Warum diese jungen Menschen fürs Klima hungern
Seit 18 Tagen sind junge Aktivist:innen in Berlin im Hungerstreik. Ihre Forderung: Sie wollen mit den Kanzlerkandidat:innen über Maßnahmen zum Klimaschutz sprechen. Wie stehen ihre Erfolgschancen?
Jede Bewegung raubt dem jungen Mann kostbare Kalorien. Geht er ein paar Schritte, setzt er fast wie in Zeitlupe einen Fuß vor den anderen. Die meiste Zeit liegt Henning Jeschke, um seine Kräfte zu schonen. Ende August trat er zusammen mit weiteren jungen Mitstreiter:innen im Alter von 18–27 Jahren in den Hungerstreik. 5 von ihnen sind noch übrig. Ihr selbst auferlegtes Ziel:

Jeschkes Aktionsgruppe nennt sich fatalistisch anklingend »Letzte Generation«. Genauso würden sie sich fühlen, wenn sie beobachten, wie fahrlässig die Politik ihrer Meinung nach mit der Klimakrise umgeht. In der Pressekonferenz signalisieren sie, dass sie ihren Hungerstreik sofort beenden, sobald es eine Zusage der Kanzlerkandidat:innen zu einem Gespräch am 23. September gibt.
Die jungen Menschen setzen ihre Gesundheit aufs Spiel. Erst am Vortag war der Aktivist Jacob Heinze zusammengebrochen. Trotz anderslautender Empfehlung seiner Ärztin setzt er den Hungerstreik fort.
Haben Hungerstreiks Erfolg?
»Die Methode des Hungerstreiks wird in den Momenten gewählt, in denen die Lage sehr verzweifelt ist und sehr aussichtslos scheint, in denen andere politische Wege geschlossen scheinen«, sagt Jeschke auf meine Frage hin, warum die Aktivist:innen eine Protestform wählen, die eher politische Gefangene anwenden.
Der Wissenschaftler Maximilian Buschmann setzte sich im Rahmen eines Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft intensiv mit der Geschichte von Hungerstreiks auseinander. Der Erfolg dieser Protestform hänge vor allem davon ab, wie viel Öffentlichkeit Aktivist:innen bekämen. Nur so können sich »Räume für andere Mittel der Kommunikation […] eröffnen«, schreibt er in einem
Laut Buschmann entwickeln Hungerstreiks in modernen Zeiten eine so große Strahlkraft, weil in vielen Ländern der Welt Hunger nicht mehr mit tatsächlicher Lebensmittelknappheit zu tun hat. Die Bilder leidender Menschen und ausgezehrter Körper erregen so noch mehr Aufmerksamkeit. Dadurch baut sich gesellschaftlicher Druck auf. Von den Verantwortlichen wird erwartet, einen vermeidbaren Tod zu verhindern.
Ein kurze Geschichte des Hungerstreiks
In der Geschichte finden sich viele Beispiele für diese Form des Protests. Internationale Presse bekamen erstmals russische Sozialrevolutionäre, die in Gefängnissen des Zarenreichs ab 1878 die Nahrungsaufnahme verweigerten. Ihrem Beispiel folgten britische Frauenrechtlerinnen, die sogenannten Suffragetten, die für ein allgemeines Frauenwahlrecht eintraten. Ab 1909 begaben sich inhaftierte Aktivistinnen in Hungerstreiks, die zuvor an teilweise gewalttätigen Protesten teilgenommen hatten.
Aktuellere Beispiele waren in Deutschland die politisch motivierten Hungerstreiks von Geflüchteten ab 2012. In München, Hamburg, Berlin und an anderen Orten
Dieses Jahr machte die Verhaftung des russischen Oppositionspolitikers und
Im Juli dieses Jahres verkündete die arabischsprachige Presse die Erfolgsgeschichte eines

Was passiert jetzt in Berlin?
Die Berliner Aktivist:innen sind nicht die ersten, die für ein Umdenken in der Klimapolitik auf Essen, mittlerweile auch auf verdünnte Fruchtsäfte verzichten. Wissenschaftler:innen der Gruppe »Scientist Rebellion« haben im Jahr 2021
In den meisten Fällen enden öffentlichkeitswirksame Hungerstreiks damit, dass die Aktivist:innen aufgeben oder bekommen, was sie fordern. Von den vollen Terminkalendern der Kanzlerkandidat:innen lassen sich die Streikenden zumindest nicht einschüchtern. Ein Angebot, erst nach den Wahlen mit den politischen Vertreter:innen zusammenzukommen, haben sie bereits ausgeschlagen.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Titelbild: Juliane Metzker - copyright