Ibuprofen und Nasenspray sind spottbillig. So kommt die Pharmaindustrie trotzdem an dein Geld
Warum Medikamente oft überteuert sind, du fast nichts davon mitbekommst – und trotzdem am Ende die Rechnung zahlst.
Wenn
Seit Jahren leidet die Rentnerin an Schuppenflechte, einer unheilbaren, chronischen Autoimmunerkrankung, die sich unter anderem durch schuppende Hautstellen mit starkem Juckreiz zeigt. Der Preis für die konventionellen Medikamente gegen ihre chronische Krankheit, den sie bisher Monat für Monat vorstreckt: 400 Euro. Diese lindern die Symptome, rufen aber auch starke Nebenwirkungen hervor.
Doch von einem Arztbesuch vor einigen Monaten kam Sybille Jansen mit neuer Hoffnung zurück: Die Pharmaunternehmen bringen ein neues Medikament gegen ihre Krankheit auf den Markt. Die sogenannten Biologicals helfen besser gegen die Symptome der Schuppenflechte bei gleichzeitig geringeren Nebenwirkungen. Ein wahrer Segen für die ca. 2 Millionen Betroffenen in Deutschland, wäre da nicht ein Haken: das Preisschild.
Wer bestimmt, was auf dem Preisschild steht?
Denn statt 400 Euro kostet eine monatliche Behandlung mit dem neuen Medikament das 4,5-Fache, also 1.700 Euro. Die gute Nachricht: Das wird von ihrer Krankenkasse ganz übernommen. Andere Patienten haben weniger Glück. Sie bekommen das neue Medikament gar nicht erst verordnet, weil viele Ärzte vor den hohen Kosten zurückschrecken.
Dabei könnte es auch ganz anders gehen.
Fakt ist: Nirgendwo sonst in Europa ist Medizin so teuer wie bei uns in Deutschland. Und Pharmaunternehmen haben für neue Medikamente sogar einen Freifahrtschein und müssen ihre Preise vor niemandem rechtfertigen.
Wie aber lassen sich diese Mondpreise auf den Boden der Tatsachen zurückholen, ohne Menschen wie Sybille Jansen den Weg zu besseren Behandlungsmethoden zu verbauen?
Wie viel darf Gesundheit kosten?
Die moderne Medizin kann wahre Wunder wirken und entwickelt sich noch immer rasant weiter. Moderne Gentherapien etwa können heute selbst schwerste Erkrankungen
Doch mit jedem Fortschritt kommen auch steigende Kosten. Denn neue Medikamente zu entwickeln und zu erproben ist ein äußerst aufwendiger Prozess, der viele Jahre an Entwicklungszeit und Millionen Euro an Forschungskosten verschlingt – also Geld, das die forschenden Pharmaunternehmen investieren.
Wie viel genau, ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich,
Doch wie viel ist genug?
Um sich eine Vorstellung machen zu können, sind hier 3 Medikamente, die zurzeit zu den teuersten auf dem deutschen Markt zählen:
- Enbrel vom US-Pharmakonzern Pfizer zur Behandlung von rheumatischer Arthritis:
- Rebif vom deutschen Chemie- und Pharmakonzern Merck zur Behandlung von Multipler Sklerose. Preis für 12 Injektionspatronen:
- Sovaldi zur Behandlung und Heilung von Patienten mit
Der Anteil solcher besonders hochpreisigen Medikamente an den Gesamtarzneikosten ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Allein für die Top-10 der teuersten Präparate stiegen die Kosten seit 2007 um knapp 85%. Dieser Trend betrifft aber nicht nur die teuersten 10, sondern zeigt sich auch an den Durchschnittspreisen: Kostete ein neues Präparat 2010 im Durchschnitt 982 Euro, waren es 2017 schon
»Gerade bei den neu eingeführten Medikamenten, die erst kurze Zeit auf dem Markt sind, ist die Preisentwicklung regelrecht explodiert«, berichtet Carsten Telschow, der den Forschungsbereich Arzneimittel des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) leitet und einer der Autoren des jährlich erscheinenden
Damit dürfte Deutschland das Lieblingsland der Pharmakonzerne sein. In keinem anderen Land der EU sind Medikamentenpreise derart hoch – und das hat System.
Mit Illustrationen von Adrian Szymanski für Perspective Daily