Wie ich mir fast ein E-Auto gekauft hätte …
Ich brauche ein neues Auto. Geht das schon elektrisch oder warte ich lieber noch?
Auf der Familienfeier an der Nordseeküste ist der »Tesla Model S« das absolute Highlight. Eine Gruppe aus neugierigen Autofreunden hat sich um seine dunkelgraue Motorhaube versammelt, auf der die Sonne blitzt. Auch ich stelle dem Fahrer, einem jungen Manager, allerhand Fragen. Denn bald muss ich meinen in die Jahre gekommenen Wagen ersetzen – und hatte bisher nie an ein E-Auto gedacht. Jetzt aber lasse ich mich von der Begeisterung anstecken, staune über die futuristischen Kurven und den voll digitalisierten Innenraum.
Ein älterer Herr spricht aus, was ich denke: »So ein E-Auto ist schon eine feine Sache!« Und dazu sehr umweltbewusst,
Tja, das wären dann insgesamt so rund 80.000 Euro.
Die allgemeine Begeisterung ist schnell verpufft. »Dafür bekommt man ja 3 Autos!«, poltert der ältere Herr. Recht hat er und benennt damit das Problem, das die Elektromobilität noch immer hat – steigende Sympathien potenzieller Fahrer treffen auf gehobene Preise.
Eine
»Werde Teil der Energierevolution« – Teslas Slogan
Daran wird sich wohl nichts ändern, wenn Tesla beim Thema E-Mobilität allein den Markt anführt. Denn Elon Musks Unternehmen ist zwar ein wichtiger Vorreiter, produziert aber vor allem für
Was ich brauche, ist das E-Auto für alle. Aber wo bleibt es nur?
»Wenn ich ehrlich bin, würde ich ihnen raten, noch zu warten«
Wer in Deutschland auf der Suche nach dem E-Auto für alle ist, hat es nicht leicht. Das zeigt sich auch bei meinem Besuch in einem Münsteraner Autohaus. Nach einigem Suchen entdecke ich ganz weit hinten in einer Halle den
Damit meint er vor allem die Reichweite, die hauptsächlich vom Akku abhängt – dem teuersten Bauteil eines Elektroautos.
Der Leaf setzt dabei aber nur die aktuelle Strategie der Autobauer beim Thema Elektromobilität um:
Da helfen mir auch die gut gemeinten Subventionen der Bundesregierung nicht weiter. 4.000 Euro gibt es als »Umweltbonus« pro Elektroauto
Wie viele andere deutsche Autofahrer stehe ich vor der Frage: Warum ein teureres Auto kaufen, das Stunden zum »Tanken« braucht und es nicht mal von Münster bis nach Hamburg schafft?
Die Antwort könnte ich vielleicht bei mutigen deutschen Start-ups finden. Denn sie bauen nicht Tesla nach, sondern denken stattdessen das E-Auto ganz neu.
Diese Start-up-Ideen könnten die Energiewende auf den Straßen beschleunigen
Dass vor allem beim Preis noch einiges an Luft ist, erklärt mir Diplomingenieur Matthias Kreimeier. Er ist Projektleiter beim Aachener Unternehmen e.GO, das nicht Besserverdiener, sondern den normalen Autofahrer als Kunden im Blick hat.
Natürlich kann man heute mit viel Budget und Produktionskosten ein Elektroauto herstellen. Doch die Elektromobilität wird sich in der breiten Masse nur durchsetzen, wenn das Auto für den Großteil der Bevölkerung auch bezahlbar ist.
Dass ein E-Auto schon heute bezahlbar sein kann, wollte das Start-up mit Sitz auf dem Campus der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen beweisen. Heute hat e.GO über 200 Mitarbeiter und eine eigene Produktionshalle. Darin entsteht der e.GO Life, der gar keine Konkurrenz für den Tesla sein soll, wie Matthias Kreimeier erklärt: »Der Life ist ein konsequentes Stadtauto und soll in gar keinem Fall ein Langstreckenauto ersetzen.«
Dafür kostet die kleinste Version des E-Stadtautos nur rund 12.000 Euro (nach Abzug der Umweltprämie) mit einem Akku für gut 100 Kilometer. Das reiche für ein Stadtauto, sagt Kreimeier.
Man muss sich eben ernsthaft die Frage stellen: Wie oft brauche ich wirklich mehr Reichweite? Da steckt natürlich auch die Angst vor dem Liegenbleiben dahinter. Ein Zweit- oder Drittwagen fährt heute in der Stadt durchschnittlich 30 Kilometer pro Tag.
Damit ein Wagen in Zukunft auch für eine gelegentliche Überlandfahrt flexibel bleibt, soll ein »Range Extender« anspringen, sobald der Akku erschöpft ist. Dieser ist eine Kombination aus Mini-Verbrennungsmotor und Generator, der bei der Fahrt Strom erzeugen kann – im Optimalfall mit Wasserstoff, um die Umwelt zu schonen. Doch Kreimeier gibt zu, dass diese Hybrid-Lösung »noch in den Kinderschuhen steckt«.
Und auch auf die Ladesäulen-Wüste in Deutschland hat e.GO eine eigene Antwort: Statt wie Tesla bundesweit Schnelllade-Säulen
Keinen Benziner nachbauen oder den Vergleich mit Tesla suchen, sondern auf die Bedürfnisse der Fahrer schauen und darauf hoffen, dass Menschen ein paar Gewohnheiten zu ändern bereit sind – das könnte tatsächlich der Schlüssel zur Energiewende auf den Straßen sein. Und e.GO ist mit dieser Philosophie nicht allein:
- Sion – angetrieben von der Sonne. Repariert von dir? Das Münchner Start-up Sono Motors stattet den eigenen Elektro-Kleinwagen Sion mit 330 integrierten Solarzellen aus. Diese können während der Fahrt dem Verbrauch entgegenwirken und im Stand aufladen. Das ersetzt natürlich nicht das Ladekabel, dürfte aber die Zeit zwischen den Aufladungen
- Der X – Fahrrad trifft Transformer: Wie radikal neu sich Elektromobile denken lassen, zeigt derzeit das
Was die Politik jetzt noch tun muss
Die Innovationen aus Deutschland sind da und lassen mich von E-Autos träumen. Doch der Ruf als Auto-Nation steht noch immer auf dem Spiel. Denn ganz überzeugen konnte mich das alles noch nicht – und ein paar Tausend neugierige Vorbesteller machen noch keine Energiewende. Dafür muss die Bundesregierung endlich den Fuß von der Bremse
Ein kurzer Vergleich mit Norwegen zeigt, was politisch möglich wäre: Im E-Auto-Vorzeigeland gibt es neben einer Umweltprämie zahllose weitere Vorteile für E-Auto-Fahrer – Mehrwertsteuer, Registrierungssteuer, Parkgebühren und Maut fallen einfach weg,
Warum nicht genau da ansetzen und mit den ungenutzten Millionen des »Umweltbonus« auch Ladestationen in den Kommunen fördern?
Doch mit mehr Ladesäulen ist es auch nicht getan – so könnte die Politik mir den letzten Schubs zum E-Auto geben:
- Mehr Steckdosen in Parkhäusern: Noch immer werden hierzulande Parkhäuser und Tiefgaragen, die 100 Jahre halten sollen, ohne Steckdosen gebaut. Zukunftsfähig ist anders.
- Bürokratie-Abbau: Als ich mich erkundige, was für eine private Ladesäule nötig ist, werde ich fast von einem Formularberg erschlagen. So motiviert man keinen Autofahrer zum Umstieg.
- Bessere Aufklärung: Ich weiß mittlerweile genug über E-Autos, um meine Entscheidung zu treffen – auch wenn ich noch von Autoverkäufern für mein Interesse belächelt werde. Hier muss die Bundesregierung mehr Wissen vermitteln, um auch hartnäckige Dieselfahrer und SUV-Verkäufer abzuholen.
Denn erst wenn neue Gewohnheiten, bezahlbare Modelle und Ladetechnik zusammenkommen, wird die Energiewende auf deutschen Straßen wirklich durchstarten.