Halb Europa feiert Erfolge mit der Lebensmittelampel. Warum nicht auch wir?
Jedes Jahr sterben über 165.000 Menschen in Deutschland an den Folgen ungesunder Ernährung. Wie der sogenannte »Nutri-Score« das ändern könnte – und warum das Landwirtschaftsministerium die Initiative trotzdem blockiert.
Brauchen wir eine staatliche Vormundschaft für alle Bürger? Einen Super-Nanny-Staat? Und das alles, wenn wir einen Joghurt, eine Tiefkühlpizza oder ein Erfrischungsgetränk kaufen wollen?
Diese Fragen stellt der
»Nein! Ich bin doch nicht bescheuert!« Mit seinen provokanten Fragen will der Lobbyverband emotionale Antworten aus dem Bauch heraus provozieren. »Ich bin schließlich kein Idiot, der nicht weiß, was für mich selbst am besten ist.« Wer will sich schon gerne als Idiot abgestempelt wissen?
Natürlich sind die meisten Verbraucher keine Idioten. Doch wenn wir statt aus dem Bauch heraus rational antworten, ist klar, dass die geliebte Schoki als »Nervennahrung« eher die Ausnahme als die Regel sein sollte; ebenso die Cola in der Mittagspause oder die Chips abends auf der Couch. Für diese Erkenntnis braucht es wohl keinen Blick auf die
Ungesunde Ernährung ist einer der größten Massenmörder unserer Zeit
Trotzdem hat Deutschland ein ernstes Problem. Denn nirgendwo in Westeuropa ist die Zahl der Todesfälle durch Fehlernährung so hoch wie bei uns: 165.000 Menschen sterben im Jahr an Herzinfarkten oder Schlaganfällen, die auf schlechte Ernährung zurückzuführen sind.
Warum machen wir es uns allen beim Einkauf nicht leichter und kennzeichnen die Lebensmittel in unseren Supermärkten so, dass es jeder auf einen Blick versteht?
Wie das genau aussehen kann, machen uns unsere französischen Nachbarn vor. Mit einer modernen Version der Lebensmittelampel: dem »Nutri-Score«. Also genau das, was der BLL hier in Deutschland verhindern will.
Und das bisher sehr erfolgreich.
Der Kampf um die Ampel
Wer die aktuelle Aufregung um den Nutri-Score verstehen will, muss zurückblicken auf die geistige Mutter, die sogenannte Lebensmittelampel. Der Kampf um eine einfache Kennzeichnung (die von grün für »gesund« bis rot für »ungesund« reicht) wird bereits seit über einem Jahrzehnt erbittert geführt. 2010 diskutierte das Europaparlament hitzig einen Vorstoß für eine EU-weite Einführung. Doch es kam nicht dazu.
Titelbild: Joshua Rawson-Harris - CC0 1.0