Mit diesem Auto kommen nur wenige ans Ziel
SUVs sind Ego-Trips auf 4 Rädern. Ohne sie wären unsere Städte sauberer, sicherer und weniger nervenaufreibend. Für alle.
Auch du kannst das alles haben! Komfort, Sicherheit und Zugang zu wilder, unberührter Natur. Dieses verlockende Versprechen machen uns die Autohersteller auf Plakatwänden und in ihren Werbespots. Alles, was du dafür brauchst, ist ein schicker, schwerer, schwarzer
Der SUV kombiniert sportliche Eleganz und Fahrspaß auf der einen und vereint Robustheit und zuverlässigen Schutz für die Insassen auf der anderen Seite.
Stelle dich doch mal an die Straße und zähle. Du wirst merken: Die Werbung kommt an. Die SUV-Armada ist auf dem Vormarsch. Bereits heute ist sie über 2,6 Millionen Fahrzeuge stark und wächst in atemberaubendem Tempo. Schon jetzt ist jedes vierte
Die Folge dieser Invasion: Eine Kultur der Einschüchterung zieht in die Städte ein, die bis vor unsere Haustüren reicht. Wer sich selbst schützen und nicht den Überblick verlieren will, zieht mit und rüstet auf.
Das freut die Autobauer, und deswegen verschweigen sie etwas. Denn der SUV-Rüstungswettlauf auf deutschen Straßen gefährdet auf lange Sicht genau das, was sich die Käufer erhoffen. Weil sie das ahnen, sind sie mittlerweile geübt darin, sich für ihre rollenden Wandschränke zu rechtfertigen. Ihre wichtigsten Argumente spiegeln die Werbebotschaften wider, die mit 3 Versprechen locken:
Kaufgrund Komfort: Der Rentner-Panzer
Auch wenn das Auto für viele Menschen noch immer eine Art »blechernes Selbst« ist, taugt der fahrbare Untersatz besonders für jüngere Menschen nicht mehr als Statussymbol. Daher ist der durchschnittliche Neuwagenkäufer inzwischen immerhin
Der Slogan »Unsere neue Rentner-Klasse« lässt sich schlecht vermarkten.
Natürlich rollen nicht nur Rentner in SUVs über deutsche Straßen – auch die Kleinsten wollen von ihren Eltern von A nach B gebracht werden. Klar, dafür braucht es Platz. Den bieten aber auch ein klassischer Kombi oder, wenn das nicht ausreicht, ein Kastenwagen. Die Platzbedürfnisse einer Familie mit Kinderwagen und Großeinkauf können sie ebenso gut erfüllen.
Auch in Großbritannien ist der Trend zum Stadt-Panzer zu beobachten: Dort hat sich deshalb für SUVs in Anlehnung an das Londoner Nobelviertel Chelsea der Spottname »Chelsea Tractor« etabliert, in dem Eltern ihre Kinder zur Schule chauffieren, erhaben über dem restlichen Verkehr thronend. Weit oben, so scheint es, hat man mehr Überblick und Kontrolle.
Das führt uns zum zweiten zentralen Kaufargument, das Autohersteller und SUV-Fahrer ins Feld führen: die Sicherheit.
Kaufgrund Sicherheit: Meine Familie zuerst!
Und es stimmt wahrscheinlich, dass ein Unfall im SUV für die Insassen glimpflicher verläuft. Doch auch wenn es widersprüchlich klingt: Insgesamt machen die dicken Brummer den Verkehr für die Insassen unsicherer, weil …
- sie ein Gefühl von Unverwundbarkeit vermitteln: Klar, ein bulliger SUV vermittelt Stärke. Doch wer sich stark und sicher fühlt, neigt dazu,
- sie die Gefahreneinschätzung verzerren: Autos mit viel PS und höherem Schwerpunkt sind generell schwerer zu beherrschen. Zudem kann man aus erhöhter Sitzposition Geschwindigkeiten schwerer einschätzen.
- sie ein ungünstiges Fahrzeugdesign haben: Crashtests haben gezeigt, dass sich SUVs beim Kontakt mit niedrigen Hindernissen wie Leitplanken 8-mal
Zwar geht aus der Unfalldatenbank der Versicherer hervor, dass SUV-Insassen bei direkten Zusammenstößen mit Pkw wesentlich häufiger unverletzt blieben. Doch das ist ein unfairer Deal. Denn für das eigene Plus an Sicherheit nehmen SUV-Fahrer ein vielfach höheres Risiko in Kauf, dass die Menschen in anderen Fahrzeugen
Das Plus an Sicherheit für den SUV ist ein unfairer Deal.
Noch schlechter sieht es für Verkehrsteilnehmer aus, die ganz ohne Blech unterwegs sind. So sind zwar die Kinder im SUV besser geschützt, dafür sind diejenigen außerhalb aufgrund der viel höheren Fahrzeugfront schwerer zu sehen und werden bei einem Unfall deutlich schwerer verletzt. Gleiches gilt für Fahrrad- oder Motorradfahrer, die von der Seite auf einen SUV prallen.
Kurz gesagt: SUV-Fahrer schützen sich und ihre Familien bis zu einem gewissen Grad vor den Gefahren der Automobilität, ohne selbst auf diese verzichten zu müssen. Den Preis zahlt die weniger gut gerüstete Allgemeinheit. Wer nicht Teil der SUV-Rüstungsspirale sein kann oder will, bleibt auf der Strecke.
Kaufgrund »Fahrvergnügen«: Hauptsache Ich!
Die Motorhaube eines SUVs verbirgt
Jede zweite in Deutschland gefahrene Strecke ist unter 5 Kilometer lang.
Auch wenn die Motoren-Macht in der verkehrsberuhigten Zone ziemlich sinnlos ist, verbreiten die SUVs trotzdem eine bedrückende Atmosphäre aus Einschüchterung, Rücksichtslosigkeit und Dreck in unseren Städten. Und machen den Verkehr auf ohnehin engem Raum für alle zum Hindernisparcours: Kurven werden wegen Überbreite geschnitten, Straßen enger und Parkplätze knapper.
Das kostet mehr als nur Nerven: Jeder Bürger – ob mit Auto oder ohne – trägt die Kosten für den Autoverkehr
Nach 5 Werktagen voller Stress im Stadtverkehr gibt es nur eines: Einen Tagesausflug in die unberührte Natur! Also ab in den
Für viele Deutsche ist ihr Auto noch immer so etwas wie das blecherne Selbst.
Doch abgesehen davon, dass die meisten SUVs entgegen ihrem Image überhaupt nicht geländetauglich sind, zerstören ihre Fahrer durch den unnötig
Die SUV-Rüstungsspirale kennt auf lange Sicht nur Verlierer – einschließlich derer, die sie befeuern. Der Boom der Riesen-Autos ist nicht nur ökonomisch und ökologisch irrational, sondern mag auch seine Werbeversprechen nicht so recht einzulösen.
Warum ersparen wir uns das Ganze nicht einfach, schaffen SUVs für die nicht-wirtschaftliche Nutzung ab und erkennen: Das Sport Utility Vehicle gehört definitiv zu den Dingen, die die Welt nicht braucht.
Dieser Text ist Teil unserer Reihe zum Thema Dinge, die die Welt nicht braucht.Weitere Informationen zu dieser Förderung findest du hier!
Titelbild: Adrian Szymanski - copyright