Wir haben unsere Meinung geändert!
Stur sein kann jeder. Dazulernen ist die Kunst! 7 Fälle, in denen uns das gelungen ist.
»Ich habe mich geirrt und meine Meinung geändert!« Wie viel Überwindung ein solcher Satz manchmal kosten kann, hat sicher jeder schon mal erfahren. Menschen halten lieber eisern an ihrer Meinung fest und glauben nicht immer an das, was richtig ist, sondern am liebsten an das, was mit dem eigenen Weltbild übereinstimmt.
Wie sähe eine Welt aus, in der sich nicht diejenigen durchsetzen, die auf Biegen und Brechen an ihrer Position festhalten? In ihr würde die größte Anerkennung denen zukommen, die offen sagen: »Ich habe etwas dazugelernt, mich weiterentwickelt – und nun eine neue Position!«
Um den Anfang zu machen, haben wir uns selbst gefragt: In welchem Bereich haben wir einen alten und festen Standpunkt verlassen? Und haben dabei vor allem eines gelernt: Die Gründe könnten unterschiedlicher kaum sein!
Geschlechter sind mir (nicht mehr) egal
von Maren UrnerIch war immer diejenige, die mit den Augen rollte, wenn es um die Rolle von Frau und Mann, Feminismus oder gar Gendern ging. Gerade in Berlin schreckten meine weiblichen Gegenüber auch mal zusammen, wenn ich von mir als »Neurowissenschaftler« ohne die Endung »-in« sprach. Mir war das irgendwie immer zu anstrengend, ich wollte lieber über Menschen nachdenken als über
Aus dem Thema kommst du nicht mehr raus!
In meiner Rolle als Gründerin von Perspective Daily begann ich dann, bei Veranstaltungen selbst darüber zu witzeln, mal wieder die »Quotenfrau« zu sein. Ich lernte, was es bedeutet, als Gründerin in einer männlich dominierten Start-up- und Chefredakteurs-Welt unterwegs zu sein. Als ich diese Erfahrungen auch in meinem Artikel
Als Mensch, der immer für alles nach einer Datengrundlage sucht, arbeitete ich mich tiefer in das Thema ein. Mir wurde klar: Geschlechter(un)gleichheit ist nicht nur ein gesellschaftliches Mega-Problem, sondern auch eine Mega-Chance: Nichts entscheidet stärker darüber, ob ein Land sicher und friedlich ist, als die Rolle der Frau – je besser Frauen behandelt werden, desto sicherer das Land. Stärker noch: Demokratien mit hoher Gewalt gegen Frauen sind instabiler als nicht-demokratische Länder und je größer die Unterschiede zwischen Mann und Frau, desto wahrscheinlicher, dass das Land in inner- und zwischenstaatliche Konflikte involviert ist.
Egal ob es um die Volksgesundheit, das wirtschaftliche Wachstum, Korruption oder das Sozialwohl in einem Land geht – all diese Dinge werden am stärksten durch die Situation von Frauen vorhergesagt.
Aus experimentellen
Das alles macht mich nicht zur »Männerhasserin« oder zur »Feministin« – sondern zu einem Menschen, der sich der Rolle des Geschlechts in der Gesellschaft mehr und mehr bewusst wird.
Völlige Anarchie des Internets war einmal
von Dirk WalbrühlAlles ist kostenlos, du kannst jederzeit alles haben: Bücher, Filme, Serien, digitale Spiele, ja sogar tausende Euro teure Programme für Profis – kein Problem. Geld spielt keine Rolle mehr und Wissen kennt keine Grenzen. Klingt das nicht zu schön,
Das ist jedenfalls die Idee hinter der
Aber wäre die digitale Anarchie wirklich gut?
Wäre ThePirateBay
Dazu verlagern sich immer größere Teile unserer Welt ins Digitale und benötigen
Atomkraft? Wenn es sein muss!
von Felix Austen»Atomkraft? Nein Danke!« Lange entsprach der alte Öko-Schlachtruf genau meiner Meinung: »Atomkraft ist schlecht, falsch und gehört deshalb sofort abgeschafft!« Noch in der Schulzeit schrieb ich meinem Großvater Briefe, wie er eine solch unverantwortliche Technik unterstützen und das Leben meiner Generation riskieren könne.
Noch in der Schulzeit schrieb ich meinem Großvater Briefe, wie er das Leben meiner Generation riskieren könne.
Fakt ist: Atomkraft ist und bleibt eine unglaublich teure und gefährliche Energiequelle, die ohne
Der entscheidende Punkt, der mich zum
Ich habe erkannt, dass die Menschheit mit dem Klimawandel vor einem Problem steht, das alles andere in den Schatten stellt.
Natürlich wäre ein Reaktorunfall eine Katastrophe für Millionen Menschen. Doch selbst das ist gegen eine Erderwärmung von 4 Grad Celsius oder 6 Grad Celsius nur das kleinere Übel. Milliarden Menschen würden an Krankheiten sterben, hungern oder in Fluten versinken.
Nicht falsch verstehen: Mit Erneuerbaren Energien stehen Alternativen bereit, die auch die Atomkraft schon sehr bald überflüssig machen. Um den Klimawandel zu bändigen, müssen wir allerdings nach jedem Strohhalm greifen, auch wenn es eine fragwürdige Technologie wie die Kernkraft ist. Also: »Atomkraft? Wenn es denn unbedingt sein muss!«
Der ewige Konfliktstoff: Kopftuchverbot ja oder nein?
von Katharina Wiegmann
Das Kopftuch ist ein Symbol der Unterdrückung der Frau.
Diesen Satz hätte ich viele Jahre lang unterschrieben – und die Forderung nach einem Kopftuchverbot in Schulen, Gerichten und Ämtern wahrscheinlich gleich mit. Alice Schwarzer war die erste Feministin in meinem Bücherregal.
Heute halte ich nicht mehr viel von Symbolpolitik. Frauen, die sich für ein Kopftuch entscheiden, sind kein Symbol. Sie sind Individuen, deren Freiheit, Unversehrtheit und Schutz vor Diskriminierung genauso geachtet und verteidigt werden muss wie die einer jeden anderen Bürgerin. Und zwar in jede Richtung.
Frauen, die ein Kopftuch tragen sind kein Symbol. Sie sind Individuen.
Symbolpolitik entmenschlicht. Es gibt einen Unterschied zwischen dem staatlich verordneten Kruzifix an der Wand einer bayerischen Grundschule und Lehrerinnen, die Kopftuch tragen (egal ob als Teil einer Nonnentracht oder des islamischen Hijabs). Die Lehrerinnen dienen dem Staat, aber sie sind nicht der Staat. Sie bleiben Menschen. Die Sorge, dass sie ihren Einfluss auf Kinder über Gebühr nutzen könnten, hat erst mal nichts mit ihrer Kopfbedeckung zu tun. Kein Lehrer kommt »neutral« in eine Klasse: Von Alt-68ern mit Zottelmähne und sorgfältig gescheitelten Wirtschaftsliberalen geht ebenso viel oder wenig Gefahr der Beeinflussung aus wie von Frauen mit Kopftuch.
Dass ich das lange Zeit nicht richtig begriffen habe, hat vielleicht auch damit zu tun, dass ich mich früher wenig
Sympathie für Menschen mit extremen Weltbildern
von Dirk Walbrühl
Deutschland ist kein Staat und deshalb brauche ich auch keinen Führerschein.
Ein verrückter Satz, vor allem, wenn er ernst gemeint ist – wie etwa in der
Uns vereint menschlich viel mehr, als uns ideologisch trennt.
Dann kam Markus, ein Bekannter von mir, der in diese »Szene« abrutschte – und ich beschäftigte mich näher mit den Personen hinter den extremen Ideologien. Dabei musste ich einsehen: Uns vereint menschlich viel mehr, als uns ideologisch trennt. Auch verschwörungsgläubige Reichsbürger haben Hoffnungen und Ängste, die
Es ist sehr leicht, ganze Gesellschaftsgruppen aufzugeben, weil ihr Weltbild dem eigenen so fremd erscheint. Auch wenn ich Markus nicht aus seiner Reichsbürger-Echokammer befreien konnte, war der Versuch für mich sehr aufschlussreich. Seitdem bemühe ich mich mehr, die Menschen hinter den Ideologien zu erkennen – auch wenn es anstrengend ist. Denn wer das Weltbild einer Person mit ihr gleichsetzt und nur noch im Schema
Fakten allein bringen nichts
von Han LangeslagWie schön wäre doch eine Gesellschaft, in der nur rationale Menschen leben. Sie treffen ihre Entscheidungen rein rational auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Und
Lange habe ich daran geglaubt, dass die Gesellschaft eines Tages so funktionieren könnte. Aber irgendwas stimmte nicht, denn viele Fakten – etwa über die Erderwärmung –
Nicht die reinen Informationen sind entscheidend; es sind die Menschen und Geschichten, die die Informationen vermitteln.
Ich musste einsehen: Aufklärung durch Fakten führt nicht immer dazu,
Das heißt aber nicht, dass Informationen unwichtig sind. Durch Journalisten gut kommuniziert und in Geschichten eingeordnet, kommen sie an – und tragen so verpackt dazu bei, Meinungen und Positionen zu überdenken.
Menschen können sich doch ändern
von Niklas Bub
Menschen ändern sich nicht!
Davon war ich lange Zeit überzeugt. Das meiste steckt doch sowieso in unseren Genen, und sobald wir die 25 überschreiten, ist auch unsere Gehirn- und
Zugegeben, ich war nicht immer zufrieden mit meiner Persönlichkeit. Am meisten störten mich meine Ängste und Sorgen über Kleinigkeiten, die es immer wieder schafften, mir den Tag zu vermiesen. Ich wollte etwas ändern, hatte aber wenig Hoffnung auf Erfolg.
Inspiriert von Hermann Hesses
Während ich meditierte, gelang es mir, mein Denken und Fühlen wie aus der Vogelperspektive zu betrachten.
Durch das Meditieren gelang es mir erstmals, meine Gedanken und Gefühle nüchterner zu reflektieren. Kamen früher Ängste in mir hoch, schnürte sich sofort meine Kehle zu und mein Herz fing wie wild an zu pochen. Also schnell die Ängste verdrängen, um sich nicht weiter mit ihnen beschäftigen zu müssen. Während ich meditierte, gelang es mir, mein Denken und Fühlen wie aus der Vogelperspektive zu betrachten – und dadurch auch zu
Als Nächstes hieß es, mit meinen alten Gewohnheiten zu brechen und neue
Nein, nicht jeder muss nun mit dem Meditieren beginnen, aber jeder kann sich ändern! Denn unser Verhalten prägt uns mehr, als wir bisher angenommen haben.
Mit Illustrationen von Ronja Overländer für Perspective Daily