Die globale Finanzelite? Das bist du!
Armut tötet mehr Menschen als Corona. Mit dieser einfachen Formel könnten wir alle etwas daran ändern.
Seit dem Jahr 1990 hat sich die Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben, von 1,9 Milliarden auf 736 Millionen (2015) mehr als halbiert. Wem das zu verdanken ist? Der freien Marktwirtschaft natürlich! Wer Kritik am Kapitalismus übt, kann fast sicher sein, diese Erfolgsgeschichte um die Ohren gehauen zu bekommen.
Philip Alston hält allerdings nichts von diesem optimistischen Narrativ. In einem
Sie basiere einzig und allein auf einem fragwürdigen Maßstab, den
Der dramatische Rückgang ist nur mit einem skandalös unambitionierten Maßstab möglich, der darauf abzielt, einen lediglich miserablen Lebensunterhalt zu sichern. […] Er verschleiert die Armut unter Frauen und denjenigen, die in offiziellen Umfragen oft ausgeschlossen werden, wie etwa Wanderarbeiter und Flüchtlinge. Ein großer Teil des angekündigten Rückgangs ist auf steigende Einkommen in einem einzigen Land, China, zurückzuführen.
Die Ärmsten der Armen sind also auch in den letzten 30 Jahren arm geblieben – trotz der von vielen Politker:innen und Ökonom:innen verkündeten Heilsgeschichte des Kapitalismus.
Gerade jetzt in der Coronakrise hat diese Armut dramatische Folgen, sie kostet Leben, die mit minimalen finanziellen Mitteln zu retten gewesen wären. Und zwar auf eine Art und Weise, über die wir in den Medien wenig hören und sehen:
Um die Infektionspandemie zu bekämpfen, müssen wir also die Armutspandemie bekämpfen, die schon sehr viel länger grassiert als Covid-19. Nur wie?
Eigentlich hätte die Menschheit den Pandemien dieser Welt eine Menge entgegenzusetzen – vorausgesetzt, dass diejenigen, die am meisten von unserem kapitalistischen System profitieren, ihren
Gemeint sind damit vor allen Dingen … wir.
Eine (un-)bequeme Wahrheit: Die oberen 10%, das sind wir
Die astronomischen Vermögen der 2.000 Menschen auf der
Schon »normale« Arbeitseinkommen in Deutschland, die wir oft vielleicht sogar als mager empfinden, machen uns zu reichen Menschen – wenn wir uns international vergleichen. Doch dazu müssen wir erst einmal ein einheitliches Maß finden. Wie geht das?
Einkommen besteht für die meisten Menschen in erster Linie aus Lohn oder Gehalt (sprich: Arbeitseinkommen), für einige wenige aber auch aus Zinsen, Renditen
Da es aber einen großen Unterschied ergibt, ob eine Person ihr Einkommen für sich allein hat oder es bei Alleinverdienenden für Partner:in und 5 Kinder reichen muss, rechnet man in der Forschung meist mit dem Nettohaushaltseinkommen.
Ein einfaches Beispiel: Herr Musterfrau ist Single und verdient als Angestellter den Medianlohn, der in Deutschland bei rund 2.500 Euro brutto liegt. Ihm bleiben davon nach Steuern und Abgaben ungefähr 1.700 Euro im Monat
Als Herr Musterfrau sein Nettohaushaltseinkommen dann in den Rechner des Internetportals
Der Rechner wird von der bereits im Jahr 2009 an der Universität Oxford gegründeten Initiative
Aber nicht irgendwie: Um möglichst vielen Menschen mit ihrem Zehnten helfen zu können, orientieren sie sich strikt an den Prinzipien des Effektiven Altruismus, der auf wissenschaftlicher Basis errechnet, wo eine Spende den größtmöglichen Effekt erzielt. Herr Musterfrau könnte mit 10% seines Einkommens etwa 353 Moskitonetze zum Schutz vor Malaria sowie 1.808 Behandlungen gegen Parasiten finanzieren, die vor allem bei Kindern im globalen Süden zu Symptomen wie Durchfall führen und so den Schulbesuch verhindern. Und das jedes Jahr aufs Neue.
Die Rechnung zeigt: Allein mit dem Finger auf »die da oben« zu deuten wird der Realität nicht gerecht. Die meisten von uns sind – global gesehen – selbst ein Teil der oberen 10%. Zumindest dann, wenn wir von Einkommen reden. Setzen wir einen Teil davon effizient ein, können auch wir eine Menge erreichen – natürlich ohne das superreiche 1% aus den Augen zu verlieren.
Wenn du noch mehr über Effektiven Altruismus erfahren willst, findest du in diesem Text eine Menge weiterer Informationen:
Mit Illustrationen von Doğu Kaya für Perspective Daily