Wie eine schwedische Stadt Überschwemmungen mit einfachen Tricks trotzt
Heftige Regenfälle und Straßen unter Wasser: Bilder, die mit dem Klimawandel häufiger werden. Doch vorausschauende Stadtplanung kann die Schäden auf ein Minimum begrenzen. Warum passiert das nicht längst überall?
Wenn innerhalb von kurzer Zeit sehr viel Regen fällt, braucht es keinen Fluss, um eine Stadt zu überfluten, auch kein Meer, keinen See. Hochwasser und starke Regenfälle verursachen in Deutschland jedes Jahr
Der Stadtteil Augustenborg in der südschwedischen Stadt Malmö aber zeigt, dass die richtige Infrastruktur Schäden durch Überschwemmungen abwenden kann. Ende der 90er-Jahre baute man das rund 30 Hektar große Viertel so um, dass es großen Wassermengen besser standhält. Dabei helfen zum Beispiel begrünte Dächer und kleine Teiche sowie Gräben und Grünflächen an Straßenrändern, in denen das Regenwasser versickert.
Außerdem wurde die Rasenfläche in einem Park ein Stück abgesenkt, damit sich das Wasser bei starken Regenfällen dort sammelt.
Johanna Sörensen, Umweltingenieurin an der Technischen Hochschule in Lund, hat Augustenborg in ihrer Doktorarbeit untersucht und erklärt das Prinzip dieser sogenannten
Grüne Dächer, Gräben und Co. sollen für eine Verzögerung sorgen, dem Wasser die Möglichkeit geben, zu versickern oder zu verdunsten, oder es dorthin weiterleiten, wo es keinen Schaden anrichtet, zum Beispiel in große Flüsse.
Die grüne Bebauung zeigt Wirkung
Bei einem Wolkenbruch im August 2014 zeigte sich, dass die Maßnahmen funktionieren: Während in ganz Malmö nach Angaben der Stadt
Doch je dichter die Bebauung in Städten, desto schwieriger ist es, den Raum für solche Maßnahmen zu finden – oder? Sörensen sagt:
So viel Platz braucht die Infrastruktur in Augustenborg gar nicht. Die Gräben sind nur 1–2 Meter breit und oft an den Rändern von Parkplätzen oder Straßen. Ich schätze, vielen Leuten fallen sie gar nicht auf. Die Wiese im Park ist immer noch eine Wiese, auf der die Menschen Fußball spielen. Aber sie hat eine Funktion hinzubekommen.
Wenn es so einfach ist – warum investieren dann nicht alle potenziell betroffenen Städte in ähnliche Maßnahmen?
Warum kommunaler Wohnungsbau auch ein Rezept gegen Überschwemmungsschäden sein kann
Bisher ist nicht sicher, ob sich die blaugrüne Infrastruktur für Städte finanziell rechnet, ob also die geringeren Schäden bei Unwettern die Umbaukosten ausgleichen. Beziehe man aber auch andere positive Effekte der blaugrünen Maßnahmen in die Rechnung mit ein – etwa Lärmschutz, bessere Luft und Abkühlung im Sommer –, lohne es sich, sagt Sörensen. In der Praxis wird es trotzdem oft kompliziert, nämlich dann, wenn es um die Frage geht, wer den Umbau der Stadt bezahlen soll, weiß Sörensen aus Interviews mit Verantwortlichen.
Die Kostenfrage gilt sowohl als Hindernis als auch als Motivation für »blaugrüne« Infrastruktur. Vieles ist unklar, weil gesammelte Erfahrungen fehlen: An vielen Orten hat man einzelne solcher Maßnahmen ausprobiert, aber mir ist keine andere Stadt bekannt, in der man darauf so großflächig setzt wie in Augustenborg.
Die Zuständigkeiten werden auf andere Weise zur Herausforderung. Die interessanten Flächen liegen mal auf der Straße – zum Beispiel Verkehrsinseln und Mittelstreifen –, mal in Grünanlagen und häufig auf Privatgelände. In Augustenborg gehören alle Häuser einem kommunalen Wohnunternehmen. Das habe wahrscheinlich die Organisation beim Umbau sehr vereinfacht, schätzt Sörensen. Grundsätzlich können die blaugrünen Maßnahmen aber für die meisten Städte interessant sein.
Die Umweltingenieurin sagt: »Wenn man an die Lage denkt, ist Augustenborg sogar denkbar schlecht geeignet. Es ist komplett flach und das Wasser fließt nicht von selbst irgendwohin.« In klassischen Rohrleitungen gibt es dafür Pumpen, die blaugrünen Maßnahmen müssen das Problem auf andere Weise lösen. »Das ist einfacher, wenn es ein Gefälle gibt«, so die Ingenieurin. Auch wenn die Voraussetzungen in Augustenborg also nicht perfekt waren, hat sich die blaugrüne Infrastruktur hier bereits als sinnvoll erwiesen. Damit könnte der schwedische Stadtteil für viele andere Städte zum Vorbild werden.
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Titelbild: Johanna Sörensen - copyright