Die kleinen Pusteln auf meinem Dekolleté waren so schnell gekommen, wie das Eis unter der italienischen Sonne dahinschmolz. Ob ich während des Roadtrips mit Freunden plötzlich eine Sonnenallergie entwickelt hatte oder der Grund für die juckenden Rötungen ein anderer war, interessierte mich nicht. Ich wollte sie loswerden und den Sommer genießen. Das Abitur frisch in der Tasche fand ich mich zurück in Deutschland auf einem angenehm gepolsterten Stuhl gegenüber einem Homöopathen wieder. Eine Stunde sollte ich einplanen für die Erstanamnese, während der ich in einem Zen-Garten beim Plätschern eines Wasserspiels über Kindheitserfahrungen, Speichelfluss und die bevorzugte Temperatur von Getränken ausgefragt wurde.
Ich bin mit
14 Jahre später: Beim diesjährigen Ärztetag im Mai forderte der »Münsteraner Kreis« aus 20 Wissenschaftlern, Juristen, Medizinern, Philosophen und Ethikern,
Wir wollten ausloten, wie ein solidarisches Gesundheitswesen verantwortlich und fair mit dem Clash zwischen gefährlicher Pseudowissenschaft und Selbstbestimmung umgehen sollte. Um es deutlich zu sagen: Wir wollten den gegenwärtigen Irrsinn nicht länger hinnehmen.
7.000 deutsche Ärzte tragen aktuell die Zusatzbezeichnung »Homöopath«. Auch wenn die
Ich habe keine Lust auf aufgeheizte Debatten und Grabenkämpfe zwischen denen, die zugreifen, und denen, die darüber lachen. Darum mache ich hier ein faires Angebot: Ein Medikament sollte ich nur schlucken, wenn ich davon ausgehen kann, dass es eine Wirkung hat. Stellen wir also die einfache Frage: Wirken Globuli oder nicht?
»Da ist nichts drin und kann deshalb nicht wirken!« – Christian Weymayr, Wissenschafts‐ und Medizinjournalist
Auf die einfache Frage gibt es tatsächlich eine ebenso einfache Antwort:
Bei der Potenzierung werden bestimmte Ausgangsstoffe für die Globuli so weit verdünnt, dass am Ende in den meisten Fällen kein einziges
Naturgesetze sind nicht verhandelbar!
Noch nicht überzeugt? Dann vielleicht so: 1 Kilogramm Milchzucker enthält immer auch Verunreinigungen,
Es ist in der Tat nur möglich, an eine Wirkung der homöopathischen Präparate zu glauben, wenn sämtliche Naturgesetze […] über Bord geworfen werden.
Wenn du trotz dieser absurden Vorstellung jetzt immer noch sagst: »Ich glaube aber dran!«, kann nichts und niemand mehr helfen, dich zu überzeugen. Das meine ich vollkommen ernst und du kannst aufhören, diesen Text zu lesen. Denn du glaubst an etwas, was sämtlichen Naturgesetzen widerspricht. Vielleicht glaubst du – wie einige Homöopathen argumentieren –, dass Wasser eine Art Gedächtnis hat und sich an den Wirkstoff »erinnern« kann, auch wenn dieser nach dem Potenzieren selbst nicht mehr in den Globuli enthalten ist. Sollte das der Fall sein, verstehe ich allerdings nicht, wie du in ein Auto oder ein Flugzeug steigen kannst – und darauf vertraust, dass gerade dann die Naturgesetze gelten und du sicher am Ziel ankommst. Oder du in der Lage bist, Smartphone oder Computer zu nutzen, um diese Zeilen zu lesen. Denn beide basieren auf denselben physikalischen Grundlagen, gemäß denen Globuli keine Wirkung haben.
Mit anderen Worten: Wer Globuli schluckt, kann genauso gut Zuckerwatte oder Traubenzucker »einnehmen«. Berechtigterweise fordert Christian Weymayr, Mitautor des Münsteraner Memorandums zur Abschaffung der Zusatzbezeichnung Homöopathie, die Globuli-Fläschchen aus den Apotheken in die Süßwarenabteilungen der Supermärkte zu überführen.
Doch das Ganze hat nicht nur etwas mit Auslagen im Supermarkt zu tun, sondern widerspricht auch dem Bekenntnis der Ärzteschaft zur Wissenschaftlichkeit. Das ist auf mindestens 3 Ebenen ethisch höchst verwerflich.
Was bleibt?
Mit Illustrationen von Robin Schüttert für Perspective Daily
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