Ja, Deutschlands Meinungsfreiheit ist bedroht. Aber anders, als du vielleicht denkst
Eine Juristin erklärt, was Meinungsfreiheit wirklich heißt und wie versucht wird, sie einzuschränken.
Dürfen wir noch frei unsere Meinung sagen? Das ist eine Frage, die Angst machen und aufregen kann. Und das aus gutem Grund. Denn was wäre, wenn die Antwort Nein wäre?
Die eigene Meinung nicht mehr sagen zu dürfen – das klingt nach den Anfängen von Unterdrückung und Diktatur, erinnert wahlweise an die NS-Zeit oder die DDR. Freie Meinungsäußerung ist – das lernt heute jedes Kind in der Schule – ein wichtiges Menschenrecht in einer Demokratie.
Im November 2019 avancierte die Meinungsfreiheit
Was war passiert?
Anlass für die Artikel waren 2 neue Umfragen: In der aktuellen Shell-Jugendstudie stimmten 68% der befragten Jugendlichen der Aussage zu, »in Deutschland darf man nichts Schlechtes über Ausländer sagen,
Doch handelt es sich hier wirklich um eine Gefahr für die Meinungsfreiheit?
Nein! Denn was die Umfragen vor allem zeigen, ist, dass offensichtlich viele Menschen Angst vor Kritik haben. Hier haben wir es vorrangig mit einem Diskursproblem zu tun – das wir dennoch ernst nehmen müssen. Mit der verfassungsrechtlich garantierten Meinungsfreiheit hat das aber nichts zu tun.
Im juristischen Sinne zeigt sich das Problem nämlich darin, dass insbesondere strafbare Hassrede und rechte Hetze im Internet dafür sorgen, dass immer mehr Menschen verstummen.
Doch jeder von uns kann etwas gegen den Hass und für die Meinungsvielfalt hierzulande tun.
Was Meinungsfreiheit wirklich heißt und was sie will
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist in Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 unseres Grundgesetzes geregelt:
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […]. Eine Zensur findet nicht statt.
Die Verfasser des Grundgesetzes wollten die Bürger damit vor allem vor staatlichen Eingriffen schützen. Denn nur wenn alle Menschen ihre persönlichen und politischen Ansichten ungehindert äußern können, gedeiht eine lebendige Demokratie. Zu der daraus entstehenden Meinungsvielfalt gehört es, mit anderen Auffassungen konfrontiert zu werden und Kompromisse auszuhandeln, auch mit Minderheiten.
Deswegen betrachtet das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Meinungsfreiheit als eines der wichtigsten Menschenrechte überhaupt. Sie ist die Voraussetzung für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung. Und deshalb hat auch der Staat die Aufgabe, unsere Meinungsfreiheit aktiv zu schützen.
Abgesehen von »bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen« sind sogar demokratiefeindliche Meinungen
Denn sie sind quasi der Ausweis einer lebendigen Demokratie: Der Sinn von Meinungsfreiheit ist ja gerade, dass wir uns über Ansichten streiten dürfen.
Aber gilt das wirklich für jede Ansicht?
Die Grenzen der Meinungsfreiheit
Gesetze dürfen grundsätzlich keine Meinung gezielt verbieten
Heißt das also, dass jeder Deutsche jede Meinung tolerieren muss? Machen wir die Frage konkreter: Bernd Lucke, maßgeblicher Mitbegründer der AfD, wurde vergangenes Jahr an der Universität Hamburg von Protestierenden lautstark an der Ausübung seiner Lehrtätigkeit gehindert, sodass er seine Vorlesung erst im dritten Anlauf antreten konnte. Wurde hier seine Meinungsfreiheit eingeschränkt?
Die Meinungsfreiheit schützt erst einmal nicht davor, mit provokanten Meinungen konfrontiert, von anderen lautstark kritisiert oder gar übertönt zu werden. Vor »Angriffen« auf die eigene Ansicht durch andere Privatpersonen kann die Meinungsfreiheit
Das bedeutet: Die Bürger müssen die Grundrechte nicht so beachten wie der Staat oder die Gerichte, sondern sich lediglich an die von ihnen gesetzten Grenzen in Form von Gesetzen und Urteilen halten.
Meinungen dürfen zwar nicht gezielt verboten werden – wohl aber Äußerungen, die in der konkreten Art und Weise herabsetzend, schädigend oder gefährlich
Du willst wissen, was sich hinter diesen juristischen Begriffen verbirgt und was darunter fällt? Dann klicke hier.
Meinungen dürfen zwar nicht gezielt verboten werden – wohl aber Äußerungen, die in der konkreten Art und Weise herabsetzend, schädigend oder gefährlich
- Beleidigung, § 185 Strafgesetzbuch (StGB): Darunter fällt die menschliche Herabsetzung eines anderen mit Worten und/oder Taten. Ob etwas beleidigend ist, hängt immer vom konkreten Kontext ab. Wenn »Arschloch« in einer Gruppe zum Umgangston gehört, ist das nicht strafbar. Wer andere mit Worten beleidigt, kann zu einer Geldstrafe oder im Extremfall mit bis zu einem Jahr Gefängnis verurteilt werden. Für Beleidigungen mit Taten wie etwa Anspucken drohen sogar bis zu 2 Jahre Gefängnis.
- Volksverhetzung, § 130 StGB: Diese Strafnorm hat viele Varianten, insbesondere das Verharmlosen der NS-Herrschaft, das Leugnen des Holocausts (was als bewusste Lüge überhaupt nicht von der Meinungsfreiheit geschützt ist) sowie das herabwürdigende Hetzen gegen Bevölkerungsgruppen, das den öffentlichen Frieden stören kann. Je nach Tat drohen entweder bis zu 3 oder sogar bis zu 5 Jahre Gefängnis oder Geldstrafe. Strafbar war etwa Lutz Bachmanns (Pegida) Bezeichnung von Geflüchteten, unter anderem
- Verleumdung und Üble Nachrede, §§ 186–188 StGB: Dieses sind die Strafnormen gegen
- Bedrohung, § 241 StGB: Wer anderen droht, ein Verbrechen – zum Beispiel einen Mord – zu begehen, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe rechnen. Morddrohungen etwa gegen Politiker und Journalisten im Internet sind derzeit leider an der Tagesordnung. Was die Täter vielleicht vergessen: Das ist strafbar!
- Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, § 126 StGB: Wenn beispielsweise die Morddrohung gegenüber einem Journalisten dazu dienen kann, auch andere Kollegen zu ängstigen, steigt die Strafandrohung für solche Äußerungen auf bis zu 3 Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe wird verhängt.
- Belohnung und Billigung von Straftaten, § 140 StGB: Diese Meinungsäußerungen können mit bis zu 3 Jahren Gefängnis oder Geldstrafe geahndet werden, weil sie ein psychisches Klima schaffen, in dem Verbrechen gedeihen können. Viele rechtsextreme Äußerungen im Internet nach der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke fielen darunter.
- Anstiftung und öffentliche Aufforderung zu Straftaten, § 26 StGB und § 111 StGB: Wer durch eine Äußerung andere dazu bringt, Straftaten zu begehen, wird genau wie die Straftäter bestraft.
- Persönlichkeitsverletzung: Betroffene können die Täter außerdem wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vor den Zivilgerichten verklagen und verlangen, dass solche Äußerungen zukünftig nicht wiederholt werden. Bei besonders gravierenden Ehrverletzungen oder Rufschädigungen durch das Verbreiten von Lügen oder Gerüchten müssen die Täter zudem ein Schmerzensgeld zahlen. Für eine rassistische Bezeichnung musste der
Meinungen dürfen zwar nicht gezielt verboten werden – wohl aber Äußerungen, die in der konkreten Art und Weise herabsetzend, schädigend oder gefährlich
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Meinungen dürfen zwar nicht gezielt verboten werden – wohl aber Äußerungen, die in der konkreten Art und Weise herabsetzend, schädigend oder gefährlich
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Innerhalb dieser Grenzen ist es hingegen erlaubt, jede Meinung in Hörsälen, auf der Straße oder auf Facebook und Twitter
Glaubt man jedoch der oben erwähnten Allensbach-Studie, so haben inzwischen mehr als 3/4 der deutschen Bevölkerung Angst, sich zu gewissen heiklen Themen in der Öffentlichkeit frei zu äußern. Die Macher der Studie leiten daraus ab, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung daher nur mit Einschränkungen gesichert sei. In diesem Kontext trifft das aber nicht zu: Auch wenn sich manche Menschen etwa durch eine politisch korrekte Sprachwahl oder die lautstarke Kritik ihrer Mitbürger »zensiert« fühlen, ist das – solange die Diskussion mit legalen Mitteln geführt und nicht staatlich beschränkt wird – eben keine Einschränkung ihres Grundrechts. Sie verstummen, weil sie die Meinungen, Belehrungen und Kritik der anderen nicht ertragen möchten.
Warum ist das so?
Was die Studien wirklich sagen: Die Angst vor linker Kritik wächst – genau wie die vor rechtem Hass
Die Studien zeigen zunächst einmal, dass der öffentliche Diskurs im Moment sehr aufgeheizt ist. »Man kann aus den Ergebnissen ableiten, dass es weniger ein Demokratie- als ein Diskursproblem gibt«, heißt es entsprechend in der Shell-Studie. Dass das eigentliche Problem der vermeintlichen »linken Sprachzensur« die Art und Weise ist, wie manche Menschen ihre Kritik äußern, schreiben auch einige der Zeitungen, die in ihren Überschriften noch die These einer Einschränkung der Meinungsfreiheit
Das bedeutet aber auch: Selbst wenn es mit den besten Absichten geschieht, empfinden manche Menschen die (links verortete) Kritik an ihren politischen Positionen und Äußerungen häufig als respektlos. Sie fühlen sich in ihren Befürchtungen nicht ernst genommen, so die Quintessenz der Allensbach-Studie. Und das ist ein Problem: Denn wenn sich Menschen abgewertet oder ausgegrenzt fühlen, dient das niemandem. Auch nicht, wenn die Kritiker eigentlich beabsichtigen, demokratische Werte wie die Gleichheit aller Menschen oder die Religionsfreiheit zu verteidigen. Zwar geht es vielen eingeschüchterten oder verärgerten Menschen anfangs nicht darum, extremistische Positionen zu unterstützen. Wenn sie aber nicht gehört, sondern an den Rand gedrängt werden, können sie anfälliger für Rechtspopulisten werden, die genau mit solchen Gefühlen spielen.
Von rechtspopulistischer Seite geht jedoch eine ungleich größere Gefahr für die freie Rede in Deutschland aus, bei der wir über weit mehr als gefühlt tabuisierte Inhalte sprechen. Grund zur Besorgnis bietet dabei vor allem der Hass, den Themen wie Flucht, Migration oder der Islam mittlerweile auslösen.
Der Hass im Internet hat dabei neue Dimensionen erreicht:
Von den Angriffen betroffen sind laut einer YouGov-Studie neben Journalisten auch Politiker, politisch Andersdenkende und vor allem Minderheiten wie Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund –
Dass auch diese sprachlichen Angriffe mit zu dem Gefühl beitragen, man dürfe in der Öffentlichkeit nicht mehr frei seine Meinung äußern, zeigt – bei kritischer Betrachtung – sogar die ansonsten klar gegen »linke Kritik« positionierte Allensbach-Umfrage, die für die konservative F.A.Z. durchgeführt wurde: Denn die Fragen der Studie seien so offen formuliert worden, dass auch jemand, der Angst vor Hasskommentaren aus dem rechtspolitischen Spektrum hat, die Frage nach einer vorsichtigen Sprachwahl in der Öffentlichkeit mit Ja hätte beantworten müssen. Das bestätigte mir ein
Wie rechte Hassrede zur Gefahr für die Meinungsfreiheit wird
Die Angriffe von rechts und das allgemein vergiftete Klima wirken: Die YouGov-Studie zeigt, dass sich mehr als die Hälfte der Internetnutzer einschüchtern lässt und aufgrund (drohender) Hasskommentare seltener mit ihrer politischen Meinung in Diskussionen im Netz einbringt. »Chilling effect« wird das auch genannt.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die PEN-Studie unter deutschen
Viele beginnen, sich selbst zu zensieren, und verstummen – aus Angst. Kein Wunder: Versuche des Rufmords durch Falschbehauptungen
»Damit schränkt Hassrede die Meinungsvielfalt in unserer Demokratie ein«, ist die Schlussfolgerung der YouGov-Studie. Hier handelt es sich tatsächlich um eine Gefahr für die verfassungsrechtlich gewährleistete Meinungsfreiheit. Denn in solch extremen Fällen hat der Staat eine Schutzpflicht gegenüber seinen Bürgern. Er muss sie vor Übergriffen anderer Privatpersonen bewahren, etwa in Form von Gesetzen, staatlicher Strafverfolgung oder Gerichtsurteilen. Viele der Äußerungen, die das betrifft, verletzen bereits die eingangs beschriebenen Grenzen, die der Gesetzgeber für die Meinungsäußerungen der Bürger untereinander bestimmt hat.
»Damit schränkt Hassrede die Meinungsvielfalt in unserer Demokratie ein.« – YouGov-Studie
Als Quintessenz bleibt festzuhalten: Der gefühlte Meinungskorridor in der Öffentlichkeit ist enger geworden. Zwar wird über viele politisch kontroverse Themen noch immer stark diskutiert – doch ziehen sich Menschen zunehmend aus Angst vor harscher »linker« Kritik einerseits und der Angst vor »rechter« Hetze aus der Diskussion. Dieser Effekt sollte uns Sorgen bereiten: Denn Meinungsfreiheit dient der Demokratie eben nur, wenn sie von den Bürgern auch ausgeübt wird und dadurch zur Meinungsvielfalt beiträgt.
Wie aber können wir nun dem »Diskursproblem« begegnen? Die eine Lösung gibt es nicht. Aber mehrere, die zusammenwirken. Dabei muss die Reaktion auf rechtsverletzende Hassrede anders aussehen als der Umgang mit unerwünschter Kritik. Entscheide selbst, welche 5 Lösungsmöglichkeiten du zuerst lesen willst und klicke darauf:
5 Wege, mit denen du etwas gegen Hassrede und rechte Hetze tun kannst
Viele von Hassrede betroffene Menschen verstummen aus Angst oder bekommen keinen Raum. Dadurch findet eine Diskursverzerrung statt und die Extreme erhalten mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Deshalb ist es wichtig, sich nicht einschüchtern zu lassen. Glücklicherweise nehmen laut der YouGov-Studie bereits viele Autoren und Journalisten Angriffe auch zum Anlass, ab sofort noch selbstbewusster über kontroverse Themen zu berichten. Auch Initiativen wie #MeTwo und viele andere zeigen, dass Menschen ihre Stimme gegen Diskriminierung
- Betroffenen beistehen und sich mit Minderheiten solidarisieren: Wenn wir aus der Angst heraus, man könne das nächste Ziel von Hassrede sein, selbst stumm bleiben, werden die Betroffenen isoliert. Deswegen sind Worte des Beistands wichtige Zeichen für Meinungsfreiheit. Wer sich nicht traut, das öffentlich zu machen, kann Betroffenen immer noch privat Unterstützung signalisieren.
- Gegenrede einsetzen: Die Methode wird auch »Counterspeech« genannt – das Ziel ist, mit klaren Worten, etwas Einfühlungsvermögen und einer ordentlichen Prise Humor gegen die Methode der Hassredner zu argumentieren. Wie das geht, zeigt etwa dieser Artikel:
- Extreme Sprache bei Plattformen melden: In Fällen öffentlich sichtbarer rechtsverletzender Äußerungen kann jeder die sozialen Netzwerke auffordern, die entsprechenden Postings zu
- Eine Rechtsschutzversicherung abschließen: Du wurdest selbst beleidigt oder jemand verbreitet Lügen über dich? Du kannst die Täter auch verklagen, damit sie so etwas zukünftig unterlassen und dir vielleicht auch ein Schmerzensgeld zahlen müssen. Damit du dafür nicht selbst in Vorkasse gehen musst, hilft eine Rechtsschutzversicherung.
- Strafbare Äußerungen zur Anzeige bringen: Bei strafbaren Äußerungen sind aber nicht nur wir selbst, sondern ist auch der Staat gefragt. Deswegen ist es wichtig, Beleidigungen, Morddrohungen, volksverhetzende Aussagen oder andere strafbare Äußerungen bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei zu melden. Noch müssen Betroffene das selbst tun. Es gibt inzwischen aber viele Initiativen wie Hassmelden, die dir dabei helfen. So bekommen auch Gesetzesinitiativen der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität
5 Wege, mit denen du etwas für die Diskussionskultur und die Meinungsvielfalt in Deutschland tun kannst
Die Angst vor harscher Kritik an gewissen politischen Positionen ist meist ein gesellschaftliches und kein juristisches Problem. Doch solange es Menschen faktisch davon abhält, ihre Meinung zu äußern, geht es uns alle etwas an. Denn die Verarmung der Meinungsvielfalt ist eine Gefahr für unsere Demokratie.
Der Sinn der Meinungsfreiheit ist nicht nur, die eigene Meinung sagen zu dürfen, sondern auch offen für den Dialog mit Menschen zu bleiben, die eine andere Meinung haben oder ihre Besorgnis vor Veränderungen äußern. Werden sie nur ignoriert, verstärkt das die Polarisierung in dieser Gesellschaft. So werden Menschen in die rechte Ecke gedrängt, in der sie anfällig für extremistische Demagogen werden. Die aktuellen Studien haben allerdings gezeigt, dass gewisse Kommunikationsstrategien dem Diskurs nicht helfen. Daher ist es möglicherweise sinnvoll, über neue nachzudenken:
- Darauf verzichten, reflexartig anderslautende Meinungen zu übertönen: Auch wenn diese Reaktionen auf das erstmalige Erstarken von politischem Rechtspopulismus in Deutschland seit der NS-Zeit und die teilweise Leugnung des Klimawandels etwa durch die AfD durchaus nachvollziehbar sind – miteinander reden bedeutet nicht, sich gegenseitig lautstark zu übertönen. Wer es schafft, weitestgehend vorurteilsfrei mit Menschen zu sprechen, die andere Auffassungen vertreten, und ihnen offen zuzuhören, kann sich vielleicht sogar über gemeinsame Werte – etwa die unseres Grundgesetzes – mit ihnen verbinden.
- Empathie und Mitgefühl für Mitmenschen aufbringen: Die Diskursprobleme, die wir haben, beziehen sich nicht nur auf Inhalte, sondern auch auf das völlige Unverständnis für Menschen, die anderer Meinung sind. Durch diese absolute Form der Ablehnung verlernen Menschen ihre Empathie und nehmen »die anderen« weniger als fühlende, vielleicht von Ängsten vor dem Unbekannten geplagte Menschen wahr – und über Gefühle lässt sich möglicherweise reden. Ganz konkret kann das zum Beispiel ein Gespräch innerhalb der Familie oder des Kollegiums sein – oder auch (anonym) über das Internet, wie auf dieser Plattform:
- Die eigene Filterblase hinterfragen und nicht vorschnell pauschalisieren: Man darf nicht aus den Augen verlieren, dass alle Menschen voller Differenzierungen und Widersprüche sind – und in ihrer Komplexität wahrgenommen werden sollten. Auch wenn die Meinung Andersdenkender wehtut. Denn wer plötzlich in allen Andersdenkenden den Feind sieht und sich nur noch in seiner Filterblase sicher fühlt, dreht sich nur noch um sich selbst und treibt eine Spaltung der Gesellschaft voran. Diese Isolation ist der Nährboden für Verschwörungstheorien über »die anderen«.
- Nicht glauben, selbst im Besitz »der Wahrheit« zu sein und andere belehren wollen: In allen Bereichen des politischen Spektrums glauben manche Menschen, auf der richtigen, sinnvollen Seite zu stehen. »Die Wahrheit« ist jedoch ein Konstrukt. Es gibt abseits von wissenschaftlichen Belegen lediglich verschiedene Sichtweisen auf das, was gerade passiert. Das sollten wir uns immer wieder bewusst machen, wenn wir über etwas sprechen –
- Sich nicht provozieren lassen: Das perfekte Beispiel für einen gelungenen Umgang mit rechten Provokationen lieferte Sprachforscher Eric Wallis in einer Vorlesung an der Universität Greifswald über sprachliches
5 Wege, mit denen du etwas für die Diskussionskultur und die Meinungsvielfalt in Deutschland tun kannst
Die Angst vor harscher Kritik an gewissen politischen Positionen ist meist ein gesellschaftliches und kein juristisches Problem. Doch solange es Menschen faktisch davon abhält, ihre Meinung zu äußern, geht es uns alle etwas an. Denn die Verarmung der Meinungsvielfalt ist eine Gefahr für unsere Demokratie.
Der Sinn der Meinungsfreiheit ist nicht nur, die eigene Meinung sagen zu dürfen, sondern auch offen für den Dialog mit Menschen zu bleiben, die eine andere Meinung haben oder ihre Besorgnis vor Veränderungen äußern. Werden sie nur ignoriert, verstärkt das die Polarisierung in dieser Gesellschaft. So werden Menschen in die rechte Ecke gedrängt, in der sie anfällig für extremistische Demagogen werden. Die aktuellen Studien haben allerdings gezeigt, dass gewisse Kommunikationsstrategien dem Diskurs nicht helfen. Daher ist es möglicherweise sinnvoll, über neue nachzudenken:
- Darauf verzichten, reflexartig anderslautende Meinungen zu übertönen: Auch wenn diese Reaktionen auf das erstmalige Erstarken von politischem Rechtspopulismus in Deutschland seit der NS-Zeit und die teilweise Leugnung des Klimawandels etwa durch die AfD durchaus nachvollziehbar sind – miteinander reden bedeutet nicht, sich gegenseitig lautstark zu übertönen. Wer es schafft, weitestgehend vorurteilsfrei mit Menschen zu sprechen, die andere Auffassungen vertreten, und ihnen offen zuzuhören, kann sich vielleicht sogar über gemeinsame Werte – etwa die unseres Grundgesetzes – mit ihnen verbinden.
- Empathie und Mitgefühl für Mitmenschen aufbringen: Die Diskursprobleme, die wir haben, beziehen sich nicht nur auf Inhalte, sondern auch auf das völlige Unverständnis für Menschen, die anderer Meinung sind. Durch diese absolute Form der Ablehnung verlernen Menschen ihre Empathie und nehmen »die anderen« weniger als fühlende, vielleicht von Ängsten vor dem Unbekannten geplagte Menschen wahr – und über Gefühle lässt sich möglicherweise reden. Ganz konkret kann das zum Beispiel ein Gespräch innerhalb der Familie oder des Kollegiums sein – oder auch (anonym) über das Internet, wie auf dieser Plattform:
- Die eigene Filterblase hinterfragen und nicht vorschnell pauschalisieren: Man darf nicht aus den Augen verlieren, dass alle Menschen voller Differenzierungen und Widersprüche sind – und in ihrer Komplexität wahrgenommen werden sollten. Auch wenn die Meinung Andersdenkender wehtut. Denn wer plötzlich in allen Andersdenkenden den Feind sieht und sich nur noch in seiner Filterblase sicher fühlt, dreht sich nur noch um sich selbst und treibt eine Spaltung der Gesellschaft voran. Diese Isolation ist der Nährboden für Verschwörungstheorien über »die anderen«.
- Nicht glauben, selbst im Besitz »der Wahrheit« zu sein und andere belehren wollen: In allen Bereichen des politischen Spektrums glauben manche Menschen, auf der richtigen, sinnvollen Seite zu stehen. »Die Wahrheit« ist jedoch ein Konstrukt. Es gibt abseits von wissenschaftlichen Belegen lediglich verschiedene Sichtweisen auf das, was gerade passiert. Das sollten wir uns immer wieder bewusst machen, wenn wir über etwas sprechen –
- Sich nicht provozieren lassen: Das perfekte Beispiel für einen gelungenen Umgang mit rechten Provokationen lieferte Sprachforscher Eric Wallis in einer Vorlesung an der Universität Greifswald über sprachliches
5 Wege, mit denen du etwas gegen Hassrede und rechte Hetze tun kannst
Viele von Hassrede betroffene Menschen verstummen aus Angst oder bekommen keinen Raum. Dadurch findet eine Diskursverzerrung statt und die Extreme erhalten mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Deshalb ist es wichtig, sich nicht einschüchtern zu lassen. Glücklicherweise nehmen laut der YouGov-Studie bereits viele Autoren und Journalisten Angriffe auch zum Anlass, ab sofort noch selbstbewusster über kontroverse Themen zu berichten. Auch Initiativen wie #MeTwo und viele andere zeigen, dass Menschen ihre Stimme gegen Diskriminierung
- Betroffenen beistehen und sich mit Minderheiten solidarisieren: Wenn wir aus der Angst heraus, man könne das nächste Ziel von Hassrede sein, selbst stumm bleiben, werden die Betroffenen isoliert. Deswegen sind Worte des Beistands wichtige Zeichen für Meinungsfreiheit. Wer sich nicht traut, das öffentlich zu machen, kann Betroffenen immer noch privat Unterstützung signalisieren.
- Gegenrede einsetzen: Die Methode wird auch »Counterspeech« genannt – das Ziel ist, mit klaren Worten, etwas Einfühlungsvermögen und einer ordentlichen Prise Humor gegen die Methode der Hassredner zu argumentieren. Wie das geht, zeigt etwa dieser Artikel:
- Extreme Sprache bei Plattformen melden: In Fällen öffentlich sichtbarer rechtsverletzender Äußerungen kann jeder die sozialen Netzwerke auffordern, die entsprechenden Postings zu
- Eine Rechtsschutzversicherung abschließen: Du wurdest selbst beleidigt oder jemand verbreitet Lügen über dich? Du kannst die Täter auch verklagen, damit sie so etwas zukünftig unterlassen und dir vielleicht auch ein Schmerzensgeld zahlen müssen. Damit du dafür nicht selbst in Vorkasse gehen musst, hilft eine Rechtsschutzversicherung.
- Strafbare Äußerungen zur Anzeige bringen: Bei strafbaren Äußerungen sind aber nicht nur wir selbst, sondern ist auch der Staat gefragt. Deswegen ist es wichtig, Beleidigungen, Morddrohungen, volksverhetzende Aussagen oder andere strafbare Äußerungen bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei zu melden. Noch müssen Betroffene das selbst tun. Es gibt inzwischen aber viele Initiativen wie Hassmelden, die dir dabei helfen. So bekommen auch Gesetzesinitiativen der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität
Anne ist derzeit im Urlaub und wird sich erst in den kommenden Wochen an den Diskussionen beteiligen.
Mit Illustrationen von Doğu Kaya für Perspective Daily