Du kannst dich nicht zum Sport motivieren? Vielleicht ist deine innere Uhr schuld
Manche Menschen sind morgens fit, andere treiben lieber abends Sport. Das sollten wir nutzen!
Wenn morgens der Wecker klingelt, kommen manche Menschen nur schwer aus dem Bett. Dann gleich joggen gehen? Unvorstellbar. Andere sind abends viel zu müde, um noch ins Fitnessstudio zu gehen. Dass wir uns manchmal nicht aufraffen können, uns zu bewegen, hat nichts mit Faulheit zu tun – sondern einen biologischen Grund.
Chronobiologe Roland Brandstätter kennt die Ursache unserer tageszeitabhängigen Motivationslosigkeit. 15 Jahre lang hat er an der Universität von Birmingham den Schlaf- und Wachrhythmus von Menschen erforscht. Er weiß: Wann wir aktiv sind, hängt mit unserer inneren Uhr zusammen, die bei jedem Menschen etwas anders tickt. Chronobiolog:innen unterscheiden dabei hauptsächlich 2 verschiedene Typen von Menschen, sogenannte Chronotypen.
- Lerchen: Sie stehen früh auf und gehen dafür relativ zeitig schlafen.
- Eulen: Sie schlafen morgens gerne länger, dafür sind sie abends länger wach.
Ist meine innere Uhr gerade auf »Schlaf« eingestellt, habe ich logischerweise eher keine große Lust auf Sport und bin vermutlich auch nicht besonders leistungsfähig.
Das heißt: Wer seine innere Uhr gut kennt, könnte sie nutzen, um die Zeiträume abzupassen, in denen er oder sie am leistungsfähigsten ist. Doch nur die wenigsten Menschen wissen, wie ihre innere Uhr tickt. Grund dafür seien vor allem unsere Lebensumstände, sagt der Experte. Manche Leute denken etwa, sie seien Lerche, weil sie jeden Tag um 6 Uhr aufstehen. Möglicherweise tun sie dies aber nur der Arbeit wegen. Müssten sie nicht ins Büro, würden sie vielleicht bis mittags schlafen – nur haben sie im Alltag nicht die Möglichkeit dazu. Chronobiologen wie Brandstätter bezeichnen das als Maskierung.
Gegen die innere Uhr zu leben kann Folgen haben, die über Lustlosigkeit beim Sport hinausgehen. Besonders Menschen, die im Schichtdienst arbeiten und ständig zu anderen Zeiten aktiv sein müssen, leiden oft stark unter dem Wechsel von Schlaf- und Wachzeiten.
Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, welche Folgen es hat, gegen die innere Uhr zu leben, kannst du hier weiterlesen:
»Generell haben Frauen öfter
Lerche oder Eule?
Doch wie lässt sich feststellen, ob ich Typ Lerche oder Typ Eule bin? »Am wichtigsten ist es, die Schlafgewohnheiten zu erfragen«, sagt Jürgen Scharhag, der die Abteilung Sportmedizin, Leistungsphysiologie und Prävention an der Universität Wien leitet. Bei speziellen Fragestellungen oder Schlafstörungen könnte es lohnenswert sein, sich in einem Schlaflabor untersuchen zu lassen. Darüber hinaus lassen sich zwischen den Blutwerten von Eulen und Lerchen Unterschiede feststellen.
Generell ist der Spiegel des Stresshormons Cortisol morgens etwas höher als abends.
Sich selbst zu hinterfragen, kann helfen
Für Hobbysportler:innen sind so aufwendige Analysen allerdings auch nicht nötig – sie spielen eher bei ernsthaften Schlafstörungen oder für Leistungssportler:innen eine Rolle. Einer durchschnittlich sportlichen Person, die sich überlegt, ob sie morgens Sport machen soll, rät Sportmediziner Scharhag, sich ganz einfach zu fragen: Komme ich gut aus dem Bett? Kann ich meinen Sport morgens gut machen? Und: Macht mir das Spaß? »Das ist das eigentlich Entscheidende. Sonst hält das keiner auf Dauer durch«, sagt er.
Wer trotzdem Lust hat, etwas mehr über seinen Chronotypen herauszufinden, dem sei ein
Wir können unsere innere Uhr verschieben
Wer schon mal eine Fernreise gemacht hat, weiß: Ein Jetlag ist fies, aber ich kann mich dem neuen Rhythmus anpassen. Man kann seinen Chronotypen also durchaus beeinflussen. Das ist besonders für Profisportler:innen relevant, die fast täglich in andere Zeitzonen fliegen und Hochleistungen erbringen sollen.
Um den Jetlag zu minimieren, erarbeitet Chronobiologe Brandstätter mit Sportler:innen spezielle Protokolle, in denen steht, wann sie bestenfalls schlafen, aufstehen, essen oder trainieren sollten. Das funktioniert, weil es Zeitfenster gibt, in denen die innere Uhr auf Reize von außen reagiert und sich verschieben lässt. »In der Mitte des Tages reagiert sie auf praktisch nichts. In den frühen Morgen- oder Abendstunden hingegen schon«, sagt Brandstätter. So schlafen wir beispielsweise später ein, wenn wir spät am Abend noch gut gegessen haben. Um gezielt Impulse zu setzen und damit die Uhr nach vorn oder hinten zu verschieben, braucht es allerdings viel Wissen und Erfahrung.
Sport kann uns helfen, wach zu werden und besser zu schlafen
Die gute Nachricht:
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Mit Illustrationen von Doğu Kaya für Perspective Daily