»Als Frau musst du mit Mitte 20 deine Ausbildung oder dein Studium klar haben, danach wird es richtig schwer. Aber was ist mit Leuten, die mit 20 ein Scheißleben hatten?«
ist mittlerweile 39 Jahre alt. In ihren 20ern und frühen 30ern hatte sie das, was sie heute ein Scheißleben nennt. Für die Beziehung zog sie nach Norddeutschland, wo sie keinen neuen Job fand. Ihre toxische Beziehung mündete in Depressionen, sie trennte sich von ihrem Ehemann und kümmerte sich allein um ihre damals 4 und 6 Jahre alten Kinder. Die finanzielle Konsequenz war am Ende: Hartz IV. Mit den Kindern und ohne Ausbildung konnte sie nicht mehr richtig auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen. Eine Umschulung zur Tischlerin musste sie abbrechen, auch weil ihre Kinder mit der Veränderung nicht zurechtkamen. Denn plötzlich hatte ihre Mutter viel weniger Zeit für sie.
Inzwischen sind ihre Kinder 9 und 11 Jahre alt und damit etwas größer, aber ein beruflicher Neustart mit Ende 30 ist für Klausen extrem schwierig, zumal sie gesundheitliche Probleme hat. Wer wie sie einen holprigen Start hatte, bleibt schnell in Teilzeit- oder Minijobs stecken.
Solche Lebensgeschichten sind keine Seltenheit:
Obwohl ich wahrgenommen habe, dass 4 von 5 Betroffenen, mit denen ich Interviews führte, Frauen waren, hat mich erst der Impuls meiner Kollegin Katharina dazu gebracht, mir diesen Punkt noch einmal gesondert anzusehen. Dazu habe ich mit 4 weiteren betroffenen Frauen gesprochen und ihre Erfahrungen einbezogen.
Sind Frauen per se stärker armutsgefährdet als Männer? Und wenn ja, was begründet dieses erhöhte Risiko? Was muss sich ändern, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen? Darum geht es in diesem Text.
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