Die Masern ausrotten: So geht das auch ohne Impfpflicht

Kindern die Masernimpfung zu verweigern, könnte in Deutschland bald strafbar sein. Das erfüllt seinen Zweck – doch es gibt bessere Maßnahmen.

3. Juli 2019  –  11 Minuten

Alle Eltern sollen sicher sein können, dass ihre Kinder nicht von anderen mit Masern angesteckt und gefährdet werden.Gesundheitsminister Jens Spahn

Mit diesem Satz verkündete Gesundheitsminister Jens Spahn Anfang Mai 2019 seinen Gesetzentwurf, der Eltern dazu verpflichten soll, ihre Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit signalisierten ihm die Gesundheitsminister der Länder Anfang Juni ihre Zustimmung.

Kommt es jetzt nicht mehr zu unerwarteten Vorkommnissen, drohen Eltern ab dem 1. März 2020 bei einem Verstoß empfindliche Bußgelder von bis zu 2.500 Euro und der Auch Berufsgruppen, die viel Kontakt zu Kindern haben, wie etwa Lehrer, Erzieher und Gesundheitspersonal, wären von der Impfpflicht betroffen.

Das Thema genießt im Gesundheitsministerium Priorität. Das liegt in erster Linie an den weiterhin hohen Fallzahlen der potenziell lebensbedrohlichen Krankheit. Im Jahr 2018 erkrankten 544 Menschen,

Dabei könnten die Masern längst ausgerottet sein.

Und genau das will Gesundheitsminister Spahn mit seinem »Masernschutzgesetz« erreichen. Erklärtes Ziel ist es, 95% der Bevölkerung erfolgreich gegen Masern zu immunisieren. Sollte das gelingen, erledigt sich das Thema Masernimpfung im besten Fall von selbst – der Erreger würde schlicht aussterben, wenn er keine Opfer mehr fände.

Aber sind staatliche Vorschriften der richtige Weg? Oder vergiften Zwangsmaßnahmen die Diskussion zwischen Verfechtern der Impfpflicht und Impfgegnern womöglich nur noch weiter?

Die Symptome einer Masernerkrankung umfassen Hautausschlag, Fieber und eine Entzündung der Schleimhäute. – Quelle: Wellcome Collection gallery

Impfpflicht – Wo ist das Problem?

Impfgegner gab es schon immer – seit der Entdeckung der Schutzimpfung vor mehr als 200 Jahren. Doch noch nie hatten sie es so einfach, Ängste in der Bevölkerung zu schüren und Unwahrheiten über das Impfen zu verbreiten. Und nie zuvor waren ihre Ängste so unbegründet.

Impfstoffe sind unnatürlich und wirken durch ChemieArgument von Impfgegnern

Weiter von der Wahrheit entfernt

Tatsächlich simuliert eine Impfung eine echte Infektion, um präventiv Abwehrkräfte auszubilden. Unser Immunsystem »speichert« nach dem kleinen Stich die Informationen über den verabreichten Krankheitserreger und kann dann, falls wir uns wirklich anstecken sollten, die Erreger mithilfe sogenannter Gedächtniszellen blitzschnell abwehren. Das funktioniert so gut, dass der Geimpfte vom Angriff der Übeltäter auf seinen Organismus nicht mal etwas mitbekommt – er wird gar nicht erst krank.

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Der Preis für diese »Abhärtung« ist, dass auch die Simulation einer Erkrankung nicht völlig risikofrei ist. Immerhin muss der Impfstoff dem echten Erreger genug ähneln, um eine vergleichbare Reaktion im Das war vor einigen Jahrzehnten noch ein echtes Problem. So löste die Schutzimpfung, die in den 1980er-Jahren die Pocken schließlich erfolgreich ausrottete, noch in einem von 1.000 Fällen schwere Nebenwirkungen aus. Eine Quote von 0,1%, die heute niemand mehr toleriert – und die auch nicht mehr vorkommt: Dank moderner medizinischer Verfahren sind ernste Nebenwirkungen heute die absolute Ausnahme. .

Schwere Impfnebenwirkungen sind heutzutage die absolute Ausnahme.

Gänzlich auszuschließen sind Und genau dieses Restrisiko würde laut Impfskeptikern die Vorteile der Immunisierung überwiegen. Der Kinderarzt Benedikt Brixius begegnet eben diesem Vorurteil häufig in seinen eigens eingerichteten Impfsprechstunden. Er versucht, aufzuklären: »Ich bin nun seit 18 Jahren als niedergelassener Kinderarzt tätig und habe noch nie einen Patienten mit ›Impfschaden‹ erlebt.«

Nötig werden die Sprechstunden von Benedikt Brixius, weil beim Impfen heute ein ganz anderes Problem besteht als früher. Und zwar, dass es so gut funktioniert: Würden heute noch Masernepidemien mit Tausenden Erkrankungen grassieren, würde wohl niemand ernsthaft auf die Idee kommen, die Nebenwirkungen einer Impfung mit den Risiken einer echten Infektion zu vergleichen. Gleiches gilt für den Irrglauben, ein Kind müsse solche Krankheiten durchmachen, um eine gute Immunabwehr auszubilden.

Bei Erkrankungen wie den Masern, bei denen das Kind schwerste körperliche Behinderungen davontragen kann – und ich habe solche Fälle selbst erlebt – kann man nicht sagen, diese Krankheit hat dem Kind gutgetan.Benedikt Brixius, Kinderarzt

In der Wissenschaft gibt es keinen Zweifel daran, dass moderne Impfungen effizient und vor allem sicher sind. Dank ihnen wurden in den 1980er-Jahren die Pocken erfolgreich ausgerottet – und das ist nur ein Beispiel unter vielen. Gleiches könnte auch bei den Masern erreicht werden. Ist eine Impfpflicht daher die einzig logische Konsequenz?

Gegner einer Impfpflicht protestieren in Los Angeles. – Quelle: cheeseslave

Warum alle von möglichst vielen Geimpften profitieren

Eine Impfpflicht bedeutet einen Eingriff in den persönlichsten Bereich des Menschen, nämlich in seinen Körper – und somit auch in seine körperliche Selbstbestimmung. Umso wichtiger ist es in einem solchen Fall, den Status quo, die Notwendigkeit und mögliche Alternativen zu prüfen.

Die Grundlage dafür sollten diese 3 Fakten sein: