Sophie hat eine Krankheit: Albträume
Begleite sie bei ihrer Suche nach Heilung.
Erinnerst du dich an deinen letzten Albtraum?
Wahrscheinlich bist du schon mal, wie nahezu jeder Deutsche im Laufe seines
Stelle dir vor, das passiert dir nicht nur gelegentlich, sondern jede Nacht von Neuem.
Etwa die Hälfte aller Deutschen hat gelegentliche Albträume. Etwa 7% haben sogar alle 2 Wochen oder häufiger damit zu
Zum Beispiel bei der Studentin Sophie M.: Nachts durchlebt sie horrorfilmreife Szenen, die von Gewalt, Krieg und Ungerechtigkeit geprägt sind – und das schon seit über 20 Jahren.
Ich wollte wissen, was das mit ihr macht. Gelernt habe ich dabei, wie wir alle besser träumen.
Katharina Lüth

Katharina Lüth
Mein Beitrag zur Traumforschung: Ich beschäftige mich seit einigen Jahren an der Universität Osnabrück mit den Forschungsthemen Schlaf und Traum. Dort leite ich die studentische Initiative »Sleep and Dream«.
Was macht das mit einem Menschen?
Sophie M. ist heute 27 Jahre alt. Die Albträume kommen seit ihrer Kindheit schubweise. Manchmal geht es ihr für ein paar Wochen gut, bis die nächste schlimme Nacht an ihren Nerven zerrt. Natürlich ist ihr nach dem Aufwachen meist schnell klar, dass alles nur ein Traum war. Doch das ändert nichts am Schrecken und einem beklemmenden Gefühl, das oft noch lange anhält: »Das Gefühl ist total echt und das macht es so anstrengend. Wenn ich im Traum sterbe, dann wache ich immer auf und dann bleibt das Gefühl von ›ich sterbe gerade‹«, sagt Sophie.
Treten ihre Albträume auf, dann meist gehäuft. In einer solchen »Albtraumphase« suchen sie Sophie M. jede Nacht heim, manchmal auch mehrmals pro Nacht. Oft spitzt sich die Situation dann so zu, dass sie abends nicht mehr ins Bett gehen will.
Die Angst, dass ein Traum wieder zum Horror wird, kann Albträumende wie Sophie M. davon abhalten, ruhig zu schlafen. Klar, dass das die Schlafqualität mindert und der nächste Tag von Konzentrationsmangel, Schläfrigkeit und schlechter Stimmung getrübt ist. Schlimmer noch: Immer wiederkehrende Albträume können Suizidgedanken begünstigen,
Da fragt sich nicht nur Sophie M.: Woher kommt sowas? Und wie kann es sein, dass manche Menschen nachts leiden müssen, während andere seelenruhig durchschlafen?
Das steckt hinter den bösen Träumen
Albträume
Albträume sind sehr unangenehme Träume mit starken negativen Emotionen wie Angst oder Ekel. Laut der internationalen Klassifikation von Schlafstörungen liegt dann eine Albtraumstörung vor, wenn Albträume gehäuft auftreten und eine Belastung darstellen, etwa weil sie Einschlafstörungen oder psychosoziale Beeinträchtigungen verursachen.
Für Albträume gibt es viele Gründe.
Bei manchen Menschen werden sie durch ein traumatisches Erlebnis ausgelöst. Deshalb sind sie ein Symptom der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Auch Depressionen, Angststörungen und Schizophrenie können gemeinsam mit Albträumen auftreten. Die Trauminhalte spiegeln dann etwa starke Ängste wider.
Nicht bei Sophie M.: Die Freiburgerin kann ihre Träume nicht auf Ereignisse in ihrem Leben zurückführen oder mit einer anderen Krankheit
Sie erlebt aber auch, dass Stressbelastung die Albträume auslöst. Steigt ihr Stresslevel auf der Arbeit und häufen sich soziale Konflikte, rücken ihr auch die bösen Träume nicht mehr von der Seite. Im Urlaub, wenn sie ganz
So geht es
Neulich hab ich eine Doku über die Paramilitärs in Kolumbien vor dem Einschlafen geschaut. Am nächsten Morgen wusste ich: Das war ’ne blöde Idee! Ich habe die ganze Nacht von der großen Ungerechtigkeit in Kolumbien geträumt.
Neben akuter Stressbelastung als Hauptauslöser können auch Persönlichkeitsmerkmale Albträume begünstigen. So neigen Menschen, die
und beim
Ich träume von Mord, Totschlag und Vergewaltigung. Ich denke, das überschreitet langsam eine Grenze. Dieses Gefühl macht mich fertig. Neulich lag ich nachts wach und dachte: Ich brauche jemanden, der mir hilft.
Der Leidensdruck ist hoch – nun will sie etwas dagegen tun. Die gute Nachricht: Albträume kann man bekämpfen und besiegen.
So verschwinden die Nachtgespenster
»Du musst einfach mal entspannen.« So einen Satz hören Albträumende oft, wenn sie über ihre Probleme reden. Tatsächlich versuchen viele Betroffene genau das, wie ein Düsseldorfer Traumforschungsteam herausfand. Etwa 14% derer, die auf eigene Faust etwas gegen die Albträume unternehmen, probieren es mit Entspannungstechniken, ca. 16% erzählen jemandem von den Träumen und etwa 15% schreiben die Träume auf. Diese Maßnahmen können zwar helfen, doch hartnäckige Nachtgespenster lassen sich so kaum abschütteln.
»Wenn ich eine Albtraumphase habe, lässt mein Freund nachts sein Handy an und sagt, ich kann ihn anrufen, wenn ich will. Das entspannt mich, weil ich weiß, ich habe Unterstützung und muss nicht alleine damit klarkommen.« – Sophie M.
In der Düsseldorfer Studie empfanden nur 9% der Befragten diese einfachen Bewältigungsstrategien als »hilfreich«. Auch Sophie M. hat sie alle ausprobiert: abends herunterfahren, ein Bad nehmen, ein nicht zu aufwühlendes Buch lesen, mit Freunden reden.
Doch es gibt auch Hoffnung auf dauerhafte Heilung. Denn Schlafforscher lernen immer mehr über das, was sich nachts im Kopf abspielt, und entwickeln dabei neue Methoden gegen Albträume.
Eine Methode, die gerade auch Schlafforscher wie mich fasziniert:







Eine Garantie, dass luzides Träumen im Alleingang klappt, gibt es aber nicht.
Manchmal ist der Weg zum Arzt und eine Therapie unumgänglich. Ein Therapeut kann etwa das luzide Träumen genau
- Expositionsbehandlung:
Bei der Expositionsbehandlung versetzt sich ein Patient mithilfe eines Therapeuten imaginär so lange in einen Albtraum zurück, bis dieser keine Angst mehr auslöst. Ähnlich wie die Konfrontation mit einer Spinne bei Patienten mit Angst vor Spinnen. Eine Studie aus dem Jahr 2017 zeigte, dass dies die Häufigkeit der Albträume und die durch sie verursachte, empfundene Belastung
- Imagery-Rehearsal-Therapie (IRT):
Die Arbeitsgruppe Traum der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) stellt auch eine Anleitung für zu Hause
Doch dass diese Therapien existieren und helfen, wissen bisher nicht viele. Nur rund 30% der Betroffenen holen sich
Rezept: Einmal besser Träumen für alle

Die Zahlen aus der Düsseldorfer Studie sprechen für sich: Nur 3 von 99 Menschen, die einen
Sogar in Schlafzentren bleibt das Problem oft unbemerkt. In einer Studie mit über 4.000 Menschen, die im Schlaflabor
Wie können wir das ändern?
Diese Frage stellte ich Prof. Dr. Michael Schredl. Der Traumforscher ist Leiter des Schlaflabors am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim und bietet dort eine Sprechstunde speziell für Albträumende an. Er setzt sich dafür ein, Allgemeinmediziner und Patienten besser aufzuklären.
Ein Weg [der Aufklärung] ist über Fortbildungen, Vorträge oder auch Fachpublikationen. Der andere Weg ist, die Patienten direkt anzusprechen oder sie über Printmedien, Radio oder Fernsehen zu erreichen.
Wenn Betroffene nicht nach Ärzten suchen, müssen die Ärzte eben nach Betroffenen
»Wenn mich mein Arzt konkret danach fragen würde, würde ich dem wahrscheinlich sehr unbefangen davon erzählen.« – Sophie M.
Und jetzt komme ich ins Spiel: So wie mit Sophie M. werde ich mit diesen 20% – also 200 Menschen –sprechen und sie über mögliche Therapien aufklären. Dabei möchte ich auch für die Wissenschaft herausfinden, was Menschen daran hindert, sich Hilfe zu suchen, und ob bereits ein Telefonat den nötigen Anstoß geben kann. In etwa einem halben Jahr berichte ich für Perspective Daily von meiner telefonischen Erkenntnisreise.
Wenn du selbst unter Albträumen leidest und nicht so lange warten willst, schreibe hier einfach in den Diskussionen! Und hilf dabei mit, dass das Thema Albträume besser erforscht wird.
Mit Illustrationen von Adrian Szymanski für Perspective Daily