Diese Fähigkeit hilft dir, wenn deine Motivation nachlässt
Du hast dir fest vorgenommen, nachhaltiger und gesünder zu essen. Doch dann bricht die Motivation ein? Dafür gibt es eine einfache Lösung.
Ich stehe im Supermarkt und schaue stolz den Waren zu, die neben mir über das Band laufen – Tomaten, Nudeln, Käse, Gewürze. Die meisten Produkte ziert ein Biosiegel. Mein Vorsatz, nachhaltiger einzukaufen, läuft bisher gut.
Aber langsam lässt meine anfängliche Euphorie nach. Ich habe zwar das gekauft, was ich für richtig halte, aber so ganz glücklich bin ich damit irgendwie nicht. Knabbereien und Süßkram fehlen, weil unter den 3 Bioprodukten, die es im Regal gab, nichts dabei war, was ich mag. Mein Ziel war es zwar, umweltschonender einzukaufen, aber ich wollte deshalb nicht ganz auf Naschereien verzichten.
Als Psychologin ist mir klar: Das ist der kritische Moment beim Etablieren von neuen Gewohnheiten. Wenn ich jetzt nicht richtig gegensteuere, bleibt alles beim Alten. Um mein neues Einkaufsverhalten dauerhaft beizubehalten, muss ich eine Lösung finden.
Das Zauberwort dafür heißt: Belohnungen.
Im ersten Teil dieses Textes habe ich dir 4 Strategien vorgestellt, mit denen du es schaffst, die Kluft zwischen deinen Werten und deinem Handeln zu überwinden und mit deinem Vorhaben loszulegen. Der nächste Schritt ist, das neue Verhalten so oft zu wiederholen, bis daraus eine feste Gewohnheit wird.
Heute zeige ich dir, wie du mit der richtigen Belohnung dafür sorgen kannst, dass dir das ganz leicht fällt. Außerdem erfährst du, warum du Belohnungen, die weggefallen sind, wie etwa meine Süßigkeiten im Supermarkt, unbedingt ersetzen solltest. Mit ein paar einfachen Tricks kannst du das neue Verhalten so gestalten, dass es dir Spaß macht. So bist du auch dann motiviert weiterzumachen, wenn die Anfangseuphorie verflogen ist.
4 Gründe, warum sich Durchhalten mehr lohnt, als du denkst
Gewohnheiten bilden sich am einfachsten, wenn wir für das neue Verhalten eine positive Rückmeldung erhalten. Zu Beginn motiviert uns die Freude darüber, dass wir endlich angefangen haben. Meist kommen wir aber irgendwann an einen Punkt, an dem es vorerst keine direkten Erfolge mehr gibt. Auch bei meinem Einkaufsvorhaben habe ich erreicht, was ich mir vorgenommen habe, und kann keine weiteren Fortschritte mehr erwarten.
Doch wenn diese Motivationsquelle wegbricht, passiert es schnell, dass Menschen aufgeben. Die Umstellung fühlt sich auf einmal viel zu aufwendig und anstrengend an. Auch ich frage mich, ob mein Vorsatz, nachhaltig einzukaufen, es wert ist, dass mich ständig ein Gefühl des Verzichts begleitet.
Glücklicherweise gibt es hier eine einfache Lösung: Wenn wir einen Weg finden, das neue Verhalten weiterhin mit einem Anreiz zu verbinden, können wir genug Motivation erzeugen, so lange am Ball zu bleiben, bis aus dem Vorsatz eine Gewohnheit wird.
Eine Gewohnheit aufzubauen, dauert 18–254 Tage.
Wie lange das dauert, ist von Gewohnheit zu Gewohnheit und von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. In einer
Auch wenn es eine Weile dauern kann, bis dir das neue Verhalten in Fleisch und Blut übergegangen ist, lohnt es sich, am Ball zu bleiben. Dazu ist es erst mal eine gute Idee, das vor Augen zu führen, was du gewinnen kannst:
- Verbesserung des Alltags: Die Chancen stehen gut, dass dir diese eine neue Gewohnheit hilft, in weiteren Bereichen deines Lebens deinen Werten entsprechend zu handeln. Schließlich hast du dich ja aus guten Gründen dafür entschieden, es zu versuchen.
- Mehr Vertrauen in dich selbst: Wenn du es schaffst, dein Vorhaben durchzuziehen, spürst du, dass du etwas bewirken und Herausforderungen bewältigen kannst. Das stärkt dein Vertrauen in dich selbst und in deine
- Ein neues Selbstbild: Eine erfolgreiche Verhaltensänderung wirkt sich auch darauf aus, wie wir uns selbst wahrnehmen. Das Bild, das wir von uns als Person haben, leiten wir vor allem von unseren Handlungen ab. Wenn es mir etwa trotz aller Versuchungen und Hindernisse gelingt, für ein paar Monate auf Fleisch zu verzichten, zeigt mir das, wie wichtig mir die Umwelt ist. Wenn ich diese Entbehrungen auf mich nehme, muss ich eine Person sein, der die Natur sehr am Herzen liegt. Dieses neue Selbstbild bringt mich dazu, weiter so zu handeln und
- Vorbildfunktion: Dein neues Verhalten kann aber noch weitere Kreise ziehen. Jedes Mal, wenn du das vegane Gericht bestellst oder deinen Cappuccino in den mitgebrachten Thermobecher füllen lässt, kannst du auch zum Vorbild für andere werden. Wenn dich die Menschen in deinem Umfeld dabei beobachten, wie es dir gelingt, mehr und mehr nach deinen Werten zu leben, motivierst du sie dazu,
Es gibt also viele gute Gründe, nicht aufzugeben und weiterzumachen, bis die frisch angestoßene Verhaltensänderung so normal für dich wird, dass du gar nicht mehr darüber nachdenken musst. Mit der richtigen Belohnung sorgst du dafür, dass dir das mühelos gelingt.
Mit Belohnungen wird Durchhalten zum Kinderspiel
Die Süßigkeiten im Einkaufskorb sind für viele Menschen eine Belohnung. Das kennen wir schon aus der Kindheit: Gut gemacht, hier etwas Süßes. Kein Wunder, dass wir solche Belohnungen so positiv aufnehmen und dass sie uns anspornen,
Doch Belohnungen können sehr viel mehr sein als Süßigkeiten.
Die Belohnung kann auch von außen kommen: durch Lob, Anerkennung oder Geld. Die Tätigkeit kann aber auch selbst der Anreiz sein, wenn sie Spaß macht und besonders angenehm ist. Fahren wir etwa gern Fahrrad, bereitet es uns keine Schwierigkeiten, immer wieder aufs Rad zu steigen.
Auch positive Erfahrungen, die die Handlung mit sich bringt, können belohnend wirken, wenn wir sie etwa mit etwas Leckerem zu essen oder einem angenehmen Duft verbinden. Einen Film zu schauen bringt zwar an sich schon Freude, aber der süße Geschmack des Popcorns, das wir dabei verdrücken, wird zum zusätzlichen Anreiz.
Kurzum: Alles, was sich gut anfühlt, bringt uns dazu, das Verhalten zu wiederholen. Dazu zählt auch das schöne Gefühl, ein Ziel erreicht zu haben oder Fortschritte zu machen.
Umgekehrt können wir dafür sorgen, dass wir etwas seltener tun, indem wir die Belohnung dafür wegnehmen. Das ist dann eine Form der Bestrafung, die letztendlich dazu führen kann, dass wir ein Verhalten ganz einstellen.
Und das bringt mich zurück zum Supermarkt …

Wie eine unbeabsichtigte Bestrafung alles verderben kann
Mir wird klar, was mein eigentliches Problem ist: Mein neues, nachhaltiges Einkaufsverhalten wird bestraft. Auch wenn das nicht absichtlich geschieht, ist der Effekt doch derselbe: Kekse, Schokolade oder Cracker waren immer meine Belohnung fürs Einkaufen – ich mag das enge Labyrinth aus Menschen und zu vielen Produkten nicht – und die fällt nun weg. Kein Wunder, dass meine Motivation trotz gutem Gefühl an der Kasse nachlässt.
Ich muss also einen Weg finden, diese Belohnung zu ersetzen, und zwar so, dass sie meinem Ziel, nachhaltiger einzukaufen, nicht in die Quere kommt. Glücklicherweise ist das ganz leicht: Ich finde einen
Dass das neue Verhalten unbeabsichtigt bestraft wird, kann den Umstieg auf eine angestrebte Lebensweise erschweren.
- Wer etwa versucht, mit dem Rauchen aufzuhören, könnte plötzlich weniger Möglichkeiten haben, mit anderen ins Gespräch zu kommen, oder nimmt sich eine eingeübte Möglichkeit, Stress abzubauen.
- Wer sich bewusster ernährt, eckt nicht nur häufiger in sozialen Situationen an, sondern muss auch vielleicht auf sein Lieblingsessen verzichten, bis ein Ersatz gefunden ist.
- Wer ein neues Hobby beginnt, muss dafür in seinem Tagesplan mehr Zeit freiräumen und gerät vielleicht so beruflich in größeren Stress.
- Wer früher aufstehen möchte, muss auch früher einschlafen und verzichtet so vielleicht auf einen Teil der Abendentspannung.
Die gute Nachricht: Diese unabsichtliche Bestrafung macht uns vor allem in der Anfangsphase einer Umstellung zu schaffen. Haben wir erst mal Lösungen gefunden, ist dieser Hügel genommen und es geht umso einfacher weiter mit der Gewohnheitsbildung – quasi wie von selbst.
Wie du deine perfekte Belohnung findest: 2 Strategien
Nachhaltige Onlineschokolade statt dem Riegel an der Kasse – das ergibt Sinn. Doch nicht immer ist es möglich, Belohnungen direkt zu ersetzen. Dann müssen wir einen anderen Weg finden, um das neue Verhalten für uns attraktiv zu machen.
Die richtige Belohnung zu finden kann etwas Nachdenken und Ausprobieren erfordern. Einerseits soll sie motivieren, andererseits soll sie so simpel sein, dass sie im Alltag ohne großen Aufwand immer wieder eingesetzt werden kann. Eine neue Jacke oder ein Filmabend wären zwar ein guter Ansporn für mich, für gute Entscheidungen beim Wocheneinkauf wären sie aber völlig übertrieben. Die Belohnung soll lediglich das neue Verhalten mit einem guten Gefühl verbinden und uns so einen kleinen Schubs geben, beim nächsten Mal wieder so zu handeln.
Diese Strategien helfen dir, den passenden Anreiz zu finden:
Strategie 1: Das Gute mit dem Angenehmen verbinden
Wenn wir dem neuen Verhalten neutral gegenüberstehen oder es uns sogar keinen Spaß macht, können wir es attraktiver machen, indem wir es mit einer Tätigkeit verbinden, die wir gern tun.
- Wer das Autofahren durch die Bahn ersetzen möchte, könnte etwa die Zeit im Zug zum Lesen, Schlafen, Serienschauen oder für Videospiele nutzen.
- Statt mit dem Auto zu einem gemeinsamen Abendessen zu fahren, können wir uns schon auf dem Hinweg mit unseren Freund:innen treffen und zusammen zum Restaurant laufen oder radeln. Die Zeit, die wir sonst im Auto oder mit der Parkplatzsuche verbringen, können wir so nutzen, um uns auszutauschen.
- Du willst öfter laufen oder joggen, um fit zu bleiben? Mit einem Podcast oder einem Hörbuch auf den Ohren macht die körperliche Aktivität mehr Freude.
Nicht immer ist es sinnvoll, das neue Verhalten und das Belohnungsverhalten gleichzeitig auszuführen. Dann kann die angenehme Tätigkeit trotzdem als Anreiz dienen, nur eben nachher: Wenn ich es schaffe, diese Woche auf Fleisch zu verzichten, darf ich mir am Wochenende einen Film anschauen. Diese Belohnungsstrategie wird in der Psychologie nach ihrem Entdecker David Premack als
Strategie 2: Fortschritte sichtbar machen
Wenn wir uns vornehmen, umweltschonender zu leben, besteht die Verhaltensänderung meistens darin, dass wir etwas weglassen: Wir verzichten aufs Auto, auf Fleisch- und Milchprodukte oder auf Waren, die in Plastik verpackt sind. Haben wir das einmal geschafft, passiert nichts mehr. Wir können keine weiteren Fortschritte machen und eine Rückmeldung, wie sich unser Handeln auswirkt, bekommen wir auch nicht. Da kann es schwerfallen, weiterhin motiviert zu bleiben.
Die Rückmeldung von außen brauchen wir aber auch gar nicht, um zu sehen, was wir schon erreicht haben. Wir können stattdessen unsere persönlichen Fortschritte festhalten: Für jeden Tag, an dem wir unsere Vorsätze umgesetzt haben, können wir ein Häkchen im Kalender machen. Das allein fühlt sich schon gut an und ist eine Belohnung. Außerdem zeigen uns die Häkchen, wie viel wir schon in unser Ziel, nachhaltig zu leben, investiert haben und geben uns damit etwas, worauf wir stolz sein können.
Die Markierungen im Kalender haben aber noch eine weitere Wirkung: Wenn wir es schaffen, Tag für Tag ein Häkchen zu setzen, entsteht daraus schnell eine Serie. Je länger diese Serie wird, desto genauer überlegen wir, ob wir einer Versuchung nachgeben wollen. Wenn ich etwa schon 39 Tage vegan gelebt habe, denke ich noch mal genau darüber nach, ob es sich lohnt, diese Erfolgsreihe für eine Currywurst zu unterbrechen.
Es muss nicht immer ein Häkchen pro Tag sein; es gibt verschiedene Wege, Fortschritte zu dokumentieren. Wofür du dich entscheidest, ist egal, solange du etwas wählst, was dich anspornt:
- Mithilfe einer App kann ich festhalten, wie viele Kilometer ich schon mit dem Rad, statt mit dem Auto gefahren bin. Dann könnte ich noch einen Schritt weitergehen und berechnen, wie viel Benzingeld ich so gespart habe, und diese Summe in die Urlaubskasse stecken.
- Wenn ich Müll vermeiden will, kann ich erfassen, wie viele Tage oder Wochen ich mit der Kapazität einer Wertstofftonne auskomme.
- Für jede Mahlzeit, die ich vegan esse, kann ich ein Kreuzchen im Wochenplan machen.
Nein, einmal schwach werden ist kein Problem
Und was, wenn man doch einmal schwach wird und die nichtnachhaltigen Riegel mitnimmt?
Das ist absolut normal und nicht schlimm.
Egal wie gut dein Belohnungssystem ist und egal wie motiviert du bist, es wird ab und zu vorkommen, dass du deine Vorsätze nicht einhalten kannst. Die
Kommt es aber öfter vor, dass du mit dir kämpfen musst, dann solltest du überlegen, woran das liegen könnte: Hast du noch nicht die passende Belohnung für dich gefunden, könnte es sein, dass der Anreiz, den du gewählt hast, zwar gut klingt, aber für dich persönlich gar nichts
Auch kann es sein, dass dein Vorhaben einfach zu groß ist. Von einem Tag auf den anderen ganz vegan zu leben, ist für viele Menschen eine zu extreme Umstellung. Gib dir lieber realistische Ziele, mit denen du einsteigen könntest: Vielleicht beginnst du damit, nur beim Frühstück tierische Produkte wegzulassen. Den Schwung und die Erfahrungen dieses ersten Erfolges kannst du dann für weitere Veränderungen nutzen.
Dein Verhalten zu ändern und zu tun, was du für richtig hältst, muss nicht schwer und mühsam sein. Jetzt weißt du, wie du es dir ganz leicht machen kannst. Du musst nur noch anfangen!
Kleine Hilfestellung:
Hier kannst du einen Plan für deine neue Gewohnheit als PDF-Datei herunterladen. Lege darin fest, wie du deine Vorhaben umsetzt, damit du direkt loslegen kannst und aus deinen Werten feste Gewohnheiten werden.
Redaktion: Dirk Walbrühl
Dieser Artikel ist Teil des journalistischen Projekts »Tu, was du für richtig hältst!«, das dir helfen soll, dein Verhalten mit deinen Idealen in Einklang zu bringen. Um mehr darüber zu erfahren und herauszufinden, wie groß die Lücke zwischen deinen Idealen und deinem Verhalten ist, klicke hier! Das Projekt erfolgt in Kooperation mit dem Wuppertal Institut (WI) und wird gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
