Dieses Leiden erwischt uns alle – nehmen wir es endlich ernst!
Eine Trennung kann Menschen in existenzielle Krisen stürzen. Was Liebeskummer mit deinem Geschlecht zu tun hat und wie wir alle lernen, besser zu leiden.
Auf der Kinoleinwand ist es der Stoff der großen Dramen, in unzähligen Romanen geht es um nichts anderes, und Lyrik ohne dieses Gefühl ist kaum vorstellbar: Liebeskummer, das sprichwörtlich gebrochene Herz.
Auch im echten Leben sind diese Emotionen uns nur zu unlieb vertraut, hier sind Trennungen selten filmreif. Wer an Liebeskummer leidet, möchte ihn so schnell wie möglich wieder loswerden. Doch Bewältigungsstrategien sind in Filmen, Gedichten oder Romanen eher selten zu finden. Was wir stattdessen sehen: Frauen, die sich die Seele aus dem Leib heulen und literweise Eis aus der Packung löffeln – auf einer Couch, die sie tagelang nicht verlassen. Männer hingegen tragen ihren Liebeskummer in Bars, betrinken sich, reißen Frauen auf.
Klar, das alles sind überzeichnete Stereotype. Aber hat der Umgang mit einem gebrochenen Herz vielleicht tatsächlich etwas mit dem Geschlecht zu tun?
Beginnen wir von vorn: Damit, was im Körper vorgeht, wenn wir – egal welchen Geschlechts – an einem gebrochenen Herz leiden.
Warum ist Liebeskummer so krass?
Denn nüchtern betrachtet ist Liebeskummer erst mal eine biochemische Reaktion. Wer verlassen wurde, befindet sich in einem Ungleichgewicht von Stresshormonen, Cortisol und Adrenalin, sowie Glückshormonen, Serotonin und Dopamin. Der ganze gute Stoff, also
Michèle Loetzner kennt sich aus mit Trennungsschmerz. Die Autorin und Journalistin bietet in ihrem Buch »Liebeskummer bewältigen in 99 Tagen« Strategien für den Umgang mit dem Beziehungsende an.
Mir fiel ihr Buch in die Hände, als ich gerade selbst mächtig litt. Statt Ratgebersinnsprüchen fand ich bei Loetzner wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Studien und Strategien, um Distanz zum Unglück zu kriegen. Denn das ist Liebeskummer ja zunächst: eine persönliche Katastrophe.
Liebeskummer wird immer noch viel zu sehr bagatellisiert. Dabei weiß man heute sehr genau, dass Menschen mit Herzschmerz ähnliche körperliche Symptome zeigen wie Traumapatienten, also Kriegs- und Gewaltopfer.
Doch das ist nur die eine Seite des Leidens. »Unsere Gesellschaft kategorisiert Trennungen immer noch als Scheitern«, sagt Loetzner im Interview, »und der Staat fördert zusätzlich in seiner Steuerpolitik die Wirtschaftseinheit Ehe«. Film und Fernsehen, das gesellschaftliche Ideal und sogar
Neben dem Partner oder der Partnerin geht mit einer Trennung also auch ein ganzes Konzept, ein Lebensideal verloren, die Idee von der gemeinsamen Zukunft und Teile der Identität aus der Zeit als Paar. »Im Liebeskummer ist man allein mit diesem Gefühl«, gibt Loetzner zu bedenken, »und dann wird er in unserer Gesellschaft auch noch als Teenagerproblem abgestempelt.« Dass dem Trennungsschmerz ein Image anhaftet, das ihn romantisch verklärt oder in die Gefühlswelt von Pubertierenden einordnet, ist für betroffene Menschen zusätzlich belastend. Statt den Kummer ernst zu nehmen, prasseln häufig nur Plattitüden auf Betroffene ein. Andere Mütter haben auch schöne Söhne.
Warum ist das oft der beste Tröstversuch, den wir zu bieten haben? Loetzner hat darauf eine überraschende Antwort: »Menschen, die solche Plattitüden äußern, wollen sich von ihrem eigenen Kummer distanzieren.« Wir klopfen Sprüche als Schutzreflex, weil niemand gern an den eigenen Schmerz erinnert werden will. Liebeskummer ist nämlich nicht nur der Stoff für die dramatischen Geschichten auf der Leinwand, sondern im schlimmsten Fall der Auslöser für eine ernst zu nehmende Krise.
Bei einem gebrochenen Bein ist die Verletzung für Außenstehende ersichtlich: Der oder die Verletzte hat Schmerzen und braucht im Alltag Hilfe, bis der Bruch verheilt ist. Mit einem gebrochenen Herzen verhält es sich genauso – nur ist die Verletzung unsichtbar.
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily