Warum immer mehr Unternehmen ihre Chefs abschaffen
Mitarbeiter wissen selbst am besten, worauf es bei ihrer Arbeit ankommt. Doch so viel Veränderung gefällt nicht allen.
Du hast da eine richtig tolle Idee. Sie bringt dein Unternehmen weiter, auch für die Kunden hat sie viele Vorteile. Das einzige Problem: dein Chef, der dich schon wieder ausbremst.
Oder du befolgst gewissenhaft alle Ansagen deines Vorgesetzten. Mit ihm kommst du gut klar, doch immer wieder grätscht die nächsthöhere Führungsebene rein, kassiert alles, was vorher beschlossen wurde; die ganze Arbeit umsonst. Diese Probleme kennen viele Unternehmen, sie kosten Zeit und Energie. Einige wollen das nun ändern.
Urlaubsplanung unter Kollegen, Zusagen an den Kunden ohne Rückversicherung, neue Ideen einfach mal ausprobieren? Gefühlt die Hälfte der Kopfschmerzen im Arbeitsalltag fielen weg. Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, Selbstorganisation zu leben. 2 davon habe ich mir angeschaut:
Einen Konzern, den jeder kennt und mit dem viele eine Hassliebe verbindet. Die »Verzögerungen im Betriebsablauf« haben bei den Kunden fast schon eine Art von bitter-süßem Kultstatus. Klar, dass die Bahn schon allein deswegen ein Interesse daran hat, unnötig lange Abstimmungswege zu vermeiden und darüber hinaus gern noch innovativer wäre – nicht nur bei den Verspätungsgründen. In der anderen Firma, der Alois Heiler GmbH, arbeitet der frühere Chef mit Hochdruck daran, sich auch noch als Inhaber selbst abzuschaffen. Stecken in diesen Firmen Lösungen für ein Arbeiten, das den Mitarbeitern weniger Stress und mehr Erfüllung bietet und sie so motivierter und produktiver macht?
Neue Wege auf alten Schienen
Die Deutsche Bahn ist zu spät, zu kaputt und jetzt musste sie auch noch verkünden, dass der
Cornelius Fischer ist Teil des Thinktanks
»Selbstorganisation verändert sehr stark die Art und Weise, wie wir führen«, sagt Fischer. »Sie bringt das, was wir klassischerweise als Demokratie bezeichnen, in die ja eher ›tyrannisch‹ organisierten Wirtschaftsunternehmen ein. Die Macht der Führungskräfte, insbesondere in
Eine Regionaltochter der DB AG, die Südostbayernbahn, hat vor einigen Jahren den Anfang gemacht, der Anstoß kam von oben. In sogenannten »Experimentierräumen« haben Teams neue Arbeitsmethoden getestet. Heute bekommen die verschiedenen Teams der Südostbayernbahn grobe Vorgaben und können selbst entscheiden, wie sie diese Ziele erreichen wollen. Die Firma wollte weg von Abteilungsleitern, die den anderen einfach Ansagen machen, hin zu schnellen Entscheidungen einzelner oder ergiebigen Diskussionen im Team über das richtige Vorgehen. Doch Demokratie hat im Konzern auch klare Grenzen: Wenn Selbstorganisation der Angestellten ihre Produktivität oder Innovationskraft steigert, hat sie größere Chancen, eingeführt zu werden; wenn die Firmenlenker aber der Meinung sind, dass bestimmte Aufgaben besser mit straffen Hierarchien funktionieren, dann bleibt es mitunter auch dabei.
Mit Illustrationen von Robin Schüttert für Perspective Daily