was bedeuten bitte schön die Botschaften in F.s Stickerkrieg?
Titelbild: Claudio Schwarz - CC0 1.0