Die Kritik an den E-Autos ist berechtigt – und geht doch komplett am Punkt vorbei
Natürlich haben auch stromgetriebene Fahrzeuge so ihre Probleme. Doch wenn wir den Vergleich zu Dieseln und Benzinern ziehen, dann bitte richtig!
Sind E-Autos wirklich besser für Klima und Umwelt?
Auf diese Frage bekommt man unterschiedliche Antworten, je nachdem, wen man fragt. Die 3 häufigsten Argumente für die weit verbreitete These, E-Autos seien am Ende gar nicht besser für die Umwelt, sind folgende:
- Für die Akkuherstellung sind große Mengen Energie nötig. Dabei entstünden deutlich mehr CO2-Emissionen als beim Bau eines Diesel- oder Benzinautos.
- Für heute in E-Autos gängige Akkus werden große Mengen des Leichtmetalls Lithium benötigt, das überwiegend unter Bedingungen gefördert wird, die die Umwelt belasten. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die Salzwüsten in den südamerikanischen Anden, wo das Material unter großem Wassereinsatz gefördert wird, das der lokalen Bevölkerung für landwirtschaftliche Zwecke verloren geht.
- Um den Strom herzustellen, den E-Autos tanken, wird ebenfalls viel CO2 ausgestoßen, da dieser teilweise aus Kohle- oder Gaskraftwerken stamme.
Alle diese Punkte stimmen, auch E-Autos belasten die Umwelt stark. Eine wirklich klimafreundliche Lösung sieht anders aus (🚲). Doch die Tatsache, dass stromgetriebene Autos nicht perfekt sind, heißt nicht automatisch, dass sie schlechter sind als solche mit Verbrennungsmotor!
CO2 und Akkus: Diese Argumente lassen E-Auto-Kritiker:innen das Benzin aus dem Tank
Ein genauerer Blick auf die CO2-Bilanzen verrät, was Gegner von E-Autos, die CO2-Emissionen anführen, gern übersehen: Durch die Batterieherstellung ist der Bau eines Elektroautos insgesamt deutlich energieintensiver als ein Diesel oder Benziner. Doch große Teile dieser Energie können schon heute aus erneuerbaren Quellen kommen. Tesla macht es vor:
Doch selbst dann, wenn die Akkus mit herkömmlichem Strom aus dem Netz gebaut und später auch betankt werden, holen sie den CO2-Vorsprung, den Verbrenner zu Beginn ihres Straßendaseins haben, schnell wieder auf. In einer neuen
Um dennoch immer wieder zu dem Ergebnis zu kommen, dass E-Autos unterm Strich schmutziger und schädlicher sind als hochmoderne Diesel- und Benzinautos, brauchen Kritiker:innen ein paar Rechentricks: Sie stellen bestmögliche Bedingungen aus der Welt der Verbrennungsmotoren denkbar schlechtesten Bedingungen aus der Welt der E-Mobilität gegenüber.
Kritiker:innen stellen gerne bestmögliche Bedingungen aus der Welt der Verbrennungsmotoren denkbar schlechtesten Bedingungen aus der Welt der E-Mobilität gegenüber.
Heißt konkret: Für Verbrenner werden zum Beispiel die theoretischen Abgaswerte aus den Laboren zugrunde gelegt. Dass diese mit dem Verhalten auf der Straße wenig gemein haben, wissen wir spätestens seit dem Dieselskandal. Zudem werden bevorzugt kleine, effiziente Modelle herangezogen – und nicht etwa die immer stärker verbreiteten SUVs. Aufseiten der E-Autos hingegen wird nicht nur ein möglichst schädlicher Strommix zugrunde gelegt, also reich an Kohle und Gas. Auch werden neue Standards bei der Akkuproduktion und beim Recycling von Akkumaterialien unter den Tisch fallen gelassen.
Doch wie man die Zahlen auch dreht und wendet: Vor allem mit Blick in die Zukunft ist die schleunige Umstellung auf eine elektrifizierte Fortbewegung zwingend nötig, wenn es mit Energiewende und Klimaschutz noch irgendwie hinhauen soll. Denn je höher der Anteil erneuerbarer Quellen im Netz ist und je besser und effizienter der massenhafte Bau von Akkus wird, desto größer werden die Klimavorteile der E-Autos. Sie sind die Grundlage für fast alle künftigen Fortschritte beim Klimaschutz auf den Straßen. Und dass E-Autos die Luftqualität in Städten deutlich weniger belasten, sei hier nur am Rande erwähnt.
Ressourcenverbrauch und Umweltschäden des E-Autos sind ein Denkfehler
Noch verzerrter wird das Bild vom bösen E-Auto und vom guten Diesel, wenn es um das dritte Argument geht: den Ressourcenverbrauch und die Umweltschäden, die damit einhergehen.
Der »Tank« eines E-Autos, die Batterie, ist gefüllt mit Lithium und einer Reihe von anderen Metallen und Chemikalien. Insgesamt kann der Akku eines E-Autos Hunderte Kilogramm wiegen, es werden also viele dieser Materialien benötigt. Dank moderner Recyclingtechnologien kann ein großer Teil dieser Materialien wiederverwendet werden, wenn der Akku hinüber ist – und die Recyclingverfahren dürften sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter verbessern.
Bei einem Verbrenner ist der Tank wesentlich kleiner – und erst mal leer. Und so wird dieser Vergleich auch häufig geführt: Als hätte der Lithiumeinsatz bei E-Autos kein Pendant bei den Verbrennern. Was dabei unter den Tisch fällt: Im Laufe des Lebens eines Verbrenners fließt fässerweise Brennstoff durch den Tank, der zudem nicht recycelt werden kann.
Der Vergleich wird häufig geführt, als hätte der Lithiumeinsatz bei E-Autos kein Pendant bei den Verbrennern.
Genau dieses Denkfehlers nimmt sich die bereits genannte Studie des Verbandes Transport & Environment (T&E) an. Sie vergleicht die Menge an Ressourcen, die nach Ende des Lebenszyklus eines Autos unwiederbringlich verloren ist. Das Ergebnis: Rund 30 Kilogramm bei einem E-Auto stehen grob 17 Tonnen beim Verbrenner gegenüber. Und entsprechend sieht es mit den Umweltschäden aus, die wir in Kauf nehmen, um diese Ressourcen zu heben.
Sicher, die Umweltschäden, die in den nächsten Jahrzehnten durch den immensen Lithiumhunger der Elektromobilität auf uns zukommen, sind keine Lappalie: In Bolivien, Argentinien und Chile, in China und Australien, aber auch in den USA und sogar in Tschechien und
Doch die Ölindustrie stellt das locker in den Schatten: Umweltkatastrophen wie durch den auf Grund gelaufenen Tanker Exxon Valdez in Alaska oder die Ölbohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko sind nur die Spitze des Eisbergs. Lastet man die Folgen des Lithiumabbaus – berechtigterweise – dem E-Auto an, so darf man die
Zurück zur Ausgangsfrage: Sind E-Autos wirklich besser für Klima und Umwelt? Tesla und Co. sind bestimmt nicht die Lösung aller Probleme unserer Mobilität. Auch
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