Dieses alte Verkehrsmittel wird in den 2020er-Jahren der neue heiße Sch***
Seilbahnen können mehr, als Urlauber auf Berge zu bringen – sie sind das perfekte Verkehrsmittel für verstopfte Innenstädte. Diese deutschen Städte haben Großes damit vor.
Dem Wort nach sollte die »Rushhour« ja die Stunde des Tages sein, in der sich die Menschen am schnellsten fortbewegen, aber meist ist das Gegenteil der Fall. Stattdessen steht man dicht gedrängt an einer Haltestelle oder sitzt im stehenden Auto, hupend, damit es hoffentlich irgendwann weitergeht. Jede Großstadt hat ihre Engstellen – in der Rushhour sind diese so eng, dass sie komplett verstopfen.
In Köln, wo der Stau noch etwas schlimmer ist als in vielen anderen deutschen Städten, wird gerade eine kühne Vision diskutiert: das Rheinpendel, eine Seilbahn, die schon in wenigen Jahren im Zickzack über den Rhein schweben könnte – 33 Kilometer lang, einmal durch das komplette Stadtgebiet. Die
»Der urbane Bereich wird zunehmend wichtiger.«
Aus Sicht des weltgrößten Seilbahnbauers Doppelmayr bieten Städte ein »großes Potenzial« für Seilbahnen. Genaue Zahlen kann die Sprecherin des österreichischen Unternehmens nicht nennen, die traditionellen Winterseilbahnen machen jedoch nach wie vor
Seilbahnen haben, nicht nur in Köln, das Zeug zum trendigen urbanen Verkehrsmittel der 2020er-Jahre. Sie sind sicher, leistungsstark, sehr kostengünstig, wartungsarm und
Berlin: Seilbahn als Vorzeigeprojekt
Berlin steht an einem Punkt, den andere Städte wie Koblenz gut kennen: Im Jahr 2017 war die Hauptstadt Gastgeberin der Internationalen Gartenausstellung (IGA), und damit Besucher die Anlage im Osten der Stadt auch aus der Vogelperspektive anschauen konnten, wurde eine Seilbahn errichtet. Jetzt stellt sich die Frage, was weiter damit passieren soll.
Gebaut wurde die Seilbahn von der Leitner AG, die sie
Tino Schopf sitzt für die SPD im Berliner Abgeordnetenhaus. Am Telefon sagt er: »Diese Seilbahn soll nicht abgebaut, sondern dauerhaft für die Allgemeinheit erhalten werden. Daraus ergibt sich für uns die Forderung, dass sie in den
»Bei einer Seilbahn ist wichtig, dass sie nicht im Nirwana steht, sondern irgendeinen Sinn hat.«
Gerade verhandelt die Berliner SPD mit ihren Koalitionspartnern, den Grünen und den Linken, über den Vorschlag. Schopf hofft, dass das Abgeordnetenhaus vor der Sommerpause über den Antrag abstimmt, damit die Seilbahn im nächsten Haushalt berücksichtigt wird.
»Bei einer Seilbahn ist wichtig, dass sie nicht im Nirwana steht, sondern irgendeinen Sinn hat«, sagt Tino Schopf. Ob er damit den Standort der Seilbahn in Marzahn-Hellersdorf meint – das weit draußen liegt und kaum touristisch erschlossen ist –, lässt er offen. Schopf könnte sich vorstellen, die Seilbahn weiter Richtung Osten zu erweitern, damit sie für Einpendler aus dem Brandenburger Umland attraktiv wird. Mit zusätzlichen Gondeln könnte das bestehende System bis zu 3.000 Fahrgäste pro Stunde befördern, sagt Schopf.
Wenn die IGA-Seilbahn nun aber womöglich bald ins normale Ticketsystem der Berliner Verkehrsgesellschaft eingebunden ist, kann sie als Vorzeigeprojekt auch den Weg für weitere BVG-Seilbahnen ebnen. Langfristig, sagt Tino Schopf, könne er sich eine Seilbahn über das Tempelhofer Feld vorstellen, wo in den nächsten Jahren 9.000 Wohnungen entstehen und angebunden werden müssen. Eine weitere Seilbahn könnte über den Wannsee hinweggleiten. Und wenn eines Tages der sehnsüchtig erwartete Großflughafen BER in Betrieb geht und Tegel schließt, entsteht dort ein weiteres neues Wohnquartier. Wer weiß, vielleicht schwebt man per Seilbahn auch künftig in Tegel ein.
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily