Bei dieser Marke bist du der Chef
Bio, regional oder fair? Oder doch alles auf einmal? Bei dieser Firma entscheidest du per Online-Voting, was ins Supermarktregal wandert und wie es produziert wird. Kann das funktionieren?
Vor dem Griff ins Milchregal steht immer eine Entscheidung: bio oder nicht-bio? Weide oder Stall? Fair? Aber wenn ja, für wen: die Kuh oder die Bauern? Und geht auch beides? Was in deinem Einkaufswagen landet, entscheidest du.
Nicolas Barthelmé möchte genau das: die Verbraucher einbeziehen. Der gebürtige Franzose lebt seit Langem in Deutschland und hat früher für einen Käsehersteller gearbeitet. Jetzt, mit Mitte 40, hat er im hessischen Eltville eine Firma gegründet, die mit einem angegliederten Verein die Verbraucher an sich binden will. »Du bist hier der Chef!« heißt die Marke des Unternehmens, die etwa im April 2020 in deutsche Supermarktregale kommen soll.
Die Idee: Grundnahrungsmittel sollen möglichst nachhaltiger und fairer sein als das übliche Angebot, vor allem aber auch mehr Transparenz zulassen. Die Käuferinnen bestimmen gemeinsam, wie der jeweilige bäuerliche Betrieb das Produkt herstellt.
Als Erstes will Nicolas Barthelmé mit »Du bist hier der Chef!« Milch in die Läden bringen. »Mit der Milch können wir viele der Themen angehen, die für unsere Initiative wichtig sind: Umweltschutz, Biodiversität, Tierwohl, Vergütung für die Landwirte«, sagt er. Deswegen sei das Produkt gut geeignet für den Anfang.
»Wir geben nur 2 Dinge vor: dass es keine Fütterung mit Gentechnik und keine Anbindehaltung geben darf«, sagt Nicolas Barthelmé. Wichtig sei ihm, dass sich die Milch deutlich von den existierenden Angeboten unterscheide und dass die Produzenten besser bezahlt werden als von den großen Molkereien. Wenn das nicht der Fall sei, komme die Milch auch nicht ins Regal. Und noch etwas hat er sich vorgenommen:
Wir wollen einem Produzenten immer die komplette Produktion abnehmen. Es geht darum, dass sich für Bauern und deren Mitarbeiter wirklich etwas durch die Zusammenarbeit ändert.
Das gilt vor allem für die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen. Wenn sie verschiedenen Betrieben immer nur kleinere Mengen abnähmen, blieben diese von anderen Abnehmern abhängig und könnten die Vorstellungen von »Du bist hier der Chef!«
Mindestens 5.000 Teilnehmer und Teilnahmerinnen sollen mitmachen, ab dieser Zahl rechnet Nicolas Barthelmé mit einem aussagekräftigen Ergebnis – und ausreichend potenziellen Käuferinnen. Abhängig vom Ergebnis wird Nicolas Barthelmé die passenden Produzenten aussuchen,
Die Idee der »Verbrauchermarke« kommt ursprünglich aus Frankreich. 2016 wurde hier die Initiative
Für Nicolas Barthelmé und seine deutsche Marke soll die Milch nur der Anfang sein. Eine neue Umfrage ist bereits online – dieses Mal geht es darum, welches Produkt nach der Milch kommen soll. 10 Vorschläge gibt es zur Auswahl, eigene Ideen sind willkommen. Denn genau darum geht es bei Nicolas Barthelmés Idee ja: Die Verbraucher sollen sich endlich Gedanken darüber machen, was sie eigentlich wollen.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily