Wetten, dass du auch keine Ahnung von Menstruation hast?
Wenn wir offen über unsere Periode sprechen, können wir Herzinfarkte verhindern, Entwicklungsländer nach vorn bringen und Müllberge vermeiden.
»Sauber und diskret« – so soll die Regel in der Regel ablaufen. In den
Wir haben kein blaues Blut!
Eines hat sich allerdings nicht geändert: kein Blut in Sicht. Zur Veranschaulichung der weiblichen Hygiene tropft stattdessen
In diesem Text wollen wir die Werbetrommel für einen offeneren Umgang mit der Menstruation rühren – egal ob im heimischen Wohnzimmer oder am Konferenztisch mit den Kollegen.
Menstruation für Unbefleckte: Biologie
Du weißt schon, wann und wie lange eine Schwangerschaft möglich ist? Dann kannst du einfach weiterlesen – ansonsten
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Ich kenne mich schon zu 100% mit der Biologie der Menstruation aus.
Zurück zur Kurz-Version!
Auch wenn es so scheint, als ob bei Frauen »einmal im Monat« etwas Besonderes passiert, ist die Menstruation tatsächlich nur der sichtbare Teil eines ständigen Kreislaufes – des weiblichen Zyklus. Frauen bluten also nicht nur einfach »einmal im Monat«, sondern leben eine endlose Achterbahnfahrt, die
Sinn und Zweck dieses Kreislaufes ist immerhin die menschliche Fortpflanzung. Generell wird der Zyklus in 2 Phasen unterteilt. Die erste Zyklusphase ist eigentlich Ende und Anfang zugleich: Anfang, weil sich
Die fertige Eizelle ist nur 12–24 Stunden befruchtungsfähig.
In der zweiten Phase beginnt die fruchtbare Zeit – nur jetzt kann es zu einer Schwangerschaft kommen. Dabei spielen 2 Variablen eine Rolle.
Egal ob befruchtet oder nicht, setzt die Eizelle ihren Weg durch den Eileiter Richtung Gebärmutterhöhle weiter fort,
- Unterscheidet sich Menstruationsblut von »normalem« Blut?
- Warum haben einige Frauen mehr Schmerzen als andere, während sie ihre Tage haben?
Auch hier gilt: Jeder Mensch – und jede Frau – ist anders. Während einige Frauen gar keine Schmerzen haben, klagen andere schon bis zu 2 Wochen vor dem ersten Blutungstag über Rücken-, Kopf- und Bauchschmerzen,
Weil diese Beschwerden 4–14 Tage vor der Menstruation auftauchen und je nach Frau und Lebenslage sehr unterschiedlich sind, werden sie gebündelt als »Prämenstruelles Syndrom« (PMS) bezeichnet.
Wenn du weißt, was während der Periode im weiblichen Körper passiert, ist dir klar: Die Menstruation ist keine Krankheit. Trotzdem gibt es eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Frauen, die monatlich mit Schmerzen, Krämpfen oder Verdauungsbeschwerden an ihrem Büro-Schreibtisch sitzen, im Labor stehen oder am Fließband arbeiten.
Neues vom Menstruationsministerium: Politik
Kurz vor dem Mittagessen im Büro merkst du, dass du deine Tage bekommen hast. Mist – kein Tampon dabei. Hast du schon einmal am Tisch vor allen Kollegen um einen Tampon gebeten? Das macht man mit gedämpfter Stimme, wenn nur Frauen dabei sind.
Einige asiatische Länder haben die naheliegende Lösung im Arbeitsrecht festgeschrieben: Unter anderem in Südkorea, Indonesien und Japan haben Frauen ein Recht auf 1–2 Tage
Ist das sinnvoll? Die Meinungen dazu gehen auseinander. Stützen freie Tage nur für Frauen nicht das
Das Tabu manifestiert sich auch in der Wortwahl: »Menstruationsurlaub« per Krankenschein? Wer sich mit Krämpfen windet, hat keinen Urlaub. Symptome einer Krankheit sind es aber auch nicht. Warum sprechen wir nicht über Menstruation als eigene Kategorie?
Auch in einem ganz anderen Bereich zeigt sich, wie schwer es fällt, Menstruation einzuordnen: bei den Steuersätzen für Hygieneprodukte. In Deutschland gilt für Binden und Tampons ein
In den vergangenen Jahren gründeten sich weltweit Initiativen zur Abschaffung der »Tampon Tax«. Ihre Forderung: Politiker sollen die Notwendigkeit von Hygieneprodukten für Frauen anerkennen – und als Konsequenz die Steuersätze senken. Erfolgreich waren Aktivistinnen schon in
Wenn wir schon bei Tampons sind – lasst uns doch gleich darüber reden, ob die
Ein Weiblein steht im Walde: Umwelt
Auf jeden Fall produzieren wir mit ihnen beachtliche
Der komplette ökologische Fußabdruck des monatlichen Blutens ist noch größer und beginnt bereits bei der ressourcenintensiven Herstellung.
Der Einkauf von Tampons und Binden ist ein wenig wie Drogenhandel: Am besten den Monatsvorrat unter der Tütensuppe auf dem Kassenband versteckt, ein verlegener Blick zum Kassierer und dann die Ware schnell im Rucksack verschwinden lassen.
Ein Schelm, wer vermutet, dass die milliardenschweren Unternehmen von der Tabuisierung der Periode profitieren, weil wir lieber schnell und diskret ihre
Genug von ihnen gibt es allemal – Vorhang auf für:
- Menstruationstassen:
- Waschbare Baumwollbinden: Sogenannte Luna- oder Ladypads sind waschbare Binden oder Slipeinlagen aus Baumwolle und damit ebenfalls eine umweltfreundliche Alternative zu Einmalprodukten. Die Binden mit eingenähten Nylonkissen werden mit einem Druckknopf oder einem anderen Verschluss in der Unterhose befestigt. Eine 60-Grad-Wäsche reicht aus, um die benutzten Binden wieder »hygienisch rein« zu bekommen.
- Freebleeding-Unterwäsche:
Alternativen, um den monatlichen Müllberg zu vermeiden, gibt es genug – die können sogar genauso diskret wie Tampon und Binde sein. Doch nur wenn wir diese Alternativen kennen, können wir sie nutzen.
Weltweit wissen, was läuft: Bildung
Warum gelten menstruierende Frauen in manchen Ländern als dreckig?
Viele Mädchen weltweit haben gar keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu den Dingen, die uns das Leben während der Menstruation ein bisschen leichter machen. So ermittelte die
Wie schon bei der Tampon-Steuer zeigt Kenia auch hier, wie es gehen kann: Das Projekt
- Bildung: Aufklärung steht in Kenia nicht auf dem Lehrplan. Das will ZanaAfrica ändern – und füllt die Lücke, bis es soweit ist, mit einem Magazin, das Mädchen über ihre Körper, vor allem aber auch über ihre Rechte aufklärt. Bislang sind Hänseleien der Mitschüler wegen der Menstruation häufig an der Tagesordnung. Der soziale Druck an Schulen führt sogar manchmal dazu, dass unzureichend aufgeklärte Mädchen eine Schwangerschaft in Kauf nehmen, um die verpönte Regelblutung für 9 Monate zu stoppen.
- Community Engagement: Die Organisation arbeitet zusammen mit lokalen Partnerorganisationen daran, Mädchen mit Bildung und Binden zu versorgen. Die Menschen vor Ort wissen schließlich am besten über ihre eigenen Probleme Bescheid.
- Das Tabu brechen: Und zwar auf allen Ebenen. Dafür nutzt ZanaAfrica vor Ort gesammelte Daten und Erfahrungen und bringt sie in Regierungskommissionen und bei internationalen Organisationen ein. Was dabei herauskommen kann?
Wenn das Tabu global gebrochen ist – vielleicht ändert sich dann auch etwas an Prioritäten von Entwicklungszusammenarbeit. Möglicherweise sehen wir dann genauso oft Bilder von
In jedem Fall gehört zu jeder Hilfsmaßnahme auch die Auswertung:
Die Regel im Reagenzglas: Forschung
»In einigen Kreisen ist es ein Tabu, nahezulegen, dass wir uns genetisch unterscheiden – doch wir tun es!« – Tamarra James-Todd, Epidemiologin an der Harvard-Universität
Was wirklich hilft – gegen Alzheimer, Diabetes, Depression, Krebs und Herzinfarkt – beschäftigt Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Was sie dabei allerdings häufig vergessen, sind die knapp 50% der Bevölkerung, deren Hormon- und Stimmungslevel eben nicht stabil sind, sondern schwanken.
Das
Ach übrigens, die weit verbreitete Annahme, Frauen könnten während ihrer Tage schlechter denken, hat vor einigen Monaten erst mal einen Dämpfer bekommen:
Das ist der Stand knapp 25 Jahre nach einer Initiative der US-amerikanischen Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH).
Darüber reden hilft also auch Leben retten.
Trump wird rot: Kultur
Über die Menstruation wollt ihr reden? Darüber rede ich nicht. Da habe ich keine Ahnung von, ich bin ein Mann.
Diese Antwort bekamen wir bei einer spontanen Straßenumfrage zu Menstruationstassen und gesellschaftlichen Tabus. Der Mann bleibt anonym – er will nicht mit dem Thema in Verbindung gebracht werden.
Dabei wollen neuerdings doch so viele darüber reden – so scheint es jedenfalls. Hashtags bei Twitter verkünden eine allgemeine #periodpositivity, auf Youtube-Channels wird die Periode mit Ukulelen besungen, und das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden schreckte nicht davor zurück, ein von der Künstlerin Sarah Levy mit Menstruationsblut gemaltes
Vor einigen Wochen begegnete uns auf Twitter sogar ein Tampon-verzierter ICE.
Aber: Holt man die Menstruation so aus der Schmuddelecke heraus oder hält man nur mit dem Scheinwerfer darauf, den man schnell wieder ausknipst, wenn es ernst wird und die gute Gesellschaft zu Besuch kommt? Der weibliche Zyklus ist noch nicht salonfähig. Dabei liefert er Stoff für die wirklich wichtigen Tischgespräche.
Titelbild: Unsplash / Juil Yoon - CC0 1.0