So revolutioniert 3D-Druck unsere Industrie
Schon heute drucken wir Autos, Häuser und Zähne einfach aus. Das kann der 3D-Druck wirklich – und das (noch) nicht.
Christian braucht einen neuen Seifenhalter für sein Bad.
Als typischer Heimwerker fährt er zum Baumarkt und hofft, dort das passende Teil zu finden. Doch auf Vorrat ist es nicht und als Antwort erwartet ihn wahrscheinlich ein »Tut uns leid, aber wir können ihn natürlich bestellen.« von der Baumarktmitarbeiterin. Was sie nicht sagt: Der Seifenhalter kommt in großer Stückzahl aus einer Fabrik in China und wird um die halbe Welt geschifft. Das kann dauern und ist alles andere als umweltfreundlich.
»Tut uns leid, aber wir können das natürlich bestellen.«
»Nein danke, ich mache es selbst.«
Darauf ist Christian nicht mehr angewiesen – denn er hat einen 3D-Drucker zu Hause. Statt in den Baumarkt geht er ins Internet, sucht in einer freien Datenbank den perfekten Gegenstand und druckt ihn einfach selbst aus. Das spart nicht nur Geld und Zeit, sondern auch CO2-Emissionen.
Was nach Science-Fiction klingt, geht schon heute – und das nicht nur mit Seifenhaltern. Einfache 3D-Drucker sind für Jedermann für unter 500 Euro zu haben – und die Technologie wird immer besser und günstiger.
Heimwerker weltweit sind begeistert, für die Industrie eröffnen sich ganz neue Wege. So kündigte eine italienische Firma an, bis zum Jahr 2019 ein 3D-gedrucktes Elektroauto auf den Markt zu bringen – für nur 6.000 Euro. Eine
Erleben wir gerade den Anfang einer Zukunfts-Industrie, in der alles nur noch gedruckt wird und in der Lagerung, Überproduktion und Müll der Vergangenheit angehören? Oder ist das doch eine
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Du willst die Technologie genau verstehen? Dann lies jetzt weiter und ich erkläre dir, was es mit 3D-Druck wirklich auf sich hat.
Einen Gegenstand drucken – in 4 Schritten
3D-Drucker, fertige mir eine französische Vase, 19. Jahrhundert, Porzellan. Wie die von meiner Oma.
In Science-Fiction-Serien wie Raumschiff Enterprise sind 3D-Drucker technologische Wunderwerke. Man sagt einfach, was man braucht, und Sekunden später kommt der fertige Gegenstand aus der Maschine heraus.
Tatsächlich sind noch ein paar mehr Schritte notwendig. 3D-Druck ist in erster Linie eine neue Art der Fertigung, auf die sich Firmen spezialisieren, etwa 3dprint-germany.de von Enrico Müller. Der bietet seit 3 Jahren neben
Im Gespräch erklärt er, wie das abläuft:
- 1. Druckart auswählen: Hinter dem Begriff »3D-Druck« verbergen sich tatsächlich viele verschiedene Verfahren, die ganz unterschiedliche Materialien verwenden, etwa
Am häufigsten wird derzeit das FDM-Verfahren angewendet, also ein
- 2. 3D-Modell erstellen: Damit der Drucker weiß, welchen Gegenstand er fertigen soll, reicht ein einfaches Kommando nicht aus. Enrico Müller und seine Mitarbeiter erstellen vor dem Druck ein genaues 3D-Modell des Objektes am Computer. Oder der Kunde bringt gleich die passende
- 3. Drucken: Nun startet die Fertigung, wobei der Gegenstand Schicht um Schicht nacheinander aufgebaut wird. Der ganze Vorgang dauert je nach Größe, Verfahren und Qualität ein paar Minuten oder auch mehrere Stunden. Moderne 3D-Drucker schaffen etwa einen Keramik-Zahn in knapp 4 Minuten.
Die Entwicklung der Maschinen ist sehr rasant. Vergangenes Jahr haben wir mit einem 3D-Drucker eine Stunde für ein Teil gebraucht, heute können wir mit modernsten Druckern in derselben Zeit schon 10 Teile drucken.
- 4. Nacharbeiten: Was aus dem Drucker kommt, ist aber noch nicht gebrauchsfertig. Je nach Verfahren müssen die gedruckten Gegenstände erst aushärten oder von Enrico Müllers Team gesäubert, bestrahlt oder gebrannt werden. Auch
Im Unterschied zur herkömmlichen Fertigung braucht der 3D-Druck keine Gussform oder Spezialwerkzeuge. Anders als beim Aussägen oder Fräsen von Objekten bleibt kaum Verschnitt übrig – und das spart Abfall sowie Zeit und vor allem Kosten. Denn der Preis für teure Gussformen (mehrere Tausend Euro) muss nicht mehr auf die Stückzahl umgeschlagen werden. Damit ist es preislich egal, ob ein Gegenstand hergestellt wird oder Tausende. Der Mengenrabatt ist zu vernachlässigen.
Und das ist nicht einmal der größte Vorteil.
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So entsteht ein
Diese Vorteile machen 3D-Drucker unschlagbar
»Jetzt sind auch Teile machbar, die im normalen Spritzguss gar nicht möglich wären – etwa hohle Objekte mit bestimmter innerer Beschaffenheit.« – Enrico Müller, 3dprint-germany.de
Der 3D-Druck bringt die Freiheit des Designs: Eine Tasse mit komplexen Mustern an der Innenseite? Mit herkömmlicher Fertigung unmöglich, mit dem 3D-Drucker kein Problem. Das Innere eines Gegenstandes wird einfach Schicht für Schicht mitgedruckt. Dazu nötig ist nur die richtige Maschine, die passende Einstellung und genug Drucker-Material.
Alle 3D-Drucke entstehen aus digitalen Dateien, die sich schnell und mit nur ein paar Klicks in der Software anpassen lassen. Das ist perfekt für Prototypen und andere einmalige Druckvorgänge – etwa in der Medizintechnik. So wird heute bereits die Hälfte aller Zahnkronen und -brücken gedruckt. Einige Krankenhäuser verwandeln sogar Röntgenbilder von Knochen oder Organen in Modelle, an denen Ärzte dann
Doch die Medizin ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn auch die Industrie entdeckt die Vorteile des 3D-Drucks für sich. Und Deutschland hat dabei die
Das bedeutet 3D-Druck für die Industrie von morgen
»Diese Technologie wird die Wirtschaft verändern«, da ist sich Benjamin Haller von EOS aus Krailling bei München sicher. Der Weltmarktführer im industriellen 3D-Druck entwickelt seine 3D-Drucker-Systeme stetig weiter – etwa für die deutsche Auto-, Luft- und Raumfahrtindustrie.
Haller betont, wie flexibel der 3D-Druck die Produktion weltweit machen kann: »Ein großer Vorteil der Technologie ist die starke Individualisierung von Produkten, sogar in der Serienfertigung. Dem 3D-Drucker ist es egal, ob er 1.000-mal dasselbe oder 1.000 individuelle Teile produziert. Und das überall, wo ein passender 3D-Drucker steht. Dazu muss letztlich nur ein Datensatz um die Welt geschickt werden.« Fehlt am Herstellungsort ein 3D-Drucker, gibt es bereits Überlegungen, diesen im Container als »flexible Produktionszelle« anzuliefern. Die Lagerung von Werkzeug oder Bauteilen kann damit genauso unnötig werden wie Überproduktion oder Wartezeiten auf Spezialteile. Dazu ermöglicht 3D-Druck ganz neue Gegenstände wie
3D-Druck ist vieles, aber kein »Allheilmittel«
Sind Industrie-Lagerhallen von übermorgen also bis auf ein paar 3D-Drucker leer? Nein, denn nicht jedes Ersatzteil muss bei Bedarf gedruckt werden. Für standardisierte Gegenstände wie etwa Schrauben wäre das unnötig. Benjamin Haller betont, dass der 3D-Druck kein »Allheilmittel« sei und herkömmliche Fertigungsverfahren in der Zukunft nicht vollständig ersetzen werde: »Wenn man etwas konventionell ohne Probleme herstellen kann, dann kann es Sinn machen, diese Produktionsmethode beizubehalten. Entscheidend ist, die richtige Applikation für den 3D-Druck zu finden.«
Eine Hoffnung der Industrie wird aus dem Gespräch aber klar: Wenn in Zukunft effizientere 3D-Drucker schneller und günstiger produzieren, könnte das dem Trend entgegenwirken, die Produktion ins billige Ausland zu verlagern. Während heute auf 9 von 10 Produkten »Made in China« steht, könnte demnächst »Gedruckt in Deutschland« zum Markenzeichen werden. Das stärkt nicht nur den Standort – durch lokale Produktion wird auch garantiert, dass sich
Dass dabei auch mehr Arbeitskraft durch Maschinen ersetzt wird, verschweigt Haller nicht: »Auch im industriellen 3D-Druck wird es zu einer zunehmenden Automation der Arbeitsschritte kommen, was weniger manuelle Handgriffe bedeutet. Gleichzeitig steigt der Bedarf an 3D-Druck-Experten aber
Die Kosten für einen Industrie-Drucker von EOS beginnen im unteren 6-stelligen Bereich. Sind die Heimwerker-Modelle ab 500 Euro dann reine Spielerei?
Du bist deine eigene Fabrik
Zurück zu Christian G. und seinem Seifenhalter. Er ist heute schon eine Art Pionier – zumindest wenn es um 3D-Druck geht. Der Arzt hat sich im vergangenen Jahr einen Drucker-Bausatz für 1.500 Euro gekauft und berichtet von seinen Erfahrungen: »Insgesamt brauchte ich 3 Tage, um ihn zusammenzubauen. Ich hätte natürlich auch einen fertigen kaufen können«, erzählt er, doch er habe die Herausforderung gewollt.
»Das ist schon etwas für Bastler. Doch das ist der Baumarkt ja auch.« – Christian
Seitdem druckt Christian aus Plastik vor allem kleine Geschenke wie Schlüsselanhänger für Freunde – oder eben einfache Ersatzteile für die Wohnung. Auf
Das Wissen dazu hat er von Online-Blogs –
Diese Fragen müssen wir auf dem Weg in die Drucker-Zukunft noch klären
Fakt ist: 3D-Drucker von heute sind keine Wundermaschinen, um sich selbst zu versorgen, und stellen auch nicht unsere Wirtschaft von heute auf morgen auf den Kopf. Doch sie sind Teil einer Technologie, die große Sprünge macht und noch viel Luft nach oben hat. Doch für den Durchbruch müssen die Maschinen noch viel günstiger, präziser und effektiver werden – und Forscher und Politiker einige offene Fragen beantworten:
Rechtliches: Bereits im Jahr 2013 wurde die
Geistiges Eigentum: Immer mehr Unternehmen verkaufen bereits heute die 3D-Modelle ihrer Produkte. Das dürfte zu einem wachsenden Schwarzmarkt oder Tauschhandel mit den Dateien führen – ähnlich wie bei der Musikindustrie durch die Erfindung der MP3. Hier müssen Hersteller neue Wege finden, die erwartbaren Verluste abzufedern.
Fakt ist: 3D-Drucker von heute sind keine Wundermaschinen, aber sie werfen neue Fragen auf.
Reparaturen: Je einfacher etwas ausgedruckt werden kann, desto mehr fördert dies eine Wegwerfgesellschaft. Mit 3D-Druckern könnten aber auch theoretisch Gegenstände repariert werden. Dazu müssten nur modernste Scan-Verfahren mit Druckern und Algorithmen zusammenarbeiten – doch hier ist die Technik noch nicht so weit.
Nachhaltigkeit: 3D-Drucker arbeiten vor allem mit Metallstaub und Kunststoffen, was als Müll später die Umwelt belastet. Biologisch abbaubare Druckstoffe, etwa
Dieser Artikel ist der Auftakt für eine Mini-Serie zum Thema 3D-Druck bei Perspective Daily. Diskutiere mit, welche Aspekte dich daran besonders interessieren!
Ob und wie diese Lösungen funktionieren, wollen wir in den kommenden Monaten im Rahmen unserer Kooperation mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt herausfinden. Wenn ihr weitere Ideen und Anregungen rund um den 3D-Druck habt, schreibt uns eine Mail!
Weitere Informationen zu dieser Förderung findest du hier!
Titelbild: Christopher Burns - CC0 1.0