Ey, mach mal dein Sch**ßsmartphone aus!
Missverständnisse, Ärger und Fettnäpfchen: Mit diesen 4 Tipps hörst du auf, deinen Mitmenschen digital auf den Keks zu gehen.
[…] Ich will auf jeden Fall nicht länger verheimlichen, was ich für dich empfinde. Ich bin mir ganz klar darüber mittlerweile, Anna*, dass ich dich so liebe, wie ich noch nie eine Frau geliebt habe.
Diese Worte richtete ich vor ein paar Jahren an eine Frau, in die ich verliebt war. Es gab dabei einen großen Fehler: Ich »sagte« sie ihr per E-Mail. Die Reaktion darauf war dementsprechend verhalten: »Ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll. Ich weiß auch gerade nicht, was ich fühlen soll.«
Diese Erfahrung dürfte wohl heute im Trend liegen. Denn wir Deutschen
Und laut einer Kaspersky-Studie in 15 Ländern nehmen knapp 25% der Befragten Smartphone, Tablet und Co. überall mit hin –
Doch digitale Medien sind eben nicht immer der beste Weg zur Kommunikation – darüber sind wir uns im Grunde genommen alle im Klaren. Sie sind in vielerlei Hinsicht eine feige Kommunikationsform: Anders sind die Entrüstungsstürme über Prominente nicht zu erklären, die mit ihrem Partner
»Wollen wir Kinder kriegen?« Über den Facebook-Messenger? Ouch.
Was im Zeitalter der Smartphones abhandengekommen ist, ist ein Gefühl dafür, was wir über digitale Medien klären sollten und was lieber nicht. Es gibt dabei kein Richtig und Falsch, aber ein paar Dinge gehen halt nicht, mit anderen wiederum bist du auf der sicheren Seite. Hier sind 4 Ratschläge von mir, wie du die schlimmsten Fettnäpfchen vermeiden kannst, wie du aufhörst, deinen Mitmenschen auf den Keks zu gehen – und trotz digitaler Medien erfüllende Beziehungen führst.
1. Denk Missverständnisse mit
Berlin. Samstagnachmittag um 16 Uhr. Es ist mal wieder Zeit, mich mit meinen Freunden aus der Hauptstadt zu treffen. Mit dabei sein soll unbedingt mein ehemaliger Mitbewohner. Ich schreibe per SMS einen langen Text, der sich ungefähr so zusammenfassen lässt:
Ich: Ich wünsche mir, dass du heute Abend Spaghetti Carbonara zauberst. – Er: Ich koche immer gerne. Wann soll ich da sein?
Dann geht bei mir das Gedankenkarussell los. Denkt jetzt mein Freund, dass ich ihn nur eingeladen habe, damit er Carbonara kocht? Ich schreibe ihm, ich hoffe, dass er sich jetzt nicht ausgenutzt fühlt, und dass ich natürlich auch selbst die Carbonara kochen kann, ihn nur gefragt habe, weil er so ein guter Koch ist und … verdammt ist das schwer, auf ein paar Textzeilen das rüberzubringen, was man sagen will.
»Das liegt daran, dass bei der Kommunikation über digitale Medien die Gestik und Mimik fehlt«, sagt die Psychologin Yvonne Glock von der Fresenius Hochschule in Hamburg.
Auch wenn wir bei digitalen Medien auf einige dieser Zutaten der Kommunikation verzichten müssen, können wir einiges tun, damit unsere Botschaften dennoch richtig verstanden werden: Zum Beispiel klar formulieren, sich in den Empfänger hineinversetzen und immer an mögliche Missverständnisse denken.
Psychologin Yvonne Glock bestätigt dazu, was wir uns wohl alle immer schon gedacht haben: Ironie ist schwierig. Denn oft interpretiert der Leser eine Textnachricht ganz anders als der Verfasser. Vor allem »längere Texte werden in der Regel nicht genau gelesen«, sagt sie und rät bei komplizierten Sachverhalten zum Telefon. Und wenn mal etwas unklar bleibt: Unbedingt nachfragen.
Doch die Psychologin weiß auch, was helfen kann, damit unsere geschriebenen Nachrichten besser verstanden werden: Smileys. Wie zum Beispiel der Augenzwinker-Smiley, der signalisiert, dass man etwas humorvoll meint, und der Smiley, der vor Lachen heult und damit ganz deutlich zeigt, dass man etwas lustig findet. So klappt es vielleicht auch besser mit der Ironie.
2. Auch am Smartphone bist du nicht allein!
Hamburg. Vor einigen Wochen. Spät abends steige ich in den Zug, der mich in meine Heimat bei Bremen bringen soll. Ich bin müde. Meine Nerven sind von dem anstrengenden Tag schon etwas lädiert. Im Waggon herrscht überwiegend Stille. Einige Passagiere unterhalten sich leise. Dann steigt ein junger Mann ein. Er redet lautstark und hat zu allem Überfluss sein Smartphone so eingestellt, dass ich auch seinen Gesprächspartner deutlich hören kann. So geht das einige Minuten, bis ich mich aus meinem Sitz schäle und ihn bitte, etwas leiser zu reden.
Diese Szene wurde zwar nur zu Werbezwecken für das U-Bahn-Fernsehen der Stadt München aufgenommen. Dennoch ist es ein gutes Beispiel, wie wir in Situationen reagieren können, in denen wir uns in der Öffentlichkeit gestört fühlen. Freundlich bleiben, aber klare Zeichen setzen, und wenn sich der Störende einsichtig zeigt, ihm danken – mit einem Lächeln. Das reicht in der Regel. Ein Lolli ist nicht unbedingt nötig.
Wohl niemand mag Menschen, die in direkter Nähe lautstark in ein Telefon posaunen. Dabei haben Smartphones eine eigene raffinierte Lösung: Die Mikrofone verstärken das Gesagte, sodass auch ein Flüsterton beim Empfänger verstanden wird – eine gute Verbindung vorausgesetzt. Lautstärke ist also gar nicht nötig.
Doch das ändert nichts daran, dass auch im Normalton andere Mithörende persönliche oder gar intime Informationen mitbekommen. Muss das sein?
Nein, sagt Psychologin Yvonne Glock, die auch Trainings für die richtige Kommunikation in Beruf und Alltag anbietet. Sie rät dazu, solche unangenehmen Situationen einfach anzusprechen. Bei renitenten Fällen kann auch Humor weiterhelfen, erklärt Glock und berichtet von einem Fall, in dem ein Geschäftsmann im Café ein Unternehmensgespräch führte: »Er sprach lautstark über ein Projekt. Meine Freundin und ich haben das dann hörbar kommentiert: ›Stimmt, mit dem Mitarbeiter müsse man dazu auch mal wieder sprechen!‹ Der Mann hat das irgendwann bemerkt, uns angelächelt und dann das Café verlassen.«
Eine Lösung für Menschen mit Humor. Doch Psychologin Yvonne Glock warnt auch: »Ich würde das nie machen, wenn ich merke, da ist irgendjemand angespannt.« Denn in Extremsituationen ist Menschen Etikette eher egal und eine solche gutgemeinte Kritik kann nach hinten losgehen.
Erinnere Menschen an die Etikette und versuch es mit Humor, wenn die Situation es hergibt.
Die Etikette gilt dabei nicht nur für laute Telefonate, sondern auch für über Messenger aufgezeichnete Sprachnachrichten – und sogar für Chaträume.
Denn auch dort können andere unfreiwillig mithören. Wenn etwa in einer Messengergruppe 2 Freunde miteinander reden, klingeln trotzdem bei den anderen Teilnehmern die Smartphones mit Dutzenden Pushnachrichten. Besser gleich zu einem Privatchat wechseln.
Man muss nur die scheinbare Intimität des Smartphones durchschauen und mitdenken, dass man nicht immer allein im Gespräch ist.
3. Verhandele deine Flexibilität
Im März wollte ich mich mit einem Freund zum »Jammen« verabreden. So nennen wir das, wenn wir zusammen Gitarre spielen. Ich schreibe ihm:
Ich: Ich könnte noch morgen oder Montagabend. Wie siehts bei dir aus? – Er: Lass uns noch mal am Montagabend schauen. Gerade ein bisschen voll bei mir.
Solche Antworten haben wir bestimmt alle schon mal gegeben oder bekommen. Denn digitale Medien ermöglichen es uns heute, ständig miteinander in Kontakt zu treten. So können wir jederzeit Termine neu verhandeln, ändern und absagen. Manche Menschen genießen diese Freiheit. Doch Flexibilität ist nicht für jeden etwas – andere Menschen haben auch im Zeitalter der Smartphones ein starkes Bedürfnis nach Verbindlichkeit. Ich bin einer von ihnen.
»Diese sollten sie über digitale Medien dann auch einfordern«, rät Psychologin Yvonne Glock. Warum nicht genaue Uhrzeiten angeben und ergänzen »Sei bitte pünktlich«? Oder aber Zeiten für Absagen klar kommunizieren: »Ich möchte für die Feier am Mittwoch das Essen und die Getränke planen, gib mir bitte bis Donnerstag Bescheid«.
Fordere ein, was du an Verbindlichkeit brauchst.
»Es gibt aber auch Menschen, die ein starkes Bedürfnis nach Flexibilität haben. Oft fällt der Perspektivenwechsel zwischen diesen beiden Menschentypen schwer«, sagt Glock. Wichtig ist hier vor allem, Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer zu nehmen und dass diese Bedürfnisse klar formuliert werden. Dann kommen auch Flexibilitätsfans und Verbindlichkeitsplaner gut zusammen.
Nur solle man den erhobenen Zeigefinger vermeiden. Schuldzuweisungen helfen nicht weiter, auch nicht bei der digitalen Terminplanung. Lieber auf kreative Lösungen setzen, sagt die Psychologin und erzählt: »Ich hatte mal einen Bekannten, der immer zu spät gekommen ist. Irgendwann habe ich aus der Not einfach eine Tugend gemacht und den Zuspätkommer konsequent eine halbe Stunde früher eingeladen, als das tatsächliche Treffen anberaumt war.«
4. Vergiss die realen Kontakte nicht – sonst wird es einsam
Lübeck. Vor wenigen Monaten. Mitten in der Nacht. Ich stehe mit 2 Bekannten vor dem »Treibsand«, einer Konzerthalle, die von einem linken Kollektiv betrieben wird. Während die beiden eine Zigarette rauchen, unterhalten wir uns. Dann bekommt einer der beiden eine Nachricht auf sein Smartphone. Er holt es raus und fängt an zu schreiben. Daraufhin holt auch der andere sein Smartphone raus und tut es dem anderen gleich. So stehen wir einige Zeit voreinander, die beiden schreiben, ich schaue dabei zu.
Moment mal … da stimmt doch irgendwas nicht.
Stimmt. Denn ein großes Problem der digitalen Kommunikation heute ist, dass wir sie nicht mehr lassen können. Und dieses Nicht-lassen-Können ist noch viel schlimmer als irgendwelche Missverständnisse oder fehlende Rücksichtnahme. Denn wo Menschen an einem Ort sind, in Gedanken aber ganz woanders, da wird Beziehung verpasst. Und wo Menschen aufhören oder gar verlernen, Beziehungen zu führen, da entsteht etwas, das gerade scheinbar wie eine Krankheit durch die Welt grassiert: Einsamkeit.
Über diese Einsamkeit schrieb auch der US-amerikanische Reporter Billy Baker im Jahr 2017. In dem im Boston Globe erschienenen Artikel beschreibt der Journalist, wie er den Kontakt zu seinen Freunden durch familiäre und berufliche Pflichten immer mehr schleifen ließ, bis er sich bei einem Freund gar nicht mehr daran erinnern konnte, wann er ihn das letzte Mal gesehen hatte. Als ihm das bewusst wurde, entschied er sich, seine Einsamkeit in einem Artikel zu thematisieren und
Auch Wissenschaftler bestätigen, dass soziale Medien eine Ursache für Einsamkeit sein können. Brian A. Primack leitet das Zentrum für Forschung über Medien, Technologie und Gesundheit an der Universität in Pittsburgh. Im vergangenen Jahr befragte er US-Amerikaner im Alter von 19–32 Jahren zum Thema E-Mail, wie lange und wie häufig sie soziale Medien nutzen und ob sie sich sozial isoliert fühlen. Dabei kam heraus, dass Menschen, die länger als 2 Stunden am Tag soziale Medien nutzen, sich mit doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit sozial isoliert fühlen wie Menschen,
Mit diesem Wissen im Hinterkopf stimmt es einen natürlich nachdenklich, dass laut einer Studie der Deutschen Angestellten Krankenkasse Gesundheit (DAK) aus dem Jahr 2017 in Deutschland über 100.000 Kinder und Jugendliche
Kommunikation über digitale Medien ist anders als reale. Doch gerade gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse in der echten Welt sind die Grundpfeiler einer Beziehung. Das ist die Erkenntnis von Gerald Lembke, dem Autor des Buches
Um herauszufinden, ob mich selbst soziale Medien in die Einsamkeit treiben, gibt es 2 Wege:
- Selbstehrlichkeit. Stell dir die Frage, wie viele direkte Kontakte du in der Vergangenheit zu Freunden oder Kollegen hattest. Wenn du über mehrere Tage mit keinem Freund oder Kollegen gesprochen hast, dann solltest du etwas ändern.
- Kontrollier dich per App: Es gibt für Smartphones Apps wie
Der US-amerikanische Journalist Billy Baker hat sich bei seinem Weg aus der Einsamkeit von einem Mann namens Ozzy inspirieren lassen, den er mal in einer Kajakschule kennengelernt hat. Dieser ältere Mann redete in Bakers Beisein davon, dass er »Mittwochabend« habe. Daraufhin fragte Billy Baker, was denn »Mittwochabend« sei. Daraufhin erklärte Ozzy, dass er vor vielen Jahren mit seinen Freunden einen Pakt geschlossen habe. Sobald sie alle an einem Mittwochabend in der Stadt sein sollten, machen sie irgendwas zusammen. Was auch immer.
Titelbild: Andrew Guan - CC0 1.0