Stecker im Kopf? Was dieser Milliardär mit deinem Gehirn vorhat
Nach dem Stecker am Tesla, sind unsere Gehirne als nächstes dran. Elon Musk will dir Daten direkt ins Gehirn speisen. Weshalb wir ihm genau zuhören sollten.
Du wachst auf und bist noch ein wenig gerädert. Auf dem Weg zur Dusche entscheidest du, dass etwas Musik am Morgen gut wäre. Auf deinem Smartphone rufst du die »Hallo Wach«-Playlist auf, deren Musik über Implantate in deinem Kopf direkt in dein Gehirn gespielt wird.
Dann denkst du an deine Verabredung am Abend im spanischen Restaurant. Warum nicht gleich auf Spanisch bestellen? Mit einem Tipp aufs Smartphone beginnst du mit dem Wörterbuch-Download in deine grauen Zellen. Bis zum Abend dürftest du locker ein paar Hundert Wörter drauf haben …
Das klingt nach dem Science-Fiction-Klassiker »The Matrix«.
Nun also Daten in Gehirne …
Dazu hat er im Jahr 2016 Neuralink gegründet, ein Neurotechnologieunternehmen in San Francisco, das genau an dieser Zukunftsvision arbeitet und Computer mit menschlichen Gehirnen verbinden will – ursprünglich für medizinische Anwendungen etwa bei Menschen mit Querschnittslähmung. Doch wie immer denkt Musk schon an die Privatwirtschaft. Über Twitter sucht er aktuell etwa Elektro-Ingenieur:innen, Programmierer:innen und IT-Spezialist:innen – ein Zeichen, dass er mit Neuralink ernst macht.
Bis Ende 2021 sollen, das
Wie nah sind wir also am Chip im Gehirn – und was heißt das für unsere Zukunft?
So kompatibel sind Gehirne und Computer
Überall auf der Welt arbeiten Forscher:innen an sogenannten Computer-Gehirn-Schnittstellen (englisch: brain-computer interface, kurz: BCI),
- So entwickelte ein Forschungsteam der US-amerikanischen
- 2014 verpflanzten Forschende im Battelle Memorial Institute in Ohio ein BCI, das beschädigte Rückenmarksnerven überbrückt. Der Querschnittsgelähmte Ian Burkhard konnte dadurch in den vergangenen Jahren seine rechte Hand wieder spüren und lernen, sie zu bewegen.
Das alles sind fraglos Meilensteine der Neurotechnik, die nahelegen, dass Computer und Nervenzellen generell kompatibel sind. Doch bisher werden diese Schnittstellen nur vereinzelt und zu Forschungszwecken eingesetzt. Hier reiht sich also auch Elon Musks Neuralink ein: als Grundlagenforschung.
Dafür hat Neuralink sehr wahrscheinlich ein anderes, grundlegendes Problem von BCI-Technik gelöst: Bisher vernarbten Gehirne mit der Zeit, weil die Implantate durch kleinste Bewegungen des Gehirns das umliegende Gewebe verletzten. Das Gehirn kapselte die Implantate also ab und kappte auf Dauer so die Verbindung zu den Implantaten. Neuralinks Lösung, die nun auch patentiert werden soll, sind kleinste, flexible Fäden (4–6 Mikrometer breit, das ist dünner als ein menschliches Haar), an denen die Elektroden hängen. Sie machen die Bewegungen des Gewebes mit und sollen damit keine Verletzungen oder Narben bilden.
Und auch für den wohl riskantesten Schritt von BCI hat Musk eine neue Lösung: das Implantieren selbst. Um Risiken beim Einsetzen der Technik zu minimieren, entwickelt Neuralink mit Finanzmitteln des US-Verteidigungsministeriums einen Roboter, der bei der Operation am Schädel auch Bewegungen des Kopfes wie etwa das Atmen präzise mitmacht und so Chips und Fäden verletzungsfrei einsetzt.
Doch diese beiden handfesten Lösungen bedeuten eben nicht, dass eine universelle BCI – also das, was Neuralinks Ziel ist – in greifbarer Nähe liegt. Bis zum Vokabeldownload fehlen noch Welten und viel Forschung zur Funktion des menschlichen Gehirns. Und auch dass es überhaupt möglich ist, ist nicht unumstritten. Manche Neurologen zweifeln an,
Denn ob menschliche Gehirne alle ähnlich auf einer Art universellem Code basieren, den Computer auslesen können, ist in der Neurologie umstritten. Bisherige Experimente zu BCIs legen vor allem nahe, dass Gehirne sehr individuell sind. Auch Ian Burkhard und Cathy Hutchinson mussten mühevoll lernen, sich auf die Maschinen einzustellen, und andersherum. Dazu sind die bisherigen Ergebnisse stark störanfällig und brauchen sehr aufwendige Forschungslabore, um zu funktionieren – alles Argumente, die Elon Musks Vision einen ordentlichen Dämpfer verpasst.
Viel eher dürften Neuralinks Ergebnisse die wissenschaftliche BCI-Forschung der kommenden Jahrzehnte anschieben – bis die Forschung mehr über menschliche Gehirne weiß und in klinischen Tests erprobt hat.
Weshalb du dich trotzdem mit der Idee von Implantaten im Kopf anfreunden solltest
Doch wer Elon Musk ein wenig kennt, der versteht, dass Neuralink,
Das ist zwar wirklich noch Science-Fiction, aber immerhin eine Antwort auf die Frage: Was machen wir, wenn künstliche Intelligenz eines Tages beginnt, den Menschen abzuhängen?
Und so abwegig ist die Vorstellung einer Symbiose mit Technik auch nicht. Denn auf dem Weg dahin sind wir schon längst. Wer fühlt sich schließlich nicht ein wenig unvollständig, wenn er das eigene Smartphone zu Hause vergessen hat?
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily