Zu Hause bleiben ist in Coronazeiten ein wichtiger Beitrag gegen das Virus. Doch was passiert dann daheim? So langsam dürfte wohl jedem klar sein, dass Coronaquarantäne keine »Coronaferien« sind. Während Hobbys und Treffen mit Freunden ausfallen, haben viele die eigenen 4 Wände langsam satt. Und wenn dann täglich die immer selben Menschen der WG oder Familie aufeinandertreffen, sind Konflikte nicht weit.
Der Gouverneur von New York Andrew M. Cuomo, dessen
besonders hart vom Virus getroffen wurde, hat dies erst kürzlich thematisiert:
Hier könnten erfahrene Konfliktlöser:innen einspringen und helfen. Das sieht auch die
Das Unternehmen aus München bildet eigentlich Mediator:innen aus, die Unternehmen beraten und individuell Selbst- und Sozialkompetenz fördern. Aktuell bietet es jedoch einen anderen, einmaligen Service an: Die kostenlose Beratung gegen »Coronalagerkoller« und schwelende Konflikte daheim – zum Beispiel durch Schriftstellerin und Mediatorin Amelie Fried, mit der wir über die Hilfsaktion gesprochen haben.
Warum schlägt das Coronavirus auf die Nerven?
Amelie Fried:
Das Hauptproblem ist, dass keiner von uns in seinem Leben auch nur jemals eine annähernd ähnliche Erfahrung gemacht hat. Wir alle kämpfen im Moment damit, Strategien für den Umgang damit zu finden. Denn viele unserer bewährten Strategien, mit Veränderungen oder Belastung umzugehen, greifen nicht oder sind nicht mehr möglich. Und das ist natürlich eine große Herausforderung.
Sind da Konflikte in Familien und WGs vorprogrammiert?
Amelie Fried:
Ich denke, die aktuelle Situation hat Parallelen zu einem Trauerprozess: Da ist etwa der Schock und die Verleugnung: »Das kann alles nicht wahr sein«, dann vielleicht auch Wut: »Ich lasse mir doch von keinem sagen, wann ich das Haus verlasse.« Dann verhandelt man mit sich selbst und den anderen. Und im besten Fall steht am Ende eine gewisse Akzeptanz dieser neuen Situation. Wenn die Menschen in einem Haushalt in unterschiedlichen Phasen des Prozesses stecken, dann kann das zu Konflikten führen.
Wie könnte man solche Konflikte entspannen?
Amelie Fried:
Es geht darum, herauszufinden, welches Bedürfnis hinter diesem Verhalten steckt. Oft sind es vordergründig ja nur Kleinigkeiten, beispielsweise ob jemand nun etwas abgespült hat oder nicht – aber dahinter steckt ja in der Regel etwas, das Bedürfnis nach Gerechtigkeit zum Beispiel. Das ist zum Beispiel eine Strategie, die man erlernen kann, dass man im Gespräch mit dem Anderen versucht herauszufinden: »Um was geht’s dir wirklich?« Viele Menschen kommen ja gerade aus beruflichen Herausforderungen und sind jetzt gezwungen, plötzlich auf null zu bremsen. Sie haben ein ganz anderes Tempo und Energielevel, das man jetzt irgendwo anders hinlenken muss, damit es nicht destruktiv wird.
Im schlimmsten Fall kann das ja ernste Folgen haben. In China gibt es aktuell einen Anstieg an Scheidungen …
Amelie Fried:
Natürlich. In so einer Extremsituation, in der wir uns befinden, können alte Konflikte wieder aufbrechen, die man im Alltag sonst ganz gut kaschieren kann. Da lohnt es sich, Notfallstrategien zu finden, dass einem nicht alles um die Ohren fliegt, wenn man nicht weggehen kann. Ich denke, da können wir Mediatoren helfen.
Was bieten sie gerade als Hilfe an?
Amelie Fried:
Unsere Akademie hat für die kostenlose Beratung ihre Alumni angeschrieben, die in Situationen wie diesen sozusagen mediativ eingrätschen. Insgesamt sind wir jetzt 70 in Deutschland und der Schweiz, die mitmachen. Wichtig dabei ist jedoch: unsere Mediatoren sind auf Konfliktfälle spezialisiert und keine Therapeuten. Sie können also keine psychischen Probleme lösen, die schon vorher da waren und mit der aktuellen Situation gar nicht in Zusammenhang stehen. Als Coaches können sie Hilfestellungen geben, wenn jemand allein nicht weiterkommt. Dabei geht es um die Beratung von Menschen, die derzeit an der durch das Coronavirus angespannten Situation leiden. Da können wir helfen – auch im Gespräch mit 2 Konfliktpartnern, wenn das möglich ist.
Gibt es denn Patentrezepte, die generell Konflikten entgegenwirken?
Amelie Fried:
Ich denke, dass es am wichtigsten ist, eine Struktur für das tägliche Leben zu finden – die ist ja durch die neue Situation oft verloren gegangen.
an der frischen Luft können auch sehr hilfreich sein.
Weiterhin sollte man versuchen, irgendeine Form von Rückzugsräumen zu schaffen, sodass jemand auch in der Wohnung mal allein sein kann. Das ist in vielen Wohnungen natürlich schwierig, viele leben ja auf engem Raum. Aber es gibt kreative Möglichkeiten, solche Rückzugsräume zu schaffen.
Und dann ist auch ein gewisses Regelwerk wichtig, also dass man Aufgaben verteilt, dass jeder Zuständigkeiten hat. So kann man versuchen, so etwas wie eine Alltagsnormalität wiederherzustellen – unter anderen Vorzeichen natürlich als sonst.
Und man kann versuchen, etwas für andere zu tun, das stabilisiert einen auch selbst.
Es geht darum, zu überlegen: Wo kann ich mich nützlich machen, wo kann ich einen Beitrag dazu leisten, dass diese Situation für alle erträglicher wird?
Und gibt es da so etwas wie eine Soforthilfemaßnahme bei »Lagerkoller«?
Amelie Fried:
Abstand schaffen und einmal um den Block zu gehen ist immer gut. Doch es gibt auch einen Trick, die Bremse reinzuhauen, bevor es eskaliert: Ich habe zum Beispiel mit meinen pubertierenden Kindern früher ein Codewort vereinbart. In dem Moment, in dem einer von uns gespürt hat, dass es aggressiv oder übergriffig wird, hat er oder sie dieses Codewort in den Raum geworfen. Wenn man das ein bisschen einübt, kann es durchaus funktionieren, dem anderen zu signalisieren: »Hör mal, wir befinden uns hier gerade auf einem Weg, den wir eigentlich beschlossen haben, nicht zu gehen, weil er uns nirgendwohin führt, außer in Chaos und Konflikte. Lass uns nachher weiterreden, wenn wir beide wieder ruhiger sind.«
Nicht jeder lebt ja mit anderen Menschen im Haushalt zusammen. Stehen Alleinlebende gerade vor einer besonderen Herausforderung?
Amelie Fried:
Das ist auch eine Typ-Frage. Es gibt Menschen, die halten das Alleinsein besser aus als das Zusammenleben mit Menschen auf engem Raum – bei anderen ist es genau umgekehrt. Aber grundsätzlich sollte man Anzeichen, dass etwas nicht gut läuft, schon sehr ernst nehmen: Wenn ein Mensch merkt, er kann sich allein zu nichts mehr motivieren und bleibt lieber den halben Tag im Bett, womöglich kommt Alkohol ins Spiel, oder selbstzerstörerische Gedanken, dann sollte man aufmerksam sein. Dann wäre meiner Meinung nach auch der Punkt erreicht, wo man sich therapeutische Hilfe suchen sollte.
Deine Wohngemeinschaft hat den »Lagerkoller« und du möchtest kostenlose Konfliktberatung in Anspruch nehmen? Dann rufe jetzt diese Nummer an: 08972998158.