5 Entscheidungen, die jeder Vater treffen sollte
Männer wollen mehr Familienarbeit leisten, doch in der Realität ändert sich wenig. So haben es die Väter in unserer Redaktion hinbekommen.
Am Anfang eine gute Nachricht: Es gibt immer mehr Väter, die sich auf das Abenteuer Vaterschaft einlassen. Nein, das soll nicht heißen, dass es immer mehr Väter gibt. Wie viele Männer Kinder haben, darüber schweigt die Statistik.
Die gute Nachricht ist eine andere: Die Zahl der Männer, die neue Wege des Vaterseins ausprobieren, steigt.
Aus dem aktuellen Väterreport der Bundesregierung geht hervor, dass fast 60% der Väter mit Kindern unter 6 Jahren den Wunsch haben, mindestens die Hälfte der Kinderbetreuung zu übernehmen. Und tatsächlich gehen mehr Männer in Elternzeit.
Grund zum Feiern also am Vatertag? Nur bedingt. Denn die Kehrseite dieser erfreulichen Entwicklungen ist: Es klafft weiter eine gewaltige Lücke zwischen dem Wunsch nach einer gleichberechtigten Elternschaft und dem gelebten Modell. Tatsächlich verwirkliche nur eine Minderheit von 14% ein partnerschaftliches Modell, heißt es im Väterreport.
Das ist nicht nur ärgerlich für viele Väter, die es gerne anders machen würden – sondern auch für die Mütter. Denn sie übernehmen laut Väterreport in der Regel den weitaus größeren Teil der Hausarbeit, selbst dann, wenn sie in Vollzeit arbeiten. Und im Gegensatz zu den Vätern tun sie das, ohne sich dafür auf die Schulter zu klopfen, wie eine Kollegin in unserer Redaktionskonferenz anmerkte, als wir den Vorschlag für diesen Text auf den Tisch legten.
Es ist ja so, dass Frauen in den vergangenen Jahrhunderten die familiäre Care-Arbeit stillschweigend übernehmen mussten, übernommen haben und das bis heute tun, ohne sich damit in der Öffentlichkeit zu sonnen. Es war und ist einfach selbstverständlich, dass Frauen die Mutterrolle und die damit verbundene Arbeit übernehmen.
»Suhlt euch mal nicht so in eurem Vatersein«, lautete ihr schöner Kommentar. Wir werden uns hüten, das zu tun. Doch aus Sicht von uns Vätern greift das zu kurz: Es gibt gute Gründe dafür, warum Väter, die ihre Rolle neu interpretieren, das auch nach außen tragen und vorhandene Probleme ansprechen. Denn je besser die Männer in ihre – noch immer etwas neue – Vaterrolle finden, desto besser ist das für die ganze Familie.
Zum Vatertag berichten die Väter und werdenden Väter der PD-Redaktion, wo es noch hakt und wo wir selbst noch besser werden wollen.
1. Vaterpräsenz zeigen
von Felix AustenUnsere Hebamme ist eine wirklich nette und einfühlsame Dame. Sie nimmt sich Zeit, hört zu und gibt gute Tipps. Es gibt nur eine Sache, die mich irritiert: Wenn wir uns mit ihr unterhalten, spricht sie meistens nur meine Freundin an. Als wäre ich Luft.
Ein Beispiel: Wir sitzen nebeneinander auf der Couch, unser Kind auf meinem Schoß, die Hebamme gegenüber. Es geht um Themen, die nun wirklich beide Elternteile angehen, aber sie sagt nicht »ihr«, sondern »du«, und sieht meiner Freundin in die Augen:
Du hast aber eine tolle Wickelkommode. Weißt du schon, ob du eher ein Tragetuch oder den Kinderwagen nutzen willst? Und deine Tochter trinkt schon sehr gut, da würde ich mir keine Sorgen machen.
Ich unterstelle ihr nichts Böses, es ist wohl die Gewohnheit. Meistens habe sie es eben nur mit Müttern zu tun, sagt sie, als ich sie einmal darauf anspreche. Sie tut einfach im Kleinen das, was die Gesellschaft im Großen tut: Sie geht davon aus, dass sich die Mütter um die Kleinen kümmern. Und macht es damit Müttern und Vätern gleichermaßen schwer.
Situationen, in denen Väter auffallen, weil sie ihren Eltern-Job machen, gibt es genug: die älteren Semester, die mich auf offener Straße ungläubig anstarren, wenn ich unser Kind im Tragetuch trage. Die Geschäfte und Restaurants, die die Wickelkommode in der Damentoilette platzieren anstatt im Gang oder im Vorraum. Oder die Bekannten, die das Kind zum ersten Mal besuchen kommen und meine Freundin fragen: »Und, wie macht er sich?« – und damit mich meinen.
Alles nichts Schlimmes, aber in Summe doch ein Anzeichen dafür, dass es noch nicht völlig normal ist, auf ganzer Linie Vater zu sein. Deshalb finde ich: Väter sollten sich nicht davor drücken, als Väter präsent zu sein – auch da, wo sie vielleicht erst mal aus der Reihe tanzen.
2. Familienarbeit teilen
von Stefan BoesDie Erklärungen dafür, warum Väter in der Familie weniger präsent sind als am Arbeitsplatz, sind vielseitig. Das höhere Gehalt etwa, die Schwierigkeit, den Arbeitgeber für
Klar ist doch: Es liegt zu einem wesentlichen Teil an den Männern selbst, welche Rolle sie als Vater einnehmen. Es sieht progressiv aus, wenn jemand 2 oder 3 Monate in Elternzeit geht. Es sieht nach einem neuen Rollenverständnis aus, wenn Väter ihr Kind vor den Bauch schnallen oder durch die Gegend schieben. Doch das sind nur die äußeren Symbole einer neu verstandenen Vaterschaft. Sie sagen wenig darüber aus, wie es um die tatsächlichen Lebensentwürfe steht, um konkrete Entscheidungen.
Mehrheitlich sind es weiterhin die Mütter, die sich der
Dass Männer überproportional
Deshalb finde ich: Der moderne Vater sollte sich nicht davor drücken, reduzierte Stellen zu verlangen und länger in Elternzeit zu gehen, wenn die Frau zeitig in den Job zurück will. Er sollte sich nicht davor drücken, dort Verantwortung zu übernehmen, wo es außer dem eigenen Kind niemand mitbekommt: im Kinderzimmer, im Haushalt, im Alltag. Nur dann, wenn wir Väter in jeder Lebenslage allein mit den Kindern klarkommen, können wir eine unabhängige, starke, sichere Bindung aufbauen. Das gibt den Müttern die Möglichkeit, in stärkerem Umfang berufstätig zu sein und Zeit für sich selbst zu gewinnen.
3. Längere Elternzeiten nehmen
von Benjamin FuchsDie Rolle des gleichberechtigten Vaters ist in unserer Gesellschaft nicht vorgezeichnet. Bei mir war es ein langer Weg in Richtung dieses Ideals. Nach der Geburt meiner ersten Tochter 2009 hat meine Frau ein Jahr Elternzeit genommen. Ich versuchte parallel als freier Journalist Fuß zu fassen. Viel Arbeit, dazu Zukunftssorgen – zwischen alldem hat es lange gedauert, bis es wirklich Teil meiner Identität wurde: das Vatersein. Beim nächsten Mal sollte das anders werden, unbedingt.
Nach der gemeinsamen Zeit mit unserer zweiten Tochter ging meine Frau wieder arbeiten und ich übernahm die Familienarbeit. Erste Zweifel: Würde das gut gehen? Füttern und wickeln kann ich, klar, aber den ganzen Tag? Würde das Baby nicht seine Mutter vermissen?
Die letzte Frage hat man mir übrigens öfter gestellt als ich mir selbst. Der Gedanke, Mutter und Kind seien eine unzertrennliche Einheit und selbst der engagierteste Vater könne da leider nichts ausrichten, ist anscheinend weit verbreitet. Klar, nicht alles klappte immer perfekt, aber das meiste doch – ganz ohne Kindeswohlgefährdung.
Nur eins machte mir Probleme: Ich habe mich oft einsam gefühlt. Ich war zu dieser Zeit in Brasilien, wo selbst in der Metropolenblase in São Paulo Väter deutlich weniger Alltag mit ihren Kindern erleben als in Deutschland.
Aber: Ich habe ähnliche Beobachtungen auch hierzulande gemacht. Für Mütter gibt es Orte und Gruppen, an denen sie sich treffen und austauschen. Für Männer gibt es solche Gelegenheiten kaum. Sie können versuchen, die weibliche Welt der Stillcafés und Müttergruppen zu betreten, bleiben aber Gast.
Ganz allmählich verändert sich das. Seit einiger Zeit schafft zum Beispiel der Verein
4. Selbstfürsorge lernen
von Dirk Walbrühl
Ach, ich komme auch mit 5 Stunden Schlaf diese Nacht aus. Ein paar Kaffee mehr und ab auf die Party. Und wenn unterwegs der Magen knurrt, tut’s eben auch eine fettige Pizzaecke an der Tanke.
Bisher wollte ich immer dabei sein, etwas erleben, nichts verpassen. Und natürlich immer 110% geben auf der Arbeit. Den Preis dafür zahlte am Ende natürlich ich selbst: Waschbärbauch, Augenringe, Kopfschmerzen. Mein letzter
100 werden wollte ich nie.
Und mit meinem bisherigen Lebensstil wäre ich das
Doch damit ist jetzt Schluss, seit ich weiß, dass ich im August Vater werde. Denn gleich nachdem ich das erste Ultraschallbild unseres werdenden Kindes in den Händen hielt, schoss mir ein Gedanke in den Kopf und geht seither nicht mehr weg: »Ich muss besser auf mich achtgeben.« Denn ab jetzt trage ich die Verantwortung für ein ganzes Leben mehr mit. Und dieses Leben will wohl jeder Vater möglichst lange topfit begleiten.
Dazu bin ich jetzt ein Vorbild. Wie soll ich denn meinem Sohn einen gesunden Lebensstil beibringen, wenn ich ihn selbst nicht vorlebe? Wenn ich sie nicht abstelle, reiche ich die schlechten Gewohnheiten weiter, die gerade unter Männern gang und gäbe sind.
Also ab zum Doktor – und diesmal die Ansprache über mehr Sport, mehr Schlaf und gesünderes Essen ernst nehmen. Ich habe mich lange genug davor gedrückt, meine eigene Gesundheit wichtiger zu nehmen. Als Vater habe ich jetzt den besten Grund, das nachzuholen.
5. Die Herausforderung annehmen und dazulernen
von Peter Dörrie
Du weißt nichts, Jon Schnee.
Um mich herum tobt die Schlacht. Die Zerstörung ist allgegenwärtig, kein Ausweg in Sicht, mit Verstärkung nicht zu rechnen. Mit verzweifelten Streichen meines Kochlöffels halte ich die Tomatensoße in Schach, die den Burgwall des Topfrandes zu überwinden droht, während zu meinen Füßen mein 3-jähriger Sohn Samuel den Papiermüll großflächig in der Küche verteilt. Erste Rauchschwaden aus dem Backofen ziehen über das Schlachtfeld, doch noch ist der Blick frei ins Kinderzimmer, wo Elias, Samuels 1-jähriger Bruder, die unterste Schublade einer Kommode plündert.
Ein Blick auf den Sonnenstand zeigt mir, dass ich noch 10 Minuten habe, um die plündernden Horden an den Esstisch zu locken, damit sie dort ihren Kampf bei Speis und Trank fortsetzen können. Dann kommt meine Frau von der Arbeit zurück und ich muss ins Büro, denn Perspective Daily wartet noch auf meinen nächsten Beitrag.
In solchen Situationen wird mir immer wieder klar, wie wenig vorbereitet ich aufs Vatersein war. Kochen konnte ich vorher schon, aber nicht unter Zeitdruck und für eine 4-köpfige Familie. Zeitmanagement muss man als freier Journalist durchaus beherrschen, die Bedürfnisse einer Familie stellen in dieser Hinsicht aber völlig neue Herausforderungen. Von der Frage, wie man ein Kind gleichzeitig lieben, erziehen, behüten und fördern soll, und nebenbei ja auch die Beziehung zur Partnerin gestalten möchte, mal ganz abgesehen.
Niemand wird als perfekter Vater oder perfekte Mutter geboren. Dazuzulernen und sich zu verändern wird traditionell aber vor allem von Frauen erwartet. Für mich als Vater war darum einer der wichtigsten Schritte nach der Geburt unseres ersten Kindes, mir einzugestehen, dass ich vieles nicht weiß - und darum lernen muss.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse bisher: Auch wenn Kinder manchmal wie räuberische Wildlinge rüberkommen, denen der Sinn nur nach Zerstörung und Chaos steht, sind sie doch eigentlich die wichtigsten Verbündeten im Kampf für Spaß und gegen Langeweile.
Titelbild: Discovering Film - CC0 1.0