In Düsseldorf sind Juden und Muslime ziemlich beste Freunde – und das ist keine Selbstverständlichkeit. Während sich muslimische und jüdische Gemeinden andernorts misstrauen, spielen die Düsseldorfer Imame und Rabbiner zusammen Fußball und trinken Tee gegen Populisten. An diesem Rosenmontag fährt sogar Dalinc Dereköy, Vorstandvorsitzender des auf dem mit.
»Hier in Düsseldorf leben wir auf einer kleinen Insel der Glückseligkeit«, kommentiert Michael Szentei-Heise, Verwaltungsdirektor die gute Beziehung. Ihn und Dereköy verbindet eine tiefe Freundschaft, in der es auch manchmal knallt. Ich habe mit den beiden über jüdische Jecken, Anfeindungen zwischen Juden und Muslimen und ihren Kampf gegen die gesprochen. Und darüber, wie der eine den anderen vor Karneval hereinlegte.
Herr Szentei-Heise, warum ist auf dem ersten jüdischen Karnevalswagen in der Geschichte der Dichter Heinrich Heine abgebildet?
Michael Szentei-Heise:
Auf dem Karnevalszug 2017 gab es mehrere Wagen, die das Luther-Jahr – 500 Jahre Reformation – zum Thema hatten. Ein weiterer zeigte dann Heinrich Heine. Da habe ich mich gefragt: Das können wir auch. Heine ist ja nicht nur der berühmteste Sohn Düsseldorfs, er ist auch der berühmteste jüdische Sohn der Stadt.
Wie ernst ist Ihnen der Anspruch auf Heine?
Michael Szentei-Heise:
Die Stadt Düsseldorf hat ein Problem damit, dass Heine Jude war – ich verweise auf den 15 Jahre andauernden Streit zur Benennung der Wir haben ein Problem damit, dass er später zum Christentum konvertierte. Also befinden wir uns mit unserem Anspruch in allerbester Gesellschaft – selbstverständlich mit einem Augenzwinkern.
Herr Szentei-Heise, Sie wollten unbedingt auch den Vorstand des Kreises der Düsseldorfer Muslime, Dalinc Dereköy, auf Ihrem Karnevalswagen haben …
Michael Szentei-Heise:
Ich habe ihn da ein bisschen reingelegt. Ich rief ihn an und fragte: Sag mal Dalinc, hast du am 12. Februar schon etwas vor? Als er »nein« antwortete, hatte ich ihn und sagte: »Prima, dann hast du jetzt etwas vor.«
Wie haben sie reagiert, als sie feststellten, dass Sie sich einen Platz auf dem Karnevalswagen gesichert hatten?
Dalinc Dereköy:
Ich habe gelacht und mir gedacht – ja, mein Gott, das mache ich mit. Ich ging davon aus, dass dort ein paar Tausend Menschen feiern werden. Als ich aber erfuhr, dass eine Million zum Umzug kommen werden, dachte ich: Worauf habe ich mich da bloß eingelassen?
Entgegen Ihrer DNA als Düsseldorfer Jong, Herr Dereköy, sind Sie kein begeisterter Karnevalist?
Dalinc Dereköy:
Ich würde nicht auf jeden Karnevalswagen steigen. Wenn der Vorstandsvorsitzende des KDDM mit der jüdischen Gemeinde mitfährt, ist das ein besonderes Signal der Unterstützung und ein Zeichen dafür, dass die Zeiten sich geändert haben. In der Vergangenheit waren Juden vom Karneval ausgeschlossen.
Juliane schlägt den journalistischen Bogen zu Südwestasien und Nordafrika. Sie studierte Islamwissenschaften und arbeitete als freie Journalistin im Libanon. Durch die Konfrontation mit außereuropäischen Perspektiven ist ihr zurück in Deutschland klar geworden: Zwischen Berlin und Beirut liegen gerade einmal 4.000 Kilometer. Das ist weniger Distanz als gedacht.