sitzt in einer Bäckerei in der Nähe von Köln. Sie möchte nicht, dass ich ihren richtigen Namen nenne, aus Sorge, das Gespräch könnte negative Folgen für sie haben. Die gelernte Altenpflegerin ist Ende 30 und bekommt seit 3 Jahren Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Ihren erlernten Beruf kann sie nicht mehr ausüben, ihr Rücken ist kaputt. Sie leidet an Depressionen, wie viele Menschen, die langzeitarbeitslos sind. Aufgegeben hat sie sich trotz aller Schwierigkeiten nicht. »Ich möchte noch etwas erreichen in meinem Leben, ein erfülltes Leben führen. Ich habe Fachabi und 2 Ausbildungen. Die letzten Jahre sind beruflich nicht gut gelaufen, das habe ich mir auch anders vorgestellt, als ich 20 war. Manchmal sind Lebensumstände aber leider so, dass es nicht anders geht, und dann muss man versuchen, das Beste aus dieser Situation zu machen.«
Am meisten macht ihr neben der Arbeitslosigkeit die ständige Angst vor der Willkür ihres Betreuers im Jobcenter zu schaffen. Manchmal drohe er offen mit Sanktionen, sagt sie, manchmal bekomme sie Geld für Bewerbungsunterlagen oder Fahrkarten im Voraus erstattet, dann wieder erst nach Vorlage des Belegs. Für sie sei nicht nachvollziehbar, warum das so ist. Aber es erzeugt ein ständiges Grundrauschen der Sorge. Das teilt sie mit vielen Hartz-IV-Empfängern, die das Jobcenter oft eher als Problembereiter denn als Hilfe wahrnehmen.
Bisher wurden gegen sie keine verhängt, doch die Angst davor bleibt oder besser gesagt: blieb. Durch Zufall hat Maria Marquardt vergangenes Jahr von »HartzPlus« gehört, einer Initiative, die solche Strafen für Langzeitarbeitslose ausgleicht – ganze 3 Jahre lang. Eine begleitende Studie soll klären, welche Auswirkungen diese neue Sicherheit für die Teilnehmer hat. Die Frage dahinter: Was macht es mit Menschen, wenn der Druck durch das Jobcenter wegfällt?
Jeder weiß: Unsere Arbeitswelt verändert sich radikal und rasend schnell. Nicht nur bei uns vor der Haustür, sondern auch anderorts. Wie können wir diese Veränderungen positiv gestalten und welche Anreize braucht es dafür? Genau darum geht es Benjamin, der erst Philosophie und Politikwissenschaft studiert hat, dann mehr als 5 Jahre als Journalist in Brasilien gelebt hat und 2018 zurück nach Deutschland gekommen ist. Es gibt viel zu tun – also: An die Arbeit!