So kompensierst du deinen CO2-Fußabdruck für 275 Euro
Dieser Verein kauft der Industrie die Emissionszertifikate weg – mit deinem Geld!
10,4 Tonnen. So viel Treibhausgasemissionen verursachten Menschen in Deutschland pro Kopf laut Hier findest du die Zahlen zu den Pro-Kopf-Emissionen in der EU 2018 Umweltbundesamt zuletzt innerhalb eines Jahres. Ein Vielfaches dessen, was klimaverträglich wäre: Bis 2050 müsse der Abdruck auf weniger als eine Tonne sinken, um die Klimaziele einzuhalten, so die Interview mit Michael Bilharz vom Umweltbundesamt zum Pro-Kopf-CO2-Ausstoß der Deutschen Position des Umweltbundesamts.
Doch das ist mit individuellen Maßnahmen wie veganer Ernährung und dem Umstieg aufs Fahrrad kaum zu schaffen. Denn was vielen nicht bewusst ist: An zahlreichen Stellen emittiert der Staat in unserem Namen CO2, das dann auf unser Konto angerechnet wird. Für den Bau von Straßen etwa, den Betrieb von Ampeln oder das Beheizen öffentlicher Gebäude.
Deshalb ruht die Hoffnung, dass es heute schon mit einem ganz schlanken individuellen Klimafußabdruck klappt, auf der CO2-Kompensation. Meistens geht es dabei um die Finanzierung von Projekten, die in Ländern des globalen Südens helfen, CO2-Ausstoß zu verhindern, indem sie etwa Wälder schützen oder erneuerbare Energien verbreiten. Auch Hilfe für Organisationen, die sich für strengere Umweltauflagen im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen einsetzen, zählen als solche Felix Austen über sinnvolle Möglichkeiten, den jährlichen CO2-Abdruck auszugleichen CO2-Kompensationen.
Doch es gibt noch eine weitere, weniger bekannte Variante, CO2 zu kompensieren: Durch das Aufkaufen von CO2-Zertifikaten aus dem Felix Austen schreibt darüber, wie der CO2-Zertifikatehandel funktioniert EU-Emissionshandel ETS. Diese erlauben es Firmen, eine bestimmte Menge an CO2 auszustoßen. Die Zertifikate müssen an einer Börse gekauft werden; je höher die Nachfrage, desto höher der Preis – und desto höher der Anreiz für Unternehmen, CO2 einzusparen, so die Idee.
Wer Zertifikate kaufen möchte, braucht ein Konto bei der Hier kannst du ein Konto bei der Deutschen Emissionshandelsstelle anlegen Deutschen Emissionshandelsstelle. Für Einkäufe noch in diesem Jahr wird eine Einrichtungsgebühr von 400 Euro fällig. Für die neue Handelsperiode, die den Zeitraum 2021–2030 kostet das Konto 600 Euro. Dafür ist aber noch keine Tonne CO2 aus dem Verkehr gezogen, das ist nur die Hier erklärt die EU ihr Emissionshandelssystem Kontogebühr. Für die meisten wohl ein zu großes Hindernis.

Der Verein Hier kommst du zur Website der Compensators Compensators, 2006 von Mitarbeiter:innen des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) gegründet, hat diese Hürde für alle Interessierten bereits genommen und ein Konto eingerichtet. »Je mehr Zertifikate stillgelegt werden, desto weniger bleiben auf dem Markt. Durch die Verknappung wird der Preis für eine ausgestoßene Tonne CO2 nach oben getrieben und Unternehmen bekommen einen Anreiz, schon früher in klimaschonende Technologien und Produktionsprozesse zu investieren«, sagt Vereinsvorstand und Umweltökonom Hendrik Schuldt im Interview mit Perspective Daily.
Für zurzeit 25 Euro kann jede:r eine Tonne CO2 über Compensators aus dem Verkehr ziehen und für immer parken. An der Zertifikatebörse kann sich der Preis täglich ändern. Derzeit liegt er hier zum Beispiel Hier kann jede:r die Zertifikatspreise tagesaktuell einsehen bei rund 26 Euro. Der Verein kauft zu einem bestimmten Zeitpunkt eine größere Menge an Zertifikaten im Voraus und kann so die Preise garantieren. Kleinere Ausschläge über die 25 Euro gleicht Compensators aus Beiträgen seiner Mitglieder aus.
Früher hat der Verein die Zertifikate direkt gelöscht. Doch eine Reform des Handelssystems zwang ihn, sich neu aufzustellen und anders vorzugehen, jetzt lagert Compensators die Papiere dauerhaft ein. Die EU hat mit der sogenannten
begonnen, überschüssige Verschmutzungsrechte vom Markt zu nehmen, um so den Preis pro Tonne CO2 zu erhöhen. 2018 war eine Tonne noch für weniger als 10 Euro zu haben. Durch diesen Mechanismus ist es aber sinnvoller, die Zertifikate nicht zu löschen, sondern auf unbestimmte Zeit sicher Denn dauerhaft überschüssige Zertifikate werden nach dem neuen Verfahren ohnehin gelöscht.Also wird nun eingelagert, prinzipiell bleiben die Papiere verwendbar, aber eben fest verschlossen im virtuellen Tresor. Damit das CO2 tatsächlich niemals ausgestoßen wird, hat der Verein mehrere Sicherheitsnetze eingebaut:
- Die Mitglieder haben dem Verein eine Selbstverpflichtung auferlegt, nach der er die Zertifikate nicht weiterverkaufen darf.
- Spenden für den Zertifikatekauf nimmt Compensators nur zweckgebunden an. Verstöße wären juristisch relevant und könnten verfolgt werden.
- Der Verein hat für das Zertifikatekonto einen zusätzlichen Bevollmächtigten bestimmt. Ökonom Grischa Perino von der Universität Hamburg, zu dessen Forschungsgebieten der Zertifikatehandel gehört, hat diese Funktion übernommen. Er ist kein Vereinsmitglied, ohne seine Zustimmung dürfen Zertifikate weder verkauft noch gelöscht werden.
Perino selbst sagt am Telefon, dass die Stilllegung von Zertifikaten Vorteile gegenüber dem CO2-Ausgleich beispielsweise durch Aufforstung habe, wie sie einige Firmen anbieten. »Die Zertifikate sind abgezählt. Wer eines kauft, weiß, dass dann eine Tonne niemals ausgestoßen wird. Bei Aufforstungsprojekten weiß man nicht, Für das gemeinnützige Unternehmen »For tomorrow» erfüllt Grischa Perino die gleiche Funktion was mit den Bäumen eines Tages eventuell einmal passiert.«
So kann ein aufgeforsteter oder unter Schutz gestellter Wald abbrennen und das CO2, das er eigentlich festhalten sollte, Hier liest du über einen neuen Fall, bei dem ein Wald abbrannte, der zum CO2-Ausgleich geschützt wurde plötzlich wieder freigeben. Auch bei klassischen Kompensationsprojekten, bei denen beispielsweise Biogasanlagen oder effizientere Öfen in Privathaushalten von Menschen in ärmeren Ländern angeschafft werden, gibt es Rahmenbedingungen, die sich ändern können, CO2-Einsparungen sind dort nicht so exakt festzuhalten wie bei einem CO2-Zertifikat, das eine Tonne exakt
Andererseits gibt es einen Effekt über die bloße CO2-Bilanz hinaus, Lebensumstände von Menschen können direkt verbessert werden. Es seien sehr verschiedene Ansätze, die schwer gegeneinander aufzurechnen seien, sagt Hendrik Schuldt von Compensators. Bei seinem Verein verdient niemand Geld mit der Idee, es ist ein rein ehrenamtliches Projekt, der Industrie die Verschmutzungsrechte wegzukaufen und dadurch individuelle CO2-Fußabdrücke auszugleichen.
Neben dieser Kompensationsaufgabe wollen die Mitglieder von Compensators künftig auch politische Bildungsarbeit anbieten und für Verbesserungen im Zertifikatehandelssystem trommeln. Dort gibt es noch viel Verbesserungspotenzial: bisher sind nur etwa die Hälfte der Emissionen im Emissionshandel berücksichtigt, Landwirtschaft und der Verkehrsbereich blasen noch kostenfrei CO2 in die
Hendrik Schuldt erklärt, dass Compensators außerdem ein EU-weites Netz von ähnlichen Vereinen spinnen möchte, um so ein möglichst großer Preistreiber zu sein.Wer dieses Jahr zu Weihnachten kein Verlegenheitsgeschenk bekommen möchte, könnte sich doch einfach ein stillgelegtes Zertifikat unter den Weihnachtsbaum legen lassen Lies hier einen Text zur Klimawette, an der Compensators teilnimmt und so den CO2-Fußabdruck des Jahres ein wenig verkleinern.
Anmerkung: Compensators passt seinen Preis pro Tonne CO2 regelmäßig an den sich verändernden Kurs an. Deswegen kann dieser auf der Internetseite des Vereins von dem im Text genannten Preis (25 Euro pro Tonne) abweichen.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Mit Illustrationen von Tobias Kaiser für Perspective Daily
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