Beim Nachdenken über die Arbeitswelt von morgen gerät so mancher schon mal ins Träumen. Es gibt keine sinnlosen Jobs mehr und keine harte Arbeit, weil Maschinen und Computer das erledigen. Niemand muss mehr 40 Stunden in der Woche arbeiten. Und jeder Mensch ist frei von finanziellen Sorgen, denn sein Einkommen fließt bedingungslos auf das Konto oder ist als Erspartes längst da. Dank kluger Anlage
In dieser Zukunft, in der
ist endlich Zeit für die wesentlichen Dinge im Leben.
Im Interview erklärt sie, was Aktivisten übersehen, die für eine Welt ohne Arbeit werben, und welche Zutaten es braucht, damit alle Menschen von der neuen Arbeitswelt profitieren.
Künstliche Intelligenzen und Roboter werden uns in Zukunft wohl immer mehr Arbeit abnehmen. Wir könnten uns dann anderen Aufgaben zuwenden als dem Beruf. Sie sagen nun, die Arbeit muss gerettet werden. Warum denn das?
Lisa Herzog:
Ich will nicht die Arbeit an sich, wie wir sie heute kennen, retten, sondern das, was an Arbeit positiv ist. Wenn wir die technischen Entwicklungen und deren Übersetzung in den Arbeitsalltag einfach nur den freien Märkten überlassen, dann wird dieses glückliche Szenario, das Sie gerade angesprochen haben, wahrscheinlich nicht der Gesellschaft als Ganzes zugutekommen, sondern nur einer kleinen Gruppe.
Was würde das bedeuten?
Lisa Herzog:
Wir sehen an den USA, was passiert, wenn die Macht der großen Internetkonzerne und überhaupt der großen Firmen immer weiter steigt. Die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erodieren immer stärker. Das Lohnniveau stagniert seit Jahrzehnten, und es gibt sehr wenig Schutzmechanismen für Angestellte. Viele Leute benötigen mehrere Jobs, um zu überleben, und sind der Willkür ihrer Chefs vollkommen ausgeliefert. Das ist kein Szenario, das wir uns wünschen sollten.
Hierzulande gibt es aber viele positive Entwicklungen
oder neue Tarifabschlüsse, in denen eine Reduzierung der Arbeitszeit festgeschrieben ist.
Lisa Herzog:
Ja, auf jeden Fall.
hat viele Vorteile. Und ich finde es sehr positiv, dass auch wieder über eine
diskutiert wird. Das zeigt, dass es nicht nur um Geld, sondern auch um die Qualität von Lebens- und Arbeitszeit geht. Der demografische Wandel spielt uns dabei in die Hände, weil
auch hilft, bestimmte Forderungen durchzusetzen. Insofern sehe ich die Lage für Deutschland nicht komplett verzweifelt.
Aber?
Lisa Herzog:
Man muss sich noch stärker darüber klar werden, was da an politischen Gestaltungsaufgaben auf uns zukommt. Das betrifft nicht nur die Arbeitswelt direkt, sondern auch die Sozialversicherungssysteme,
– alles, was um die Arbeit herum auch angepasst werden muss. Meine Hoffnung ist, dass wir die Technologien so nutzen können, dass Arbeitszeitverkürzungen möglich sind, die allen zugutekommen.
»Geteilte Arbeit hat etwas enorm Soziales. Das wurde in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig betont.« – Lisa Herzog, Philosophin
Sie begrüßen eine Reduzierung der Arbeitszeit. Gleichzeitig betonen Sie die positiven Seiten der Arbeit – wie passt das zusammen?
Lisa Herzog:
Ich denke, dass Arbeit zum Leben einfach dazugehört. Das muss vielleicht nicht unbedingt Lohnarbeit sein. Aber tätig zu sein, gemeinsam mit anderen, die Umwelt zu formen, um Bedürfnisse zu befriedigen, um auch eigene Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen – das sind ja zutiefst menschliche Impulse. Das sollte erhalten bleiben. Und gerade der soziale Aspekt von Arbeit ist sehr wichtig.