Hintergrund: Chile schafft die Verfassung des Ex-Diktators ab
»Es geht nicht um 30 Pesos, sondern um 30 Jahre Ungerechtigkeit!« Der Schlachtruf der Protestierenden in Chile zeigt, worum es ihnen eigentlich geht: Um Ungleichheit und gesellschaftliche Spaltung.
»Chile aprobó!«: Chile hat dafür gestimmt!
»Hupkonzerte, Feuerwerk, Tanzen, Lachen, Freudentränen – die Menschen in Chile feiern«: So beschreibt die Korrespondentin der ARD am vergangenen Sonntag die Lage im südamerikanischen Chile. Der Grund: Eine große Mehrheit von 78% hat sich für
Der Volksabstimmung vorausgegangen waren breite Proteste der Bürger:innen im Oktober vergangenen Jahres, an denen bis zu einer Million Menschen (bei einer Gesamtbevölkerung von 17,5 Millionen) teilgenommen hatten. Der Zorn hatte sich an Preiserhöhungen für den öffentlichen Nahverkehr entzündet – doch die Ursache der Wut reicht weit tiefer und liegt im politischen System des Andenstaates begründet. Einer der populärsten Slogans bringt die Kritik auf den Punkt:
Es geht nicht um 30 Pesos, sondern um 30 Jahre Ungerechtigkeit!
Was war los in dem Staat, der vielen angesichts eines kräftigen Wirtschaftswachstums lange als Musterschüler Südamerikas galt? Worum ging es den Protestierenden wirklich?
Chiles Verfassung als neoliberales Vermächtnis
Um die aktuellen Ereignisse in Chile einzuordnen, müssen wir unseren Blick um fast ein halbes Jahrhundert in die Vergangenheit richten. In den Morgenstunden des 11. Septembers 1973 begann in Santiago de Chile der gewaltsame Putsch, mit dem General Augusto Pinochet die Macht gewaltsam an sich riss und der demokratisch gewählten Regierung Salvador Allendes ein Ende setzte. In den folgenden Jahren verfolgte Pinochet als Diktator des Landes Tausende
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