Erinnerst du dich an die Fernsehshow »Wetten, dass …?«? Da gab es manchmal diese Stadtwetten, wobei plötzlich 500 nackte Bürger:innen das Wappen ihrer Stadt nachbilden wollten. Oder einen Donauwalzer tanzten. Es waren die absurdesten Ideen, aber die Leute haben motiviert mitgemacht. Es ging ja schließlich darum, eine Wette zu gewinnen (und vielleicht darum, im Fernsehen zu glänzen).
Das Prinzip einer Massenwette hat sich nun der Dessauer Verein »3 fürs Klima« zu eigen gemacht – für den Klimaschutz. Dass die Klimakrise drängt, zeigen aktuell beispielsweise die Bilder der Brände in Kalifornien. Aber auch macht sich die Erderhitzung immer bemerkbarer. Umso bitterer ist es, dass die UN-Klimakonferenz in Glasgow aufgrund der Coronapandemie auf November 2021
Aus Sorge, dass sich damit auch der internationale Klimaschutz verzögert, entstand die Idee für die Wette: Sie soll Bürger:innen animieren, selbst loszulegen und der Politik so zu signalisieren, dass sie das Abkommen von Paris einhalten wollen.
Eine Million Tonnen CO2 sparen – wie kann das funktionieren?
Zukunftsorientiert, verständlich, werbefrei. Dafür stehen wir. Mit Wohlfühl-Nachrichten hat das nichts zu tun. Wir sind davon überzeugt, dass Journalismus etwas bewegen kann, wenn er sowohl Probleme erklärt als auch positive Entwicklungen und Möglichkeiten vorstellt. Wir lösen Probleme besser, wenn wir umfassend informiert und positiv gestimmt sind – und das funktioniert auch in den Medien. Studien haben gezeigt, dass Texte, die verschiedene Lösungen diskutieren, zu mehr Interesse führen, positive Emotionen erzeugen und eine erhöhte Handlungsbereitschaft generieren können. Das ist die Idee unseres Konstruktiven Journalismus.
Eine Million Tonnen CO2 möchten die Initiator:innen der Klimawette bis November 2021 einsparen. Damit das klappt, sollen eine Million Menschen je an ein Klimaschutzprojekt spenden und ihren eigenen CO2-Ausstoß Mitte September ging die Wette offiziell los. Wettpate und Wettpatin können alle jederzeit werden.
Michael Bilharz, einer der Initiatoren, beschäftigt sich beim Umweltbundesamt seit 10 Jahren mit nachhaltigem Konsum.
Mit unserer Klimawette wollen wir es schaffen, dass die vielen Tropfen auf den heißen Stein zu einer großen Welle werden und der Politik signalisieren: Die Bürger und Bürgerinnen wollen Klimaschutz.Michael Bilharz, Mitinitiator der Klimawette
Er glaubt, dass es für den Klimaschutz einen Dreiklang braucht:
Den eigenen CO2-Fußabdruck reduzieren.
Die restlichen CO2-Emissionen kompensieren.
Den CO2-Handabdruck vergrößern, indem Menschen einander mitnehmen auf dem Weg zur klimaneutralen Gesellschaft.
Wir haben Michael Bilharz gefragt, wie genau er die Klimawette gewinnen möchte:
Wenn wir davon ausgehen, dass jede:r Deutsche pro Jahr etwa und dass 25 Euro eine Tonne kompensieren können, warum zahlen wir dann nicht einfach je 250 Euro pro Person pro Jahr und sind fein raus?
Michael Bilharz:
Es geht uns nicht darum, fein raus zu sein. Aber man muss die Realität sehen: Es gibt viele gut verdienende Menschen in Deutschland, die umweltbewusst sind. Ihr CO2-Fußabdruck ist aber Wir werden nicht alle dazu bringen, ihr Auto stehen zu lassen, um CO2 zu sparen. Aber wir müssen unsere Emissionen verringern. Die Zeit drängt. Also sollten wir die Möglichkeiten nutzen, die es heute schon gibt: Kompensationsprojekte, die mit wenig Geld tonnenweise CO2 einsparen. Und gleichzeitig sollen unsere Wettpaten und Wettpatinnen auch bei sich selbst CO2 einsparen.
Und wie?
Michael Bilharz:
Die »Big Points«, also die Maßnahmen, mit denen ich tonnenweise CO2 einsparen kann, sind auf individueller Ebene: mehr pflanzliche Kost, Ökostrom und Ökogas, ein grünes Bankkonto und der Verzicht auf ein eigenes Auto. Wir haben auf unserer Seite 9 »Quick-Tipps« die fast jeder und jede in weniger als 30 Minuten umsetzen kann und die trotzdem langfristig wirken.
Ihre Kampagne setzt auf individuelles Handeln, weil »die Politik« zu lange braucht. Kann individuelles Verhalten das Handeln des Staates ersetzen?
Michael Bilharz:
Niemand will und kann das Handeln des Staates ersetzen. Wir brauchen einen früheren Kohleausstieg, wir brauchen viele weitere politische Maßnahmen und ambitioniertere Ziele für die deutsche Klimaschutzpolitik. Das Umweltbundesamt sagt inzwischen, dass es nötig wäre, 70% Emissionen bis 2030 einzusparen, und nicht 55%, wie Ursula von der Leyen diese Woche vorgeschlagen hat.
Aber der Staat kann auch nicht den Beitrag von uns Bürgerinnen und Bürgern ersetzen. Wir kaufen die Autos. Wir essen das Fleisch. Wir fliegen in den Urlaub. Und wir haben die Möglichkeit, heute schon tonnenweise CO2-Ausstoß zu vermeiden – bei uns selbst und bei anderen. Meistens geschieht das aber bei uns zu Hause, ohne dass die Öffentlichkeit es mitbekommt. Mit unserer Klimawette wollen wir es schaffen, dass die vielen Tropfen auf den heißen Stein zu einer großen Welle werden und der Politik signalisieren: Die Bürger wollen Klimaschutz.
Mit wem und worum wetten Sie eigentlich?
Michael Bilharz:
Wir wetten mit allen: Staaten, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern. Alle können und müssen beim Klimaschutz noch eine Schippe oben drauflegen. Es geht darum, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Diese Wette dürfen wir nicht verlieren.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Leonie Sontheimer sammelte bereits als 12-Jährige Unterschriften gegen Walfang. Während ihres Studiums der Philosophie und Biologie kam sie vom Umweltschutz zur Postwachstumsbewegegung. Als Journalistin schreibt sie über die beiden wichtigsten Transformationen unserer Zeit: die digitale und die sozial-ökologische. Das Handwerk dazu hat sie an der Deutschen Journalistenschule in München gelernt.